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Der Tote vom Maschsee

Der Tote vom Maschsee

Titel: Der Tote vom Maschsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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mir
Vorwürfe gemacht. Da habe ich gesagt, sie braucht nicht mehr zu kommen. Dann
ist sie nicht mehr gekommen.«
    Â»Sind Sie ihr böse deswegen?«
    Â»Nein. Ich habe es ihr doch gesagt.«
    Â»Im November 1989 wurden Sie entlassen.
Sie waren einundzwanzig und hatten eine Malerlehre abgeschlossen …«
    Â»Ja. Ich bekam auch gleich einen Job bei so einer
großen Firma, die Wohnblocks saniert. Die besorgten mir sogar eine Wohnung, in
Ahlem. Aber nach einem halben Jahr war Schluss damit.«
    Â»Warum?«
    Â»Der Vorarbeiter hatte mich aufm Kieker. Hat
behauptet, ich würde schlampig arbeiten und zu lange Pause machen. Der hat mich
ständig schikaniert. Also habe ich gekündigt.«
    Â»Wann war das?«
    Â»Im Sommer ’90. Dachte, das muss ich mir nicht bieten lassen, es gibt ja
massenweise neue Jobs. Maueröffnung und all das.«
    Â»Haben Sie dann eine neue Arbeit bekommen?«
    Â»Erst mal musste ich umziehen. War ja eine
Werkswohnung.«
    Â»Wo sind Sie hingezogen?«
    Â»Nach Gehrden. Dort hatte ich einen Job in
Aussicht, in einem Autohaus. Audi. Die haben mich dann aber immer nur
wochenweise als Aushilfe beschäftigt. Wollten mich nicht fest anstellen, die
Schweine.«
    Â»Warum nicht?«
    Â»Keine Ahnung. Fanden immer neue Ausreden. Dann
hieß es eine Zeit lang, ich soll in’n Osten gehen, in eine Zweigstelle. Darauf
hatte ich gar keinen Bock. Im Frühjahr ’91 habe ich denen dann gesagt, sie können mich mal. Da gab es dann
noch Ärger wegen einer kaputten Stoßstange an einem Vorführwagen, was angeblich
ich gewesen sein soll. Dann hat’s mir gelangt …«
    Fernando langt es nun auch, er spult ein paar Mal vor.
    Â»â€¦Â und der hat dann behauptet, ich hätte den
Kunden … habe dann so rumgejobbt, aber das war … Wohnung in Gehrden … zu teuer.
Die bezahlen nämlich …«
    Â»â€¦Â allein gelebt?«
    Â»Ja.«
    Â»Warum dann ein Bungalow?«
    Â»Weiß nicht. Hat mir gefallen. Mit Garten und so.
Ich dachte, Frauen mögen so was.«
    Â»Hatten Sie denn eine Freundin?«
    Â»Ab und zu. Aber nichts Festes.«
    Â»Warum nicht?«
    Â»Ich habe keine gefunden, die es wert gewesen
wäre, dass man sich für sie abrackert.«
    Â»Das mit dem Autohaus hat also nicht geklappt.
Wie ging es dann weiter?«
    Â»Dann bin ich nach Garbsen gezogen, weil ich
einen Job in einem Baumarkt bekommen habe. Das war aber echt Scheiße, die haben
einen nur ausgenutzt und mies bezahlt. Nach drei Monaten hab ich denen den
Krempel hingeschmissen. Nicht mit mir!«
    Â»Und dann?«
    Â»Dann hatte ich die Nase voll. Bin nach Linden
gezogen und habe mich als Maler selbstständig gemacht.«
    Â»Wann war das?«
    Â»Im August ’91.«
    Â»Und das ging gut?«
    Â»Einigermaßen. Die Leute sind ja so unverschämt,
die drücken die Preise, wenn sie merken, dass du das Geld dringend …«
    Fernando stoppt das Band, weil die Tür geöffnet wird.
    Â»Und? Schon was Verdächtiges entdeckt?«
    Â»Nein. Ehrlich gesagt, es ist stinklangweilig. Wann er wo gewohnt
und gearbeitet hat, das kann man doch auch in den Akten lesen, oder?«
    Â»Nicht alles. Aber Sie haben schon recht. Es geht im Erstgespräch
überwiegend um die Schilderung des Lebenslaufs. Das spart das Aktenstudium.«
    Sie lächelt, als sie Fernandos verblüffte Miene sieht.
    Dieses Lächeln!
    Â»Nein, ganz so ist es nicht. Aber es ist wichtig, gewisse Dinge aus
dem Mund des Probanden zu hören, denn oft gibt es Divergenzen zwischen
Selbstdarstellung und Realität. Es geht also nicht um Daten und Fakten, sondern
darum, wie er die Erfahrungen seiner Lebensgeschichte heute sieht und bewertet.
Man kann vergleichen, ob er gewisse Sachverhalte in früheren Gesprächen anders
dargestellt hat. An der Lebensgeschichte bildet sich vieles ab, sie ist das
Material, mit dem wir arbeiten. Zuerst kommt die Lebensgeschichte, dann die
Delinquenzgeschichte. Man will ja erst mal Vertrauen schaffen, den Mann
überhaupt zum Sprechen bringen. Da kann man nicht gleich mit der Tür ins Haus
fallen. Ich nehme an, so gehen Sie bei Ihren Verhören auch vor?«
    Â»Kommt drauf an«, weicht Fernando aus, der in Polizeikreisen nicht
gerade für seine subtilen Verhörmethoden bekannt ist.
    Â»Bei mir haben Sie es jedenfalls so gemacht.«
    Â»Was?«
    Â»Na, vorhin. Sie haben mich erst nach

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