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Der Tote von der Isar: Kriminalroman (German Edition)

Der Tote von der Isar: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Tote von der Isar: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schmitter
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Gesicht. Es war augenscheinlich, dass sie nach den richtigen Worten suchte. »Es ist schon richtig, dass sie mich vertreten hat. Wenn ich aus dem Urlaub zurückkam, fand ich jede Menge Zettel auf den Unterlagen, Sie wissen schon, diese gelben Post-its, mit ihren Anweisungen, was ich woanders ablegen oder ordnen sollte. Das braucht man ja eigentlich nicht, wenn man das zwei Jahrzehnte lang macht, und Herr Baumann immer sehr zufrieden war. Ich glaube, sie hält mich für ein Dummchen und will mich das unbedingt spüren lassen. Ich bin überzeugt, dass sie mich nur deshalb nicht rausgeekelt hat, weil sie denkt, eine Frau wie ich, so eine dauerquasselnde Mozartkugel, wäre wenigstens keine Gefahr für ihre Ehe.«
    »Wie schätzen Sie die Beziehung zwischen Herrn und Frau Baumann ein?«
    Regine Weinzierl wollte erneut nach einem Eiswürfel greifen, doch die waren bereits auf Erbsengröße geschmolzen. Also trank sie einen weiteren Schluck und drehte das Glas in den Händen.
    »Da will ich nichts zu sagen. Da kann ich auch nichts zu sagen. Er hat nicht über seine Ehe gesprochen, und nur weil ich Frau Baumann nicht besonders mag, werde ich hinsichtlich ihrer Beziehung keine Vermutungen anstellen. Das hat mich nichts anzugehen. So ist jedenfalls meine Meinung.«
    »Gut. Da ist noch eine letzte Sache, bevor wir Sie für heute in Ruhe lassen. Herr Baumann hat sich ja auf Insolvenzen spezialisiert. Und da die Betroffenen naturgemäß unter großem Stress stehen, können wir uns vorstellen, dass da leicht Feindseligkeiten entstehen.«
    Frau Weinzierl nickte. »Die Insolvenzen sind eine sehr einträgliche Sparte der Juristerei. Jedenfalls, wenn man an die spektakulären Pleiten denkt, wo es um riesige Summen geht. Herr Baumann hatte aber mit den kleinen Fischen zu tun, Handwerksbetriebe oder der Bäcker um die Ecke, der vom Supermarkt verdrängt wird. Ich sage Ihnen, das sind richtige Schicksale. Berufliche Existenzen werden vernichtet, Ehen und Familien brechen auseinander. Das geht unter die Haut und ist alles andere als absurder Papierkram, der entsteht, wenn die Leute ihre Nachbarn wegen zu intensivem Blumengießen verklagen, nur weil sie eine Rechtsschutzversicherung haben. Oder weil bei ihrem letzten Sommerurlaub im Hotel an einem Vormittag die Semmeln am Frühstücksbüfett aus waren.«
    »Gerade der letzte Fall …«, erinnerte sie Gerald.
    »Ja, das war besonders heftig«, unterbrach sie ihn. »Der Herr Scharnagl mit seiner Schreinerei. Genau da hat er gesessen«, sie zeigte auf Batzko, »hat den Kopf geschüttelt und die Fäuste geballt. Herr Baumann hat ihn absichtlich etwas länger bei mir warten lassen, damit er seinen Zorn loswerden und sich beruhigen konnte, das war zumindest mein Eindruck. Es ist nämlich so, dass man sehr leicht in eine Insolvenzverschleppung hineinrutscht, und das ist eine Straftat. Die Betroffenen versuchen noch, Geld zu beschaffen, Kredite zu besorgen, ihre Angestellten zu behalten und erfahren dann, dass sie genau deshalb schon mit einem Bein im Gefängnis stehen. Bei Herrn Scharnagl kam noch etwas hinzu, eine richtige Dummheit, zu der er sich in der Panik hat hinreißen lassen, aber darüber weiß ich nichts Genaues. Nur, dass der Herr Scharnagl meinem Chef gedroht hat. Er kam mir vor wie dieser Michael … na, diese Figur von diesem Schriftsteller, den mein großer Bub gerade in Deutsch liest. Der mit den Pferden, Sie wissen schon, der wegen einer einzigen Ungerechtigkeit die ganze Welt in Stücke hauen will. Herr Baumann hat es erwähnt, in der letzten Woche war es, am Fenster, den Blick auf die Isar gerichtet.«
    »Wenn Sie uns bitte die Kontaktdaten von Herrn Scharnagl geben würden. Und Ihre eigene Privatanschrift«, sagte Batzko.
    Während sie schrieb, verständigten sich die Kommissare mit einem schnellen Blick.
    »Wir danken Ihnen für das Gespräch«, sagte Gerald und stand auf. »Vermutlich werden wir uns noch einmal bei Ihnen melden.«
    Batzko leerte sein Glas Orangensaft und fragte: »Was wird jetzt aus Ihnen, Frau Weinzierl?«
    Sie wartete mit der Antwort, bis sie an der Eingangstür standen.
    »Frau Baumann wird die Kanzlei so schnell wie möglich verkaufen wollen. Mir gegenüber fühlt sie sich mit Sicherheit weniger verpflichtet als den Pflanzen im Büro von Herrn Baumann.« Sie holte tief Luft. »Aber ich muss Geld verdienen. Daheim habe ich einen Mann, der nach zwei Knieoperationen nicht mehr als Dachdecker arbeiten kann. Aber die Decke anstarren ist halt kein Beruf und

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