Der Tote vom Maschsee
Dabei brauchen die jeden Mann zur Unterstützung.
»Herr Fiedler? Entschuldigung â¦Â«
»Oh, noch jemand! Herzlich willkommen, Frau Wedekin«, sagt Rolf
Fiedler in gespielter Verzweiflung. Er steht vor einer Anrichte und bepinselt
gerade die Oberfläche mit RuÃpuder.
»Ich brauche dringend ein neueres Foto von Frau Dilling. War
vielleicht eines bei ihren Sachen?«
»Diese Frau lebt seit vielen Jahren allein. Wer sollte ein Foto von
ihr machen?«, erwidert Rolf Fiedler.
»Sie haben also keins«, stellt Jule fest.
»Ich kann Ihnen im Lauf des Tages ein Tatortfoto mailen, wenn Ihnen
das hilft.«
»Das wäre gut«, antwortet Jule. »Wenn möglich eines, auf dem sie
nicht gar so tot aussieht.«
»Ich werde sehen, was sich machen lässt.«
Völxen steht vor seinem Wagen und telefoniert. »Herr
Markstein. Ich vermisse Sie hier an einem Tatort. Sie hören doch sonst so gern
den Polizeifunk ab. â Was, FuÃball? Ich fürchte, daraus wird nichts â¦Â« Mit
einem gewissen Widerwillen nennt Völxen dem Journalisten die dürren Fakten und
sagt dann, wobei ihn jedes Wort Ãberwindung kostet: »Herr Markstein. Lassen Sie
uns ein Abkommen treffen. Sie erfahren von mir alles, was ich über diese
Mordfälle weiÃ, und ich bekomme das Band oder das Protokoll oder was auch immer
von Ihrem Gespräch mit Michael Strauch. â Gut. Bis dann.«
Hinter ihm ertönt ein demonstratives Räuspern. »Du rufst den
Markstein an?«, fragt Oda entgeistert. »Bist du noch bei Sinnen?«
»Ich hoffe es doch«, entgegnet Völxen scharf. »Wir haben einen Deal .« Völxen fällt auf, dass er schon wie Markstein redet.
»Manchmal sind selbst Leute wie Markstein nützlich. Es schadet nichts, wenn die
Kopftuchdame durch die Presse ein bisschen nervös gemacht wird.«
»Das bezweifle ich«, meint Oda. »Dieses Mal hätte man die Leiche
ganz leicht verschwinden lassen können. Ein bisschen im Mergel gebuddelt, und
weg ist sie, zumindest fürs Erste. Es hätte Tage gebraucht, bis sie jemand
vermisst, und noch ein paar mehr, bis man sie gefunden hätte. Es sieht ganz so
aus, als hätte sie gewollt, dass wir sie finden.«
»Will sagen?«
»Die fühlt sich sicher, die wird nicht nervös.«
»Hauptkommissar Völxen. Von Ihnen habe ich schon einiges
gehört.« Liliane Fender lächelt Völxen an. Ihr Haar ist zusammengebunden, sie
trägt ein weites Männerhemd und zerschlissene Jeans.
Dennoch entgeht Völxen die natürliche Eleganz ihrer Erscheinung
nicht. Eine Frau mit Klasse, zweifellos. »Tatsächlich? Von wem?«
»Von Herrn Rodriguez. Und Sie kommen mir auch bekannt vor«, sagt sie
zu Oda. »Aber ich weià im Augenblick nicht, woher.«
»Ich auch nicht«, lügt Oda.
»Dürfen wir hereinkommen?«
»Bitte. Fallen Sie nur nicht über den Staubsauger.«
Sie steigen über das Monstrum im Flur hinweg und betreten ein helles
Zimmer, in dem wenige Antiquitäten mit dem eher schäbigen Mobiliar einer
Studentenbude konkurrieren.
»Sie haben kürzlich ein Telefonat mit Frau Dilling geführt«, äuÃert
Völxen auf Verdacht, denn noch ist nicht klar, ob Irene Dilling Dr. Fender auch
tatsächlich erreicht hat. Dieser Zweifel bestätigt sich.
»Sie hat gestern Abend auf den Anrufbeantworter gesprochen.« Sie
deutet auf den Apparat, der auf dem Couchtisch steht. »Sie wollte wissen, wann
die Trauerfeier für Dr. Offermann stattfindet.«
»Darf ich?«, fragt Oda und hört bereits die Nachricht ab. Sie
entspricht ihrer Vorinformation, die Uhrzeit wird zuvor von einer Frauenstimme
mit 21.32 Uhr angegeben.
»Warum wollen Sie das wissen, was ist denn los?«, fragt Dr. Fender.
Oda erklärt es ihr.
Liliane Fender lässt sich auf das helle Sofa sinken und sieht erst
Oda, dann Völxen mit geweiteten Augen an. Die Beamten sind stehen geblieben.
»Wann ist das geschehen?« Ihre Stimme klingt, als wäre sie gerannt.
»Heute früh zwischen acht und neun in der Misburger Mergelgrube«,
antwortet Oda.
»Was hat sie denn da getan?«
»Sie ist da spazieren gegangen«, berichtet Völxen und denkt: Falls
sie schauspielert, macht sie es gut.
Starr sitzt Dr. Fender auf dem weichen Polster und sagt: »Seltsam.
Gestern noch hat mich Ihr Kollege vor dieser Frau gewarnt und
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