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Der Totenschmuck

Titel: Der Totenschmuck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stewart Taylor
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eintrat.
    Sie erschien oben am Treppenabsatz, einen Finger an ihre Lippen gelegt.
    »Schschsch. Megan schläft schon.«
    »Ist sie wieder da?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    Er rannte auf die Straße und suchte in der Dämmerung mit dem Blick die verlassenen Fußwege und die erleuchteten Fenster der Häuser ab, aus denen bläuliches Licht von den Fernsehern flimmerte. Ohne Auto konnte sie nicht allzu weit sein, sagte er sich. Er begann, die Straße hinabzulaufen, rief: »Maura? Liebling?« und sah in die Garageneinfahrten und Vorgärten. Er war die Straße schon zur Hälfte entlanggerannt, als Mrs Maiorelli, eine großmütterliche Frau, die ihnen echten Parmesan vorbei gebracht hatte, als sie gerade eingezogen waren, aufgeregt aus der Haustür trat und fragte: »Suchen Sie Ihre Frau?«
    »Ja, ist sie …?«
    Mrs Maiorelli zeigte auf ihren Garten. Er sah, dass im Haus der Fernseher lief, und der Duft von gebratenen Zwiebeln drang durch die Frühlingsluft in seine Nase.
    »Sie ist da hinten. Ich habe versucht, mit ihr zu reden, aber sie wollte nicht zuhören. Also habe ich sie dort in Ruhe sitzen lassen.«
    »Danke, Mrs Maiorelli. Kann ich …« Er deutete auf ihr Gartentor.
    »Ja, ja. Gehen Sie nur.«
    Quinn war bisher nicht im Garten der Maiorellis gewesen, und er war erstaunt, was für eine schöne kleine Oase sie aus den wenigen Quadratmetern hinter ihrem Haus gemacht hatten. Rund um den Rasen herum gab es Blumenbeete, und an der einen Seite hatten sie eine Erhöhung mit einem Steingarten angelegt. Ganz oben stand ein Zwergkirschbaum, der einem weiteren kleinen Garten Schatten spendete, und unter dem Baum standen eine schmale Bank und eine Engelsstatue.
Maura saß auf der Bank. Sie wirkte verzweifelt, und in dem Schein der Außenbeleuchtung sah er, wie ihr die Tränen die Wangen hinabliefen.
    Als er über die Wiese auf seine Frau zuging, erinnerte Quinn sich daran, wie er sie zum ersten Mal gesehen hatte. In den Ferien vom College war er mit ein paar Kommilitonen auf eine Party gegangen. Als er spät nach draußen gegangen war, um frische Luft zu schnappen, hatte er ein junges Mädchen auf einem Stuhl in einer Ecke des Hofes sitzen sehen, das einsam in die Dunkelheit geblickt hatte.
    Genau das hatte ihn angezogen, das wusste er jetzt. In dieser Nacht hatte er sie erwählt, und all die anderen Nächte hatte er sie im Arm gehalten, wenn sie niedergeschlagen war, weil ihm die Vorstellung von jemandem gefiel, der so tief empfinden konnte.
    »Maura«, sagte er leise. »Ich habe mir Sorgen um dich gemacht.«
    »Ja«, erwiderte sie, blickte zu ihm auf und lächelte wie durch ein Wunder. »Es tut mir leid. Ich wollte nur … ich wollte nur hierherkommen und neben dem Engel sitzen.« Sie zeigte auf die kleine Statue.
    Er wusste nicht, was er darauf antworten sollte, setzte sich neben sie auf die Bank und nahm ihre Hand. Sie ließ ihn gewähren, und gerade als er vorschlagen wollte, ob sie wieder nach Hause zurückgehen sollten, blickte sie ihn an, und er sah sie wieder, sah in ihren Augen, dass sie wieder die alte Maura war.
    »Es geht mir besser«, sagte sie und lächelte erneut. »Ich bin heute Morgen aufgewacht und habe mich wie ein neuer Mensch gefühlt, als könnte ich wieder teilhaben am Leben.«
    »Wirklich?« Er versuchte, die Freude in seiner Stimme zu verbergen. Der Arzt hatte gesagt, er solle nicht zu sehr zeigen, wie sehr er es sich wünschte, dass es ihr wieder besser ging.

    »Es ist seltsam«, überlegte sie. »Es war, als hätte ich etwas aufgegeben. Ich glaube, jetzt wird alles gut.«
    Er blickte zur Seite und sah Mrs Maiorelli in einem der Fenster stehen, die nach hinten gingen. Die Engelsstatue leuchtete weiß in der nebligen Nacht.
    »Ich bin so froh.« Er nahm sie in den Arm und streichelte ihr Haar. Erst da bemerkte er, dass auch er weinte.

Achtunddreißig
    Sweeney verbrachte den folgenden Tag zu Hause und arbeitete. Sie versuchte, mit der Benotung von Seminararbeiten und mit ihrem Buch weiterzukommen. Sie las den ersten Entwurf eines Artikels über einen Grabstein von 1690, den sie auf dem Connecticut-Friedhof entdeckt hatte, und gegen neun fühlte sie sich erschöpft und etwas benommen. Sie schlüpfte in ihre Lederjacke, ging ins Easter 1916 und hoffte auf eine Session mit traditioneller Musik. Als sie eintrat, wusste sie, dass sie den richtigen Abend erwischt hatte; der regelmäßige Trommelschlag und das nasale Zirpen der Flöten schollen ihr entgegen und die Musik vertrieb die kalte Luft.
    Obwohl

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