Der Totenschmuck
gelassen, noch dazu auf seinem Körper, und der Polizei diesen Fingerzeig gleich mitgeliefert?
Das Lied endete mit einer Fanfare, sie öffnete die Augen und klatschte mit den übrigen Zuhörern. Als die Musiker lächelten und sich für den Beifall bedankten, blickte sie auf und sah, wie sich ein Mann mit einem Drink in der Hand einen Platz suchte. Sie erkannte ihn nicht sofort.
Es war Quinn.
Er trug Jeans und einen Anorak, und er erkannte sie auch erst auf den zweiten Blick. Sie konnte den Ausdruck, der auf sein Gesicht trat, nicht genau deuten. Er blickte zu Boden. Er schien sich schuldig zu fühlen, dachte sie. Das war es. Nachdem er sie bemerkt hatte, blieb ihm nichts anderes übrig, als herüberzukommen und sich auf den Stuhl, der neben ihr stand, zu setzen.
»Hallo«, sagte er. »Ich bin überrascht, Sie hier zu sehen.«
»Ja, also, mir war einfach nach einer Session. Und Sie? Kommen Sie regelmäßig her?« Das nächste Stück hatte begonnen, die Musik wurde lauter, und die Spieler fanden nacheinander ihren Einsatz.
»Ja, es ist nicht so weit von zu Hause. Maura und das Baby schlafen schon und diese Brad-Putnam-Sache will mir nicht aus dem Kopf, also habe ich gedacht, ich gehe raus und gebe mir eine Portion Musik.« Er sah Sweeney schuldbewusst an, und sie dachte, er fürchtete, dass sie es missbilligen würde, dass er allein ausging. »Mein Vater war Trommler. Ich habe einen guten Draht dazu.«
Sweeney schmunzelte. »Ich war mit einem Iren verlobt. Als ich noch in England gelebt habe. Er hat Flöte gespielt. Und er hat mich immer zu den Sessions mitgenommen.«
»Wirklich?« Er wirkte überrascht. »Heute Abend sind sie richtig gut.« Sweeney nickte, und sie hörten schweigend der Musik zu. Als Sweeney zu Quinn herübersah, hatte er die Augen geschlossen und klopfte im Takt mit dem Fuß auf die Erde.
Die Musiker hatten gerade ein langes Stück beendet, und die Zuhörer applaudierten, als Quinns Handy klingelte. Er
griff im Aufstehen danach und im Verlassen des hinteren Raumes nahm er das Gespräch an. Sweeney beobachtete, wie er sich in eine kleine Nische neben der Tür duckte. Er telefonierte nicht lange, kam zurück und holte seinen Mantel.
»War nett, Sie zu sehen«, sagte er und drängte sich durch die Menge.
»Warten Sie …« Aber er wartete nicht, und Sweeney folgte ihm nach draußen auf den Bürgersteig. »Ist alles in Ordnung?«, rief sie.
»Ich muss los«, gab er zurück. »Noch ein Unfall mit Fahrerflucht.«
Sweeney wurde plötzlich kalt. »Wer?« Ein Paar verließ lachend und stolpernd die Bar, und sie trat zur Seite, um die beiden vorbei zu lassen.
Quinn zögerte kurz, bevor er zu ihr zurückging. »Melissa Putnam«, sagte er. »Unten in Newport.«
Neununddreißig
Es war nach eins, als Sweeney etwas zu schnell die Massachusetts Avenue zur Universität und zu Becca Dearbornes Wohnheim hinunterbrauste. Quinn hatte ihr gestattet, ihn nach Hause zu fahren, und sie hatte ihm von Melissas Nachricht erzählt.
»Was hat sie gesagt?«, hatte er gefragt, als sie in ihrem Golf saßen.
»Nur, dass sie mit mir reden und zurückrufen wollte. Sie hat keine Nummer hinterlassen, sonst hätte ich mich bei ihr gemeldet. Was ist denn passiert?«
»Offenbar konnte sie nicht schlafen und hat gegen halb zehn zu ihrem Mann gesagt, dass sie einen Spaziergang machen wollte. Ungefähr eine Stunde später ist jemand von einer Kneipentour in der Stadt zurückgekommen und hat sie am Straßenrand liegen sehen. Es hat sie nicht so schlimm erwischt - möglich, dass es ein Unfall war -, aber sie ist mit dem Kopf auf die Bordsteinkante geknallt und hat das Bewusstsein verloren. Aber die Ärzte meinen, dass sie durchkommt.«
»Um Gottes willen, könnte das etwas mit Brad zu tun haben?«
»Das wüsste ich auch gern«, hatte Quinn entgegnet. »Ich habe gefragt, ob ich hinfahren kann, aber das wurde abgelehnt. Vermutlich kümmern sich die Kollegen in Newport darum. Wir müssen abwarten. Vielleicht saß jemand betrunken am Steuer und hat sie nicht gesehen.«
»Aber Sie müssen zugeben, es ist schon ziemlich merkwürdig, dass sie mich angerufen hat. Ich bin ihr nur ein, zwei Mal begegnet. Ich denke, sie wusste, dass ich mich mit dem Schmuck befasse …«
Quinn hatte ihr einen raschen Blick zugeworfen. »Sie meinen, sie hat Sie wegen des Schmucks angerufen?«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Mein Kollege hat in ein bis zwei Tagen das Ergebnis. Ich weiß nicht, wie das alles funktioniert, aber ich glaube, es dauert
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