Der Totenerwecker (German Edition)
wir für Sie tun?«
»Mein ... mein Daddy hat gerade meine Mom umgebracht, und ... und er ... er schneidet sie klein.«
Er schloss die Augen und versuchte, die Geräusche aus dem Schlafzimmer auszublenden. Er wollte dort nicht noch mal hineingehen, wollte nicht sehen, wie seine Mutter abgeschlachtet und auf eine blutige Fleischmasse reduziert wurde. Was er gesehen hatte und was sein Kopf sich ausmalte, war schlimm genug. Dale wollte gar nicht genau wissen, was sein Vater in den letzten 20 Minuten mit diesem Messer angestellt hatte. Die Hände über die Ohren gelegt, wartete er auf dem Sofa, bis die Beamten eintrafen.
»Polizei! Machen Sie die Tür auf!«
Dale öffnete und wurde nach draußen in die Arme einer Polizistin gezerrt, die ihn auf den Beifahrersitz eines Streifenwagens setzte. Sie nannte ihren Namen. Linda? Lydia? Lila? Er vergaß ihn sofort wieder, war viel zu sehr damit beschäftigt, an seine Mom zu denken.
Alles passierte so schnell. Sein Kopf musste sich anstrengen, um mitzukommen. Gerade noch hatte er Nudeln mit Käse gegessen, Afro Samurai im Fernsehen geschaut und Mom und Dad einen Gutenachtkuss gegeben. Jetzt saß er in einem Streifenwagen, während die Polizei das Haus stürmte, um seinen Dad festzunehmen, der gerade seine Mutter umgebracht hatte. Dales Verstand tat sich schwer, das alles zu verarbeiten. Noch war die Realität nicht bei ihm angekommen.
Er beobachtete, wie die Beamten ins Haus eindrangen, hörte das Rufen und Schreien, dann die Schüsse. Er fing von Neuem an zu weinen und brüllte nach seiner Mommy, als er die Polizisten aus dem Haus stolpern sah, kreidebleich. Einige übergaben sich auf den Rasen, andere starrten stumm vor sich hin. Zwei Cops klammerten sich aneinander und weinten. Als er sah, wie diese Polizisten um seine Mutter trauerten, zerbrach etwas in ihm. Die Realität des brutalen Mordes an seiner Mom drängte sich in sein Bewusstsein.
»Mommyyyyyyy! Mooooommyyyy!«
»Bleib hier!«
Die Polizistin stieg aus dem Streifenwagen und lief über den Rasen ins Haus. Keine Minute später kam sie herausgerannt, die Augen vor Entsetzen weit aufgerissen. Sie hielt sich am Streifenwagen fest und übergab sich auf den Asphalt, dabei schluchzte sie hysterisch.
»Oh mein Gott! Oh mein Gott! Er hat sie in Stücke gerissen! Wie kann er seiner eigenen Frau so etwas antun? Der Mutter seines Kindes! Er hat ihr die ganze Haut abgezogen!«
Leise kletterte Dale aus dem Streifenwagen. Er ging über den Rasen und ins Haus zurück, während die Polizisten bei ihren Fahrzeugen standen und sich gegenseitig beruhigten, den Gerichtsmediziner und die Spurensicherung anforderten und sich mit allem Möglichen beschäftigten, um nur ja nicht ein weiteres Mal ins Haus gehen zu müssen.
Das ganze Schlafzimmer war rot, der Teppich mit dem Blut seiner Mutter durchtränkt. Zwischen Dales Zehen matschte es, als er sich barfuß langsam dem Bett näherte. Was er dort sah, empfand er als blanken Wahnsinn. Sein Vater hatte seine Mutter buchstäblich in Stücke gerissen. Ihr Nachthemd war bis zum Hals hochgeschoben, die vom Körper abgezogenen Hautfetzen lagen auf dem Boden. Er hatte ihr mehrere Stiche in Gesicht, Hals und Brust verpasst, die Pupillen durchbohrt – ebenso Wangen und Stirn – und ihr Mund und Nase gespalten. Die Ohren waren abgetrennt und der Kopf skalpiert. Der Schnitt in ihre Kehle hatte sie fast geköpft. Offenbar war Dales Vater gerade damit beschäftigt gewesen, ihre Beine zu häuten, als die Polizisten eintrafen und ihn erschossen. Seine Leiche lag zusammengekrümmt neben der seiner Mutter.
Dale kletterte aufs Bett und watete durch das Blut. Trockene Schluchzer brachten seine Brust zum Zucken. Er presste seine Lippen für eine Mund-zu-Mund-Beatmung auf die Lippen seiner Mutter und blies in ihre Lungen. Dann holte er tief Luft und tat es noch einmal. Gerade wollte er ihr einen dritten Atemzug einhauchen, als er spürte, dass Sauerstoff in seinen Mund zurückströmte. Sie atmete!
Ihre Atemzüge kamen erst langsam, dann immer schneller und schneller, als ob sie hyperventilierte. Dale schaute zu, wie sich ihr Körper langsam wieder zusammensetzte. Hektische kleine Bewegungen zuckten unter dem bisschen Haut, das ihr geblieben war. In ihren Muskeln schien es von winzigen Insekten zu wimmeln, die sich alle gleichzeitig bewegten und in ihrem Fleisch gegeneinander kämpften.
Durchtrennte Venen, Arterien, Sehnen und Muskelfasern krochen wie Ranken über freigelegte Knochen, schlängelten
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