Der Totengarten
würden. Er wusste genau, was sich im Kofferraum befand, wusste, dass alles an seinem Platz war, aber er war ein wenig nervös und wollte sich noch einmal vergewissern.
Er bewahrte darin unter anderem Öl, Frostschutzmittel, Starthilfekabel, Brems- und Lenkflüssigkeit, Putzlappen, ein Reifen-Reparaturset und einen pneumatischen Wagenheber auf. Außerdem gab es einen Werkzeugkasten mit Standardwerkzeugen; in einem weiteren Kasten waren ein Dreißig-Meter-Automatikmaßband, Klebeband, ein 10 x 50 - Fernglas, ein Nachtsichtgerät, das er noch nie benutzt hatte, eine Schachtel Latexhandschuhe, ein Teleskopschlagstock, ein Paar Handschellen von Smith and Wesson aus gebläutem Stahl, ein Sortiment unterschiedlicher Batterien, eine Digitalkamera, die Cook nicht bedienen konnte, und eine wiederaufladbare Taschenlampe von Streamlight Stinger mit Stahlgehäuse, die auch als Waffe zu gebrauchen war. Außerdem befand sich in dem Kofferraum eine Brechstange.
Alles war an seinem Platz. Holiday würde nicht so bald kommen. Cook beschloss, zurück ins Haus zu gehen und sich sein Hoppe-Reinigungsset und die .38er vorzunehmen. Er hatte noch genug Zeit, seine Waffe zu reinigen.
Michael« Mikey »Tate und Ernest« Nesto »Henderson saßen in einem schicken schwarzen Maxima, dem neuen Modell mit dem Vierfachauspuff, der auf dem Parkplatz einer kleinen Einkaufspassage an der Riggs Road in Northeast D.C. stand, nicht weit von der Grenze zu Maryland. Die Einkaufspassage bestand aus einem Ein-Dollar-Shop, einem Pfandleiher, einem Spirituosenladen, einem Imbiss mit chinesischem Essen und Baguettes, einer Bankfiliale, einem Mexikaner und zwei Friseurläden. Einer davon bot auch Maniküre an und der andere, Hair Raisers, war auf Afrozöpfe und Haarverlängerung spezialisiert. Chantel Richards arbeitete bei Hair Raisers. Henderson konnte sie durch das Ladenfenster sehen; sie stand gerade hinter einer Kundin, die in einem Friseurstuhl saß, und beide plauderten, während Chantel ihre Arbeit tat. Henderson übernahm den größten Teil der Überwachung. Tate blätterte in der neuesten Ausgabe der Vogue.
« Verdammt, die sieht wirklich gut aus », bemerkte Henderson.
« Das ist echt mal eine Frau », pflichtete Tate ihm bei und hob den Blick. Er trug weite Jeans, ein langärmeliges Lacoste-Hemd und dazu passende Schuhe mit aufgestickten Krokodilen an den Seiten.
« Und groß ist sie », ergänzte Henderson, der eine blaue Baseballkappe mit dem Logo der Nationals trug, die Version für Auswärtsspiele – nicht weil er sich für Baseball interessierte, sondern weil die Farbe zu seinem Hemd passte. Die Kappe saß etwas schräg auf seinem Kopf.
»Die Frisur macht sie größer«, sagte Tate. »Vielleicht trägt sie auch hohe Absätze. Modebewusste Mädchen machen gern auf groß. Dadurch wirken sie schlanker.«
»Wo es drauf ankommt, hat sie aber ordentliche Rundungen.«
»Sie kleidet sich passend zu ihrem Körpertyp.«
»Wo hast du das denn gelesen, in dieser Mädchenzeitschrift?«
»Ich meine ja nur, sie erzielt die Wirkung, auf die sie es anlegt.« Tate achtete bei Frauen auf Kleidung, Schuhe, Schmuck, Haltung und all das. Es interessierte ihn einfach, mehr steckte nicht dahinter. Aber er redete nicht viel darüber, wenn Nesto dabei war, denn Nesto fand es schwul, solche Zeitschriften zu lesen. Oder überhaupt zu lesen.
»Ich mache mir Sorgen um dich, mein Junge.«
»Ich bewundere nur, wie sie was aus sich macht.«
»Tja, allmählich haben wir sie aber lange genug bewundert.«
»Mir macht das auch keinen Spaß. Mein Hintern tut schon weh vom ewigen Rumsitzen.«
»Sicher, dass er nicht von was anderem wehtut?«
»Hä?«
»Hat dir vielleicht jemand seine Latte reingesteckt?«
»Halt’s Maul, Wichser.«
»Dauernd liest du diese Modezeitschriften; ich mach mir Sorgen.«
»Wenigstens kann ich lesen.«
»Während du dich von hinten ficken lässt.«
»Erzähl weiter, Nesto.«
Sie arbeiteten zusammen, hatten aber wenig gemeinsam. Für Michael Tate war der Punkt, an dem er jetzt stand, nur das Sprungbrett zu etwas anderem, Größerem. Er war so ein Typ wie all die Kellner in New York, über die er gelesen hatte, die in Wirklichkeit gar keine Kellner waren, sondern Schauspieler auf dem Weg zum Ruhm. So sah Tate sich selbst. Nur dass er nicht vorhatte, bis zu seinem großen Durchbruch in irgendeinem mies bezahlten Job zu arbeiten. Niemals verließ er das Haus ohne schickes Outfit und genug Geld in der Tasche, so war er nun einmal. Und
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