Der Totengarten
damit sie weiß, wo du bist.«
Ramone ging zum Taurus zurück und setzte sich wieder ans Steuer. Noch ehe er dazu kam, den Motor anzulassen, rief Rhonda Willis an. Sie hatten Dominique Lyons und Darcia Johnson unten im VCB in den Vernehmungszellen.
»Ich bin gleich da«, versprach Ramone.
ACHTUNDZWANZIG
Darcia Johnsons Mutter rief ihre Tochter an, um ihr zu sagen, dass ihr Baby Fieber und Atemprobleme habe. Den Detectives und den Uniformierten, die sie über Funk zur Verstärkung angefordert hatten, blieb gerade genug Zeit, auf ihre Positionen zu gehen: Eine halbe Stunde später kam ein schwarzer Lexus GS 430 die Quincy entlang und hielt vor dem Haus der Johnsons. Drinnen hinter dem Fenster eines Schlafzimmers im Obergeschoss stehend, rief Virginia Johnson Rhonda Willis an, die unten an der Straße mit Bo Green in dem kastanienbraunen Impala saß. Virginia teilte Rhonda mit, die Frau, die gerade aus dem Lexus steige, sei ihre Tochter Darcia, und soweit sie an den Zöpfen erkennen könne, sei der Fahrer des Wagens Dominique Lyons. Rhonda, das Handy am Ohr, nickte Bo Green zu, der Funkkontakt mit dem leitenden Sergeant der uniformierten Kollegen hielt. Green gab dem Sergeant das Signal zum Eingreifen.
Zwei Streifenwagen sperrten plötzlich die Quincy Street in beiden Richtungen ab, während Uniformierte mit gezogenen Waffen aus ihrem Hinterhalt in einer Seitengasse hervorstürmten und dem Fahrer des Lexus mit lauten Zurufen befahlen auszusteigen und die Hände zu erheben. Alles ging schnell, um den Schockeffekt auszunutzen und jeden Widerstand im Keim zu ersticken. In Anbetracht von Lyons’ Vorgeschichte wollte Rhonda keine Risiken eingehen.
Darcia Johnson setzte sich sofort auf die Stufen vor ihrem Elternhaus und vergrub das Gesicht in den Händen. Dominique Lyons befolgte die Anweisungen der Polizisten und stieg mit erhobenen Händen aus seinem Wagen. Er wurde in Handschellen auf den Rücksitz eines Streifenwagens gesetzt. Darcia, ebenfalls in Handschellen, wurde zu einem anderen Fahrzeug geführt. Anschließend durchsuchten die Beamten den Lexus gründlich. Sie fanden keine Waffen, nur rund dreißig Gramm Marihuana unter dem Fahrersitz.
Virginia Johnson kam aus dem Haus, Isaiah im Arm. Sie sah ihre Tochter in dem Streifenwagen und las Angst und Hass in Darcias Augen. Virginia fragte Rhonda, ob sie mitkommen könne, und Rhonda erwiderte, das sei kein Problem.
»Wir haben für solche Fälle einen Warteraum mit Kinderspielzeug eingerichtet«, erklärte Rhonda. Tatsächlich war sie es gewesen, die die Finanzierung durchgesetzt hatte. Ihre männlichen Kollegen hatten sich keine Gedanken darüber gemacht, wo Ehepartner, Freundinnen, Großmütter und Kinder warten sollten, deren Verwandte im Zusammenhang mit Mordfällen festgehalten oder vernommen wurden.
»Ich werde meinem Mann Bescheid geben, dass er nachkommen soll«, sagte Virginia.
»Letztendlich wird diese Sache auch zum Besten Ihrer Tochter sein«, versicherte Rhonda ihr. »Sie haben das Richtige getan.«
Dan Holiday stand in dem Gemeindegarten an der Oglethorpe Street und rauchte eine Zigarette. Da er später noch einen Auftrag hatte, trug er seinen schwarzen Anzug. Er war hergekommen, weil er wusste, dass er hier die Antwort auf seine Fragen finden würde.
Der Tatort befand sich wieder in dem gleichen Zustand wie vor Asa Johnsons Tod. Jemand hatte das gelbe Absperrband abgenommen und weggeworfen. Ein paar Leute waren draußen im Garten, um ein wenig zu arbeiten, hauptsächlich jedoch, um sich zu unterhalten, denn in Washington hatte mittlerweile der Herbst begonnen, das Gemüse war abgeerntet, und das Wachstum der Blumen und übrigen Pflanzen hatte sich verlangsamt.
Holiday ging zu seinem Auto. Er hatte es genau an derselben Stelle geparkt wie in jener Nacht, als er am Steuer eingedöst war und später die Leiche entdeckt hatte.
Er setzte sich auf den Fahrersitz des Lincoln, rauchte die letzten Züge und betrachtete den Stummel der Marlboro zwischen seinen Fingern, ehe er ihn hinaus auf die Straße schnippte. Dann sah er zu, wie sich ein dünnes Rauchfähnchen über der Kippe kräuselte, die auf dem Asphalt schwelte.
Holidays Blick wanderte zu der Parzelle mit den Wimpeln und Windrädchen und den Schildern mit Songtiteln, die einen Bezug zu Pflanzen und Botanik hatten.
Als er am Vortag an den Schildern vorbeigegangen war, hatte er das Gefühl gehabt, als berührte ihn etwas mit kaltem Finger.
Let It Grow.
Diese Worte waren ihm in den Sinn
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