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Der Totengarten

Der Totengarten

Titel: Der Totengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Pelecanos
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einem Anwalt ignoriert. Wenn die Verteidiger das erfahren und die Aussagen vor Gericht nicht wiederholt werden, könnte ich Probleme bekommen. Das sind miese Typen, und ich will, dass sie in den Knast wandern.«
    »Und was brauchst du?«
    »Du musst Aldan Tinsley als den Mann identifizieren, den du in der fraglichen Nacht durch den Garten hast gehen sehen.«
    »Ich hab dir doch gesagt, ich hab nichts weiter gesehen als einen männlichen Schwarzen. An mehr kann ich mich beim besten Willen nicht erinnern.«
    »Es interessiert mich nicht, was du gesehen hast, Doc. Ich brauche deine Aussage.«
    Holiday grinste. »Sieh mal an, doch nicht immer so korrekt.«
    »Wirst du es tun?«
    »Ja.«
    »Danke. Ich lade dich dann zur Gegenüberstellung auf die Dienststelle.«
    Ramone machte kehrt und ging auf seinen Wagen zu.
    »Gus?«
    »Ja?«
    »Es tut mir leid, was ich über deine Frau gesagt habe. Das war der Alkohol.«
    »Mach dir deswegen keine Gedanken.«
    »Ich schätze, ich bin einfach neidisch.«
    »Schon okay …«
    »Ich bin wohl einfach nicht der Typ für eine Familie.« Holiday blinzelte in die Sonne. »Weißt du, damals, als ich noch Uniform trug, haben sie mich zum Polizeipsychologen geschickt. Mein Vorgesetzter wollte, dass ich hingehe – wegen meinem Alkoholkonsum und meinen angeblich exzessiven Frauengeschichten. Er sagte, dass mein Lebenswandel meine beruflichen Leistungen beeinträchtigt.«
    »Na so was.«
    »Ich geh also in dieses Voodoo-Büro und rede über meine private Vergangenheit. Und der Psychologe sagt: ‹Ich habe den Eindruck, dass Sie an Trennungsängsten leiden), oder irgend so ein Mist, weil ich so lange neben der Spur war, nachdem meine kleine Schwester gestorben ist. Er hat mir erzählt, dass ich dazu neige, vor dauerhaften Beziehungen wegzulaufen, weil ich Angst habe, ich könnte irgendwie – wie hat er das noch ausgedrückt – meine Partnerin durch Umstände verlieren, die sich meiner Kontrolle entziehen. Drauf sag ich zu dem Seelenklempner: ‹Das könnte stimmen. Vielleicht steh ich aber auch einfach nur auf Abwechslung im Bett.› Denkst du, dass es so ist, Gus?«
    »Und ich hab gedacht, du würdest mir eine nette Geschichte erzählen«, erwiderte Ramone. »Du weißt schon, so eine mit einer Moral am Ende.«
    »Ein andermal.« Holiday warf einen Blick auf die Uhr.
    »Ich muss jetzt los.«
    Ramone streckte ihm die Hand entgegen, und Holiday schlug ein.
    »Du warst ein guter Polizist, Doc. Ohne Scheiß.«
    »Ich weiß, Giuseppe. Ein viel besserer als du.«
    Ramone sah zu, während Holiday die Tür seines Lincoln öffnete, seine Chauffeursmütze herausnahm und sie aufsetzte.
    »Arschloch«, murmelte Ramone unhörbar.
    Doch er grinste dabei.

    Michael Tate und Ernest Henderson hatten sich satt gegessen und warteten wieder auf dem Parkplatz von Hair Raisers an der Riggs Road, bis Chantel Richards endlich aus dem Salon kam und in einen roten Toyota Solara stieg.
    »Hübsches Auto«, bemerkte Tate.
    »Für ein Mädchen«, erwiderte Henderson. »Was denn, willst du etwa auch so eins haben?«
    »Ich meine ja nur, es hat Stil. Muss wirklich ‘ne klasse Frau sein.«
    Chantel fuhr vom Parkplatz und auf die Straße hinaus.
    »Jedenfalls kann sie uns nicht so leicht abhängen«, stellte Tate fest. »Mit dem knallroten Wagen.«
    »Außer du lässt sie.«
    »Was?«
    »Worauf wartest du noch?«
    »Ich fahr ja schon.«
    »Quatsch nicht, tu’s.«
    Die beiden folgten ihr hinaus nach Maryland, durch Langley Park und die New Hampshire Avenue entlang. Chantel fuhr auf den Beltway und ein ganzes Stück weit durch Prince George’s County. Nesto Henderson hatte recht: Es war leicht, den auffälligen Solara im Auge zu behalten.
    Chantel wechselte auf die Central Avenue nach Westen und bog rechts auf die Hill Road ab. Tate, der am Steuer saß, ließ sich zurückfallen, denn der Verkehr war hier weniger dicht. Als Chantel schließlich hinter einem anderen Fahrzeug an der Straßenböschung auf einer Hügelkuppe parkte, hinter einer Wohnsiedlung, die an einen Wald grenzte, bremste Tate den Maxima ab und hielt im Abstand von hundert Metern auf dem Randstreifen.
    »Was macht sie da?«, fragte Henderson. »Geht sie in den Wald?«
    »Nee, da ist Schotter, siehst du das nicht? Muss ‘ne Art Zufahrt sein.«
    »Vor ihr steht noch ein Auto.«
    »Ein Impala SS.«
    »Könnte der von unserem Mann sein. Vielleicht steht da drüben irgendwo sein Haus.«
    »Okay«, sagte Tate, »wir haben unseren Auftrag erledigt. Wir sind ihr

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