Der Totengarten
nicht tatverdächtig«, sagte Green.
»Aber wir müssen sie auf die Dienststelle holen«, fügte Rhonda hinzu. »Sie könnte eine wichtige Zeugin sein.«
»Fährt sie Auto?«, fragte Green.
»Nein, Darcia hat keinen Führerschein.«
»Dann ist es doch gut möglich, dass Dominique sie fährt«, folgerte Rhonda.
Das war keine Frage; Rhonda Willis hatte nur laut gedacht.
»Hat dieser junge Mann jemanden umgebracht?«, fragte Virginia.
Rhonda nickte Bo Green zu, um ihm zu signalisieren, dass er Virginias Frage beantworten sollte und dass es jetzt auch an der Zeit war, eindringlicher zu werden.
»Er steht unter dringendem Verdacht«, erklärte Green.
»Wenn wir Dominique Lyons aus dem Verkehr ziehen, wäre das ein guter Anfang«, fuhr Rhonda fort. »Auf diese Weise stünde auch Ihre Tochter nicht mehr unter seinem Einfluss.«
»Wir haben ihre Handynummer«, sagte Green.
»Aber auf unsere Anrufe reagiert sie nicht«, ergänzte Rhonda.
»Vielleicht, wenn sie glauben würde, ihr Sohn sei krank oder etwas in der Art …«, schlug Green vor.
»Dann wäre sie möglicherweise so besorgt, dass sie herkäme«, fügte Rhonda hinzu.
»Ich werde sie anrufen.« Virginia nahm ein weiches Tuch und wischte Isaiah den Sabber vom Kinn.
»Das würde uns sehr weiterhelfen«, sagte Rhonda.
»Und sie wird herkommen«, versicherte Virginia und sah Rhonda in die Augen. »Sie liebt dieses Kind wirklich.«
Ramone saß im Wartebereich der Schule seines Sohnes in Montgomery County, neben einem schwarzen Vater, der etwa in seinem Alter war. Vor zehn Minuten hatte er einer Sekretärin mitgeteilt, er wolle mit Direktorin Brewster sprechen. Als er zur Antwort bekam, dazu bräuchte er einen Termin, zückte Ramone seine Dienstmarke, erklärte, er sei Diego Ramones Vater, und kündigte an zu warten, bis er gerufen werde. Die Frau hatte ihn aufgefordert, Platz zu nehmen.
Zehn Minuten später kam aus einem Flur zu den Büroräumen eine große, dünne Frau Ende vierzig zum Vorschein. Sie umrundete den Empfangstresen, lächelte und sah sich kurz im Wartebereich um. Dann ging sie auf den Schwarzen zu und streckte ihm die Hand entgegen.
»Mr. Ramone?«, sagte sie.
»Ich bin Gus Ramone.«
Ramone stand auf und schüttelte ihr die Hand. Ms. Brewster hatte ein humorloses, langes Pferdegesicht und scheinbar zu viele Zähne. Ihr gekünsteltes Lächeln erstarb für einen Moment, doch dann setzte sie es wieder auf. Nur ihre Augen verrieten, dass sie verwirrt war. Sie war Regina bereits mehrmals begegnet, Ramone hingegen hatte sie noch nie gesehen. Offensichtlich war sie davon ausgegangen, er sei ebenfalls schwarz.
»Kommen Sie bitte«, forderte Ms. Brewster ihn auf.
Ramone folgte ihr. Dabei warf er einen prüfenden Blick auf ihr Hinterteil – schließlich war er ein Mann – und stellte fest, dass es nicht besonders üppig war.
In einem von drei Sesseln in Ms. Brewsters Büro saß Mr. Guy. Der stellvertretende Schulleiter hielt ein Klemmbrett an die Brust gedrückt. Anders als Ms. Brewster hatte er einen ausladenden Hintern, dazu einen Bauch und Brüste wie ein Mädchen.
»Guy Davis«, stellte er sich vor und streckte die Hand aus.
»Mr. Guy«, begrüßte ihn Ramone. Dabei verwendete er absichtlich den albernen Namen, mit dem Davis sich von den Schülern anreden ließ. Nachdem er ihm die Hand geschüttelt hatte, nahm er vor Ms. Brewsters Schreibtisch Platz.
Ms. Brewster ließ sich in ihrem Bürosessel nieder. Sie warf einen Blick auf den Monitor und konnte nicht widerstehen, mit einem Mausklick irgendetwas zu überprüfen, ehe sie sich Ramone zuwandte.
»Nun, Mr.Ramone.«
»Detective Ramone.«
»Detective, es freut mich, dass Sie hergekommen sind. Uns ist etwas zur Kenntnis gelangt, und wir wollten Sie ohnehin zu einem Gespräch bitten, um die Angelegenheit zu klären. Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt dafür.«
»Erst sollten wir über meinen Sohn sprechen«, entgegnete Ramone. »Ich wüsste gern, weshalb er heute vom Unterricht suspendiert wurde.«
»Das wird Mr. Guy Ihnen erklären.«
»Es gab kürzlich einen Zwischenfall«, begann Mr.Guy, »zwischen Toby Morrison und einem anderen Schüler.«
»Sie meinen, die beiden haben sich geprügelt«, stellte Ramone fest. »Ich weiß davon.«
»Wir haben Grund zu der Annahme, dass Ihr Sohn Zeuge des Vorfalls war.«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Ich habe mehrere Schüler befragt«, erklärte Mr.Guy. »Ich habe den Fall untersucht.«
»Den Fall untersucht?« Ramone bedachte Mr.Guy mit einem
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