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Der Toten tiefes Schweigen

Der Toten tiefes Schweigen

Titel: Der Toten tiefes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hill
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davon. Es hat einem wie auch immer gearteten Zweck gedient – obwohl er sich nicht mehr genau daran erinnern kann. Was war der Zweck? Warum lässt er seine verletzten Gefühle und seinen Wunsch nach Vergeltung an all den Menschen aus, die nichts damit zu tun haben, unschuldig und schuldlos sind und es nicht verdient haben? Er weiß es nicht.«
    Am Ende ihrer Ausführungen sprach sie ihn direkt an.
    »Jim«, schrieb sie (sie nannte ihn ohne Grund »Jim«, es war nur ein Name), »wenn Sie das hier lesen, und ich bin mir sicher, dass Sie es tun, dann wissen Sie, dass ich recht habe. Es hat keinen Sinn mehr, wenn es den je hatte. Viele Menschen haben gelitten, die Sie eigentlich nicht leiden lassen wollten. Also hören Sie auf. Noch können Sie es. Sie haben noch den Willen und die Kraft, sofort aufzuhören. Und wenn Sie aufhören, stellen Sie sich. Bis dahin werden Sie dieses grauenhafte Wissen mit sich herumtragen, die Bürde dieser Sucht. Solange Sie nicht aufhören und sich stellen, alldem ein Ende bereiten, werden Sie sich weiter verabscheuen und hassen. Hören Sie auf mich, Jim. Denken Sie über das nach, was ich Ihnen gesagt habe. Dann machen Sie es. Tun Sie es jetzt.«
    Er dachte über das nach, worum sie ihn bat. Er hatte schon eine Weile daran gedacht. Doch wenn er sich darauf einließe, hieße es, dass sich seine Pläne für den heutigen Tag in Rauch auflösten, und er hatte sich darauf gefreut. Eine lange Zeit sorgfältiger Planung war dem vorausgegangen.
    Das alles aufzugeben erschien ihm als Verschwendung.
    Vielleicht danach.
    Ja. Das war es. Er stand auf und ließ die Zeitung auf dem Tisch liegen. Heute. Dann würde er tun, was sie ihm sagte. Aufhören. Sich nicht stellen. Warum auch? Was hätte eine weitere Person im Gefängnis für einen Sinn? Aber er hätte den heutigen Tag, auf den er hingearbeitet, den er geplant hatte, heute wäre sein Abschiedsschuss. Dann würde er aufhören.
    Einfach aufhören.
    Er war mit sich zufrieden. Er hatte Geisteskraft und Charakterstärke, er war nicht der schwache Süchtige, den sie vermutete. Er konnte und würde aufhören, und wenn er aufgehört hätte, wäre er sauber, hätte sich von allem befreit und könnte sein normales Leben weiterführen. Er freute sich darauf.

[home]
    Sechsundsiebzig
    A ls sie durch die Hotelhalle in den Ballsaal und den Speiseraum gingen, reichte man ihnen von allen Seiten Broschüren.
    »Sind Sie eine zukünftige Braut? Sind Sie eine zukünftige Braut?«
    »Ja«, sagte Georgina, »ja, ja, ja. Her damit.«
    Schokoladenbrunnen, Konfetti, Zeltvermietung, Schmuck, Brautkleider, Hüte, Scherzartikel, Geschenke für Brautjungfern, Fotografen, Hochzeitsplaner, Friseure …
    »Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll«, sagte Georginas Mutter.
    »Kleid und Partyservice. Das Wichtigste zuerst.«
    »Und da heißt es, den Leuten liege nichts mehr am Heiraten.«
    Die Stände füllten beide Räume und zogen sich noch aus dem offenen Speisesaal bis hinaus in die Gärten. Floristen. Kosmetik. Feuerwerk. Spanferkel. Luftballons. Hochzeitsreisen.
    »Sind Sie eine zukünftige Braut? Sind Sie …«
    »Da haben wir den ganzen Nachmittag zu tun.«
    »Echte Blütenblätter und diese kleinen Papierhütchen. Die gefallen mir.«
    Der Hotelparkplatz wurde auf ein Feld nebenan ausgedehnt.
     
    Bereits am frühen Morgen hatte er sich auf der anderen Seite des Flusses eingerichtet. In Anbetracht der Jahreszeit waren die Bäume fast kahl, doch die Büsche und das Unterholz am Ufer waren noch dicht. Er hatte die richtige Stelle zwei- oder dreimal unter die Lupe genommen, und sie war ideal. Er war gut versteckt.
    Zuerst hatte er den Lieferwagen an seinem Ausgangspunkt abgestellt. » JOY ’S BLUMENLADEN «. Dann war er aus der anderen Richtung mit Angelausrüstung über die Brücke geschlendert.
    Schon bei seiner Ankunft ging es dort lebhaft zu. Stände. Zelte. Man baute auf. Geschäftiges Treiben. Er beobachtete. Seine Angelschnur hing in exaktem Winkel im Wasser, der Anglerschirm war sorgsam aufgestellt. Campingstuhl. Demonstrativ wickelte er seine Sandwiches aus. Er wartete. Beobachtete.
    Das war es. Das letzte Mal. Sein Versprechen. Und es sollte nur die eine sein. Keine Kinder mehr. Die verfolgten ihn. Die waren nie eingeplant gewesen.
    Er würde beobachten, und wenn er die Richtige sah, würde er es wissen. Sie musste hübsch sein. Dunkles Haar. Nicht groß. So eine würde da sein. Eine. Dann nichts wie weg. Die Angelschnur dalassen. Abhauen. Er würde wieder im

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