Der Totenkopf - Scream Street; 5
Blick und mussten sehr an sich halten, um nicht laut loszuprusten. »In deiner Welt glaubt man also, dass Hexen und Zauberer auf Putzwerkzeugen herumfliegen?«
Cleo klemmte sich einen Besen zwischen die Beine und sauste damit im Zimmer herum. »Seht her!«, rief sie. »Ich bin eine fliegende Hexe!«
Bei ihrem Anblick musste Rhesus so lachen, dass er rücklings aufs Bett plumpste.
Luke zog sich seine Skelettmaske über das Gesicht, damit die anderen nicht sahen, wie verärgert er war. Wer hätte geahnt, dass Halloween so harte Arbeit werden würde?
Entschlossen marschierte Luke in seinem Skelettkostüm die Scream Street entlang. Cleo und Rhesus trotteten hinter ihm her, noch immer als Hexe und Zauberer verkleidet und darüber sichtlich nicht besonders glücklich.
»Ich sehe doch total dämlich aus«, grummelte die Mumie.
»Das sollst du ja auch!«, sagte Luke mit Nachdruck. »Es ist schließlich Halloween.«
Rhesus seufzte. »Also gut, bringen wir es hinter uns.«
»So ist’s recht!«
Plötzlich taumelte eine Gestalt in einem kränklichen Grün aus einem nahen Garten auf die Straße. Sie führte leise Selbstgespräche. »Total krass, Mann! So macht das doch echt keinen Spaß mehr!«
»Was ist denn los, Doug?«, fragte Cleo, als sie in ihm einen der Zombies der Scream Street erkannte.
Doug drehte sich mit gekrümmtem Rücken zu ihnen um. »Ich stecke tief in der Scheiße, Kumpels.«
Luke musste mehrfach blinzeln, als ihm der üble Mundgeruch des Zombies durch seine Skelettmaske entgegenschlug. »Wieso, was ist denn passiert?«
»Ich habe mir gestern mit Torf die Nacht um die Ohren geschlagen«, erklärte Doug. »Deshalb habe mich heute tagsüber unter einen Busch gelegt, um ein kleines Nickerchen zu halten. Aber als ich aufgewacht bin, gerade eben, da habe ich gemerkt –« Der Zombie drehte sich seitlich, damit man sehen konnte, dass ihm ein kompletter Arm fehlte. Über seine eitrige Schulter krabbelten Maden. Cleo würgte.
Rhesus grinste sie an. »Was hast du denn? Ich hab schon immer gewusst, dass Doug ’armlos ist!«
Luke zog sich seine Maske vom Kopf, um sich die Wunde besser ansehen zu können. Anscheinend war Doug der Arm einfach ausgerissen worden, sodass man jetzt den verwesenden Muskelansatz und die bröckelnden Knochen sehen konnte. »Und das ist also passiert, während du geschlafen hast?«, fragte er ungläubig.
Doug nickte. »Torf hat ein bisschen Hirnsaft von ’nem südamerikanischen Mathematiker in die Hände bekommen. Nach ein paar Gläsern von dem Zeug schläft man echt wie ’n Baby!«
»Na, das ist ja aller hand !«, scherzte Rhesus.
Cleo stieß dem Vampir den Ellbogen in die Seite und lächelte Doug mitfühlend an. »Wer könnte den Arm denn deiner Meinung nach genommen haben?«
»Ja«, ergänzte Rhesus, »wer könnte Hand angelegt haben?«
Der Zombie zuckte mit den Schultern – was mit einem fehlenden Arm gar nicht so einfach war.
»Sollen wir dir bei der Suche nach deinem Arm unter die Arme greifen?«, fragte Rhesus, der hoffte, dadurch vielleicht Lukes Halloweenplänen entkommen zu können.
»Nein, danke, kleiner Vampirfreund – ihr seid alle so schön zurechtgemacht, und ich will nicht, dass ihr euch eure tollen Klamotten versaut!« Mit Leidensmiene klatschte der Zombie jeden der drei Freunde ab und schlurfte davon.
Luke zog sich wieder seine Maske über und sah Rhesus und Cleo an. »Also los. Mir nach!«
Die drei Freunde schlenderten weiter die Straße entlang und Luke suchte ihr erstes Zielobjekt aus. Die hohen, unförmigen Häuser verschwanden halb in den dunkelgrauen Wolken, die am Mond vorbeizogen. Abgestorbene Bäume ragten aus dem Asphalt, als seien sie Hände, die aus Gräbern hervorragten.
Lukes Familie war mit G.H.U.L. – der Gesellschaft für Häuser ungewöhnlicher Lebensformen – in die Scream Street umgezogen, nachdem er sich in einen Werwolf verwandelt und einen Raufbold aus seiner alten Schule angefallen hatte. Seither bestand sein Leben aus einer sich schier endlos hinziehenden Suche nach den Relikten, die die Gründer der Gemeinde hinterlassen hatten. Sie könnten Luke die nötige Macht verleihen, einen Durchgang nach Hause zu öffnen und seine eingeschüchterten Eltern endlich in ihre eigene Welt zurückzubringen. Der Verwalter der Scream Street, Sir Otto Feist, wollte sich die Relikte jedoch für seine eigenen Zwecke unter den Nagel reißen. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit versuchte er, sie gewaltsam an sich zu bringen, sodass die
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