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Der Totengarten

Der Totengarten

Titel: Der Totengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Pelecanos
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Hahnentrittmuster und eine Krawatte.
    Sie hatten die Frequenz der sprachgesteuerten Motorolas aufeinander eingestellt, und die Funkgeräte waren in Betrieb. Inzwischen warteten sie schon fast eine Stunde.
    »Irgendwas Neues?«, fragte Cook.
    »Er muss bald rauskommen.«
    Durch Cooks Fernglas hatte Holiday beobachtet, wie Officer Grady Dunne mit dem Streifenwagen Nummer 461 auf den Parkplatz fuhr und in voller Uniform die Wache durch den Hintereingang betrat. Er war eins achtzig groß, hager, blass und blond, mit scharfen Gesichtszügen. Seine aufrechte Haltung und sein Gang drückten eine einstudierte, militärische Autorität aus. Er war nicht stehen geblieben, um sich mit seinen Kollegen zu unterhalten, die um die Zeit des Schichtwechsels hier herumstanden, redeten und versuchten, einander die besten Fahrzeuge abspenstig zu machen.
    »Haben Sie Detective Ramone noch einmal gesehen?«, fragte Cook.
    »Ja, wir haben uns vorhin getroffen.«
    »Hat er Ihnen Neuigkeiten über den Johnson-Fall verraten?«
    »Wir haben darüber gesprochen.« Holiday zögerte kurz. »Noch nichts Konkretes.«
    Cooks Schweigen verriet Holiday, dass der alte Sergeant die Lüge durchschaute.
    Zwei junge Männer gingen an Holidays Wagen vorbei. Sie trugen wadenlange Shorts, die am Saum absichtlich ausgefranst waren. Einer der beiden hatte ein T-Shirt an, dessen Ärmel in Streifen geschnitten und geflochten waren, mit kleinen Perlen an den Enden der Zöpfe. Vorn auf dem Shirt war eine Comicfigur aufgemalt. Die Gesichter der jungen Männer waren identisch. Einer grinste Holiday im Vorbeigehen zu. Holiday nahm an, dass sie ihn trotz seines schwarzen Anzugs und des Wagens als eine Art Polizisten erkannt hatten. Das gefiel ihm.
    In dem Marquis wischte sich T.C. Cook den Schweiß von der Stirn. Ihm war schon seit einer Weile etwas schwindelig. Er war einfach nicht mehr ans Arbeiten gewöhnt, das war alles. Die Anspannung und die Aussicht auf eine Verfolgungsjagd ließen sein Herz schneller schlagen.
    »Doc?«
    »Ja.«
    »Es ist heiß in diesem verdammten Wagen. Ich schwitze, Mann.«
    »Trinken Sie etwas Wasser«, riet Holiday.
    Er warf erneut einen Blick durch das Fernglas. Gerade kam der blonde Mann aus dem Hintereingang der Wache und ging zu einem dunkelgrünen Ford Explorer neueren Modells. Dunne trug ein übergroßes Polohemd lose über einer Jeans und feste ockergelbe Schuhe. Laut Dienstvorschrift waren Officers verpflichtet, ihre Waffe ständig bei sich zu tragen, auch wenn sie nicht im Dienst waren. Holiday nahm an, dass Dunne seine Glock in einem Halfter im Rücken trug.
    »Machen Sie sich bereit, Sarge. Er sitzt in seinem Wagen und verlässt gleich den Parkplatz.«
    »Verstanden.«
    »Wenn er nach Norden fährt, verfolgen Sie ihn. Lassen Sie Ihr Handy eingeschaltet, falls die Funkgeräte ausfallen.«
    »Alles klar, junger Mann.«
    »Er ist jetzt auf der Peabody«, meldete Holiday. »Er nähert sich der Georgia.«
    »Verstanden.«
    Als der Explorer an der Georgia Avenue rechts abbog, sagte Holiday: »Sie sind dran.«
    Sie folgten Dunne die Avenue entlang. Cook hielt mehrere Fahrzeuge Abstand, behielt Dunnes Wagen jedoch im Blick und überfuhr ein paar gelbe Ampeln und eine rote, um nicht zu weit zurückzufallen. Holidays Aufgabe bestand darin, Cooks Marquis zu folgen; so wusste er, dass Dunne nicht zu weit weg sein konnte. Über Funk erfuhr Holiday, dass Cook noch Sichtkontakt hatte.
    Dunne fuhr über die Distriktgrenze nach Silver Spring, in eine wahre Schlucht zunehmend verstopfter Straßen zwischen hohen Gebäuden, Kettenrestaurants, neuen Laternenpfählen in historischem Stil, einer ziegelgepflasterten Straße und anderen künstlichen Kleinstadt-Elementen. Am Ellsworth Drive bog Dunne rechts ab und fuhr dann links in ein Parkhaus.
    »Was soll ich jetzt tun?«, fragte Cook in das Funkgerät.
    »Parken Sie am Straßenrand und entspannen Sie sich«, erwiderte Holiday. »Ich übernehme jetzt. Ich melde mich bei Ihnen.«
    Holiday fuhr an Cook vorbei, der seinen Wagen gerade in eine Parklücke am Straßenrand manövrierte, und in das Parkhaus hinein. Er zog an der Schranke einen Parkschein und fuhr dann die Rampe hinauf, von einer Ebene zur nächsten, bis er hoch oben den Explorer einparken sah. Holiday stellte seinen Wagen ab und beobachtete, wie Dunne ausstieg und auf eine Betonbrücke zuging, die das Parkhaus mit einem neugebauten Hotel verband.
    In Holidays Augen waren Hotels für zweierlei gut: Frauen und Alkohol. Er wartete zehn Minuten,

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