Der Toten tiefes Schweigen
Doch sie war gekränkt, trotz allem, was sie wusste.
Sie hatte ihren Vater angerufen und den Krankenwagen herbestellt. Ihr Vater war zuerst eingetroffen, zusammen mit Judith, die jetzt oben bei den Kindern war.
Chris war nach seinem Anfall allmählich wieder zu sich gekommen, und sie hatte es geschafft, ihm nach unten zu helfen. Die Sanitäter hatten versucht, die Sache in die Hand zu nehmen, doch Chris war ausgerastet, hatte geflucht und sich nur widerwillig darauf eingelassen, sich hinzusetzen. Er sei auf dem Weg in die Dusche gewesen, sagte er, und habe vor, dort weiterzumachen.
Die Sanitäter standen daneben und warteten auf eine Entscheidung. Cat erhob sich und bat sie hinaus. »Ich überrede ihn«, sagte sie, »und dann können mein Vater und ich ihn hinbringen. Es tut mir leid.«
»Solange Sie damit zurechtkommen, Doc. Doch Sie sollten versuchen, ihn zu überzeugen, dass er mit uns fährt, das wäre sicherer.«
»Ich weiß. Aber Sie haben ihn ja gehört.«
Ihr Piepser signalisierte den nächsten Einsatz, und sie fuhren ab. Cat sah zu, wie der Krankenwagen in der Einfahrt wendete. Sie wollte nicht wieder in die Küche gehen, wollte nicht, dass ihr medizinischer Verstand ihr Informationen übermittelte, denn sie war nicht bereit, sich damit auseinanderzusetzen.
Sie ging nach oben.
Judith und alle drei Kinder waren auf dem großen Bett, Felix lag auf dem Bauch und war eingeschlafen, die anderen beiden hatten sich an Judith gelehnt und hörten zu, wie sie aus Adèle Geras’
The Fantora Family Files
vorlas. Hannah hatte den Daumen im Mund, zog ihn aber heraus, als Cat auftauchte.
»Ist Daddy tot?«
»Ist Dad mit dem Krankenwagen weggefahren?«
Cat setzte sich neben sie. »Nein und nein, er sitzt auf dem Sofa und trinkt ein Glas Wasser, und Grandpa ist bei ihm. Wenn ihm danach ist, werden wir ihn ins Krankenhaus bringen.«
»Warum? Das macht doch der Krankenwagen, der bringt Leute ins Krankenhaus.«
»Daddy hat es im Auto bequemer.«
»Mit dem Krankenwagen fahren ist cool.«
»Ja, und unbequem.«
»Ich halte gern die Stellung hier«, sagte Judith.
»Dem Himmel sei Dank, dass Sie kommen konnten.«
»Ja, Gott sei Dank konntest du uns vorlesen, du bist eine gute Vorleserin«, sagte Hannah und kuschelte sich näher an sie. »Sie kann auf uns aufpassen, wir sagen ihr, wo alles ist.«
»Und wann ihr schlafen gehen solltet, und das ist
jetzt
.«
»Genau«, sagte Judith. »Das Kapitel noch zu Ende, und dann lerne ich, wie ich die drei Deerborns zu Bett bringe.«
»Felix ist babyleicht, den lässt man einfach fallen.«
»Und ich bringe mich selbst ins Bett, dann bleibt nur noch unser Nuckelkind.« Sam ging in Deckung.
Judith klappte das Buch zu. Sie sagte nichts, aber beide Kinder wurden still.
Cat schlich hinaus.
Chris saß noch so da, wie sie ihn verlassen hatte, seine Gesichtsfarbe war besser, seine Miene rebellisch.
»Ich gehe nirgendwohin«, sagte er. »Du hast es gehört. Und jetzt haut ab, alle beide!«
[home]
Zweiundzwanzig
S errailler?«
»Ich bin’s, ich bin im …« Doch Cat hörte die Sirenen und Stimmen im Handy. »Ich melde mich später bei dir. Ich bin mit Chris im Krankenhaus.«
»Bleib dran.« Simon ging ein paar Meter die Straße hinauf. »Ist nur ein blinder Alarm … Ein paar Kinder haben Feuerwerk abgeschossen, aber eine Frau dachte, es sei eine Schießerei. Was ist los mit Chris?«
»Wir warten auf ein MRT . Ich hab’s dir mitzuteilen versucht. Er hat eine Art Anfall gehabt.«
»Wann? Warum?«
»Das weiß ich nicht. Dad ist hier bei mir.«
»Chef?«
»Ich muss Schluss machen. Ich ruf dich an, sobald ich Luft habe. Schreib mir eine SMS .«
»Ja.«
»Cat? Kopf hoch. Es wird schon.«
»Ja?«
»Ja. Chris ist zäh.«
Die Frau war vorsichtshalber ins Krankenhaus gebracht worden, unter Schock, aber unverletzt. Ansonsten hatte sich die Straße wieder beruhigt.
Im Wagen der Sondereinheit war man im Begriff, nach diesem erneuten vergeblichen Notruf wegzufahren.
»Was
soll
das alles?«, fragte Clive Rowley. »Als hätten wir nicht genug mit einem Mörder, der da draußen herumläuft. Zündelnde Kinder.«
»Hörte sich nicht an wie Kinder. Männer, hat die Frau gesagt.«
»Die konnte nicht mehr klar denken.«
»Kaum verwunderlich.«
»Wahrscheinlich Spielzeugpistolen. Hast du mal eine gehabt, Clive?«
»Nein.«
»Mein Vater hat seine noch. Wenn auch keine Zündplättchen. Er sagt, sie riechen nach Schwefel … obwohl sie ziemlich krachen.«
»Könnten
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