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Der Tote von der Isar: Kriminalroman (German Edition)

Der Tote von der Isar: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Tote von der Isar: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schmitter
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Sie, wenn Sie die Handgelenke kühlen, geht das in den ganzen Körper über. Aber bedienen Sie sich doch bitte, meine Herren. Wasser, Orangensaft, was Sie wollen.« Sie wollte das Eisstück, das sie in den Händen hatte, zurück in die Schale legen, hielt im letzten Moment aber inne, errötete und ließ es schließlich in ihr Glas plumpsen.
    Gerald füllte zwei Gläser mit Saft, um der Frau die Nervosität zu nehmen.
    »Wenn Sie bereits so lange für Herrn Baumann arbeiten, werden Sie ihn gut kennen.«
    »Ja, sollte man meinen, nicht wahr?«, antwortete sie, wieder ganz lebhaft. »Aber meinen Mann kenne ich noch viel länger, und wenn ich ihn vor dem Fernseher sitzen sehe oder er aus der Küche kommt, ein Bier in der Hand, den Blick irgendwie im Nichts verloren, frage ich mich manchmal: Wer um alles in der Welt ist dieser Mensch? Was geht in ihm vor? Verzeihung, wenn ich abschweife. Ich freue mich einfach, wenn ich nach etwas gefragt werde. Zuhause … nein, Schluss damit. Ich will damit sagen: Herr Baumann war stets korrekt mir gegenüber, förmlich, wäre wohl der beste Ausdruck. Ein verlässlicher, toleranter Arbeitgeber, nie launisch oder aggressiv. An meinem Geburtstag stand immer ein Strauß Blumen auf meinem Schreibtisch, aber ich wusste, dass er eine Notiz in seinem Kalender hat, anderenfalls hätte er es vergessen. Wenn es um ihn selbst ging, war er sehr verschlossen. Er hat mit mir nie über Privates gesprochen, wollte auch von mir oder meiner Familie nicht wirklich etwas erfahren. Man kommt sich dabei schnell vor wie eine Schweizer Kuckucksuhr, von der man auch nur erwartet, dass im richtigen Moment das Vögelchen die Ansage macht, aber die Menschen sind eben, wie sie sind, und niemand kann sie ändern. Das ist jedenfalls meine Meinung.«
    »Hatte er sich in letzter Zeit Ihrer Einschätzung nach verändert?«
    Sie zögerte mit einer Antwort, stand dann plötzlich auf und sagte: »Kommen Sie bitte mit, meine Herren.«
    Sie öffnete die Durchgangstür zum Arbeitszimmer des Anwalts. In der Mitte stand ein großer Schreibtisch, auf dem sich kein einziger Aktenordner, kein Gesetzestext, keine Zeitung befand. Vor der Schreibunterlage sah Gerald eine braune Schale mit Schreibutensilien, eine schwarze Designer-Tischlampe, eine Uhr und ein Foto von Edith Baumann, offenbar im Garten ihres Hauses aufgenommen. Ein einziges abstraktes Bild hing an der Wand gegenüber, die Wände links und rechts waren mit Regalen voller Akten und Bücher zugestellt. Insgesamt wirkte das Büro sehr unpersönlich, nahezu steril. Regine Weinzierl stellte sich hinter den Schreibtisch, wandte den Kommissaren den Rücken zu und sah durch das große Doppelfenster auf die Isar. Das Büro lag im vierten Stock in der Steinsdorfstraße im Lehel. Von seiner Position aus konnte Gerald die Ludwigsbrücke und den Haupteingang des Deutschen Museums erkennen. Vielleicht zwei Kilometer flussaufwärts war Arndt Baumann erschlagen worden.
    »So stand er«, sagte sie und sprach gegen das Fenster. »Nein, warten Sie, ein klein wenig schräg, die rechte Schulter mir zugewandt. Er stand da und schaute auf die Isar runter. Und wenn ich etwas gefragt habe, hat er seine Position nicht verändert. Er hat weiter auf den Fluss geblickt. Es ist mir manchmal regelrecht kalt den Rücken runtergelaufen, weil ich gedacht habe: Wo ist er mit seinen Gedanken, er ist doch gar nicht hier. Er hat oft gezögert mit seiner Antwort, was gar nicht seine Art war, und hat zum Fenster hin gesprochen. Ich bin wieder raus, so schnell es ging, ohne dass er mich angesehen hätte.«
    Sie drehte sich zu den Kommissaren um und rieb mit den Handflächen über ihre kugelrunden Oberarme. »Es fröstelt mich. Wenn ich mir vorstelle, wo er gestorben ist und wie.« Sie bekreuzigte sich mit geschlossenen Augen. »Gehen wir wieder in mein Zimmer?«
    »Und dieses Verhalten, um es einmal so zu nennen«, sagte Batzko, nachdem sie sich wieder gesetzt hatten, »hat in der letzten Zeit Ihrer Einschätzung nach erkennbar zugenommen.«
    Frau Weinzierl stand auf und nahm ein Blatt Papier vom Schreibtisch. Es war durch einen senkrechten Strich in der Mitte geteilt, auf der linken und rechten Seite befanden sich jeweils kleine Striche in einer Reihe. Zusätzlich dazu waren auf der rechten Seite Monatsnamen untereinandergeschrieben.
    »Das ist so eine Unart von mir«, sagte sie und errötete wieder. »Ich notiere es zum Beispiel, wenn ich Süßigkeiten esse. Verstehen Sie, damit die Waage bei meinem Anblick

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