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Der Totengarten

Der Totengarten

Titel: Der Totengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Pelecanos
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gebraucht hätte.«
    Ramone stand auf, die Fäuste geballt.
    »Gus«, mahnte Rhonda.
    Ramone verließ rasch die Vernehmungszelle. Rhonda erhob sich und sah auf die Uhr.
    »Kann ich was zu trinken haben?«, fragte Tinsley.
    Rhonda antwortete nicht. Stattdessen wandte sie sich der Kamera zu. »Vierzehn Uhr dreiundvierzig.«
    Sie ließ den verunsicherten Tinsley allein und ging ins Großraumbüro. Dort traf sie Ramone an, der bei Bill Wilkins am Schreibtisch saß und leise mit ihm sprach. Rhonda legte Ramone eine Hand auf die Schulter.
    »Es tut mir leid«, sagte sie.
    »Warum habe ich das nicht früher gesehen?«, erwiderte Ramone.
    »Keiner von uns hat es gesehen«, redete Rhonda ihm zu. »Schließlich war keine Waffe am Tatort. Hatte irgendwer von euch schon mal einen Selbstmord, bei dem die Waffe nicht gefunden wurde?«
    »Der Baseballhandschuh für Linkshänder«, sagte Ramone vor sich hin. »Linkshänder, Schuss in die linke Schläfe … Schmauchspuren an den Fingern der linken Hand. Er wollte mit dieser North Face nicht angeben. Er hatte einen Revolver in der Tasche. Mein Sohn hat ihn gesehen und sagte, ihm lief der Schweiß runter. Aber es waren Tränen. Verdammt, ich hätte es sehen müssen.«
    »Aber du musst zugeben«, sagte Wilkins, »es ist ungewöhnlich für einen solchen Jungen, Selbstmord zu begehen.«
    »Das ist nicht wahr, Bill«, widersprach Rhonda.
    »Ich meine nur, schwarze Kids bringen sich normalerweise nicht um.«
    »Siehst du, genau da liegst du falsch«, erklärte Rhonda. »Schwarze Teenager begehen durchaus Selbstmord. Die Selbstmordrate unter schwarzen Jugendlichen steigt. Das geht mit dem Zugang zur Mittel- und Oberschicht einher. Ihr wisst schon, der Preis des Geldes. Ganz zu schweigen von der leichten Verfügbarkeit von Waffen. Und viele schwarze Jugendliche, die schwul sind, wissen, dass man sie niemals akzeptieren wird. Da spielt eine Menge Unausgesprochenes aus unserer Kultur mit rein. Manche von meinen Leuten verzeihen dir fast alles, nur nicht das eine – wenn du verstehst, was ich meine.«
    »Stellt euch mal vor, wie es für Asa gewesen sein muss«, sagte Ramone, »in einem solchen Hyper-Macho-Umfeld mit dieser Schuld zu leben.«
    »Er konnte nicht damit leben«, pflichtete Rhonda ihm bei.
    »Trotzdem.« Ramone stand auf.
    »Wohin gehst du?«, fragte Rhonda.
    »Ich muss noch ein paar Sachen klären. Bill, ich rufe dich später an und berichte.«
    »Was wird jetzt aus den Zeugen? Und mit dem ganzen Papierkram?«
    »Tut mir leid, Großer – dein Fall. Aber wenn es dich tröstet: Ich werde mit dem Vater reden.«
    »Was machen wir mit Tinsley?«, wollte Rhonda wissen.
    »Hängt dem Wichser alles an, was irgendwie geht«, erwiderte Ramone. »Ich finde schon eine Möglichkeit, ihn drauf festzunageln.«
    »Wir haben hier heute einiges geleistet«, stellte Rhonda fest.
    »Allerdings.« Ramone sah sie bewundernd an. »Wir sprechen uns später, okay?«
    Draußen auf dem Parkplatz rief Ramone Holiday an. Holiday meldete sich und sagte, er sei gerade mit einem Klienten auf dem Weg zum National Airport.
    »Können wir uns treffen?«, fragte Ramone. »Ich muss dich sprechen, unter vier Augen.«
    »Ich muss danach gleich weiter«, wandte Holiday ein.
    »Ich komme jetzt sofort zu dir. Gravelly Point, beim Flughafen. Der kleine Parkplatz an der Straße nach Süden.«
    »Aber beeil dich«, sagte Holiday. »Ich hab nicht den ganzen verdammten Tag Zeit.«

DREIUNDDREISSIG
    Das Gelände von Gravelly Point, am Potomac River gelegen und von den nördlichen Ausfallstraßen des GW Parkway her zugänglich, war ein beliebtes Freizeitgebiet für Jogger, Bootssportler, Rugbyspieler, Radfahrer und Leute, die gern Flugzeuge beobachteten, denn die Start- und Landebahnen des Reagan National Airport waren nur wenige hundert Meter entfernt. Auf der gegenüberliegenden, weniger pittoresken Seite der Anlage befand sich ein kleiner Parkplatz, der hauptsächlich von den Fahrern der Autoservices genutzt wurde, wenn sie auf Klienten vom Flughafen warteten.
    Dan Holiday stand, an seinen Town Car gelehnt, auf dem kleineren Parkplatz und beobachtete, wie Gus Ramones Tahoe neben ihm zum Stehen kam. Ramone stieg aus und kam auf Holiday zu. Dabei fiel diesem auf, wie verknittert Ramone aussah.
    »Danke, dass du gekommen bist«, sagte Ramone.
    »Was hast du denn gemacht, in dem Anzug geschlafen?«
    »Ich musste heute richtig was tun für mein Geld.«
    Holiday zog eine Schachtel Marlboro aus der Jacketttasche. Er klopfte eine

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