Der Toyota Weg
Zuliefernetz auf JIT umzustellen. Was aber hat Ford aus Toyota-Perspektive falsch gemacht?
– Ford übertrug einem extern eingekauften Manager die Verantwortung für ein Multi-Milliarden-Dollar-Logistiknetzwerk und ließ ihn Entscheidungen von großer Tragweite auf Basis seiner persönlichen Visionen treffen.
– Dieser Manager kannte die „Ford-Methode“ nicht und hatte auch nur eine oberflächliche Vorstellung davon, wie ein JIT-Logistiknetzwerk errichtet wird. Zum Beispiel würde Toyota nie auf die Idee kommen, „jedes Teil jeden Tag“ zu liefern. Das ist bei einigen Teilen sinnvoll, aber nicht bei allen.
– Der verantwortliche Manager übertrug einen erstaunlich großen Teil der Verantwortung auf einen externen Geschäftspartner, mit dem Ford bis dahin keine engen Geschäftsbeziehungen unterhielt – zumindest nicht auf diesem Gebiet und nicht bei einem Projekt dieser Größenordnung.
– Der externe Geschäftspartner war ein Unternehmen, das sich allein auf Logistikmanagement konzentrierte und über keinerlei Expertise mitHinblick auf das Ford Production System verfügte. Das Unternehmen kannte sich mit Frachttransport aus, und das war das einzige „Netzwerk“, das es optimieren wollte – die Frachtkosten.
– Der externe Geschäftspartner hatte die Mission von Nirvana nie verstanden bzw. nie daran geglaubt und dachte eigentlich, Ford mache einen Fehler, der nur zu höheren Kosten führen könne.
– Ford schaltete ein externes Unternehmen zwischen seine Werke und das Logistiknetzwerk. Das war eine Garantie für politische Grabenkämpfe zwischen verschiedenen Funktionen, die zu ihrem eigenen Nutzen suboptimieren wollten.
Der letzte Punkt ist wichtig. Toyota arbeitet hart daran, die Barrieren zwischen den unterschiedlichen Funktionsbereichen einzureißen, damit alle auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten. Indem Ford einen externen Logistikdienstleister mit dem einzigen Ziel engagierte, die Kosten des Transportnetzwerks zu reduzieren, garantierte es beinahe Konflikte und Suboptimierung. Der Penske-Manager dazu:
Wir (Penske) stehen zwischen den Werken und dem Zuliefernetzwerk. Die Werke wollen das, was für sie am besten ist. Die Optimierung der Lieferkosten ist für ein Werk vielleicht nicht die billigste Lösung. Ein Werk will vielleicht von einem bestimmten Zulieferer fünf Mal die Woche beliefert werden. Wenn ich ein Mal die Woche mit einer ganzen Wadenladung vorfahre, spare ich dem Zuliefernetzwerk Geld, aber erfülle nicht die Bedürfnisse des Werkes. Die Werke wollen immer JIT-Lieferung. Das Zuliefernetzwerk wird aber vielleicht auf eine geringere Lieferfrequenz und damit kostengünstigere Lieferungen umstellen wollen. Ich spreche mit den Werken nur über Zahlen, und sie machen es umgekehrt genauso. Wenn meine Zahlen besser aussehen als ihre, habe ich gewonnen, und dann gewinnt das Zuliefernetz.
Das Ergebnis war, dass Ford nie echte JIT-Lieferungen erhielt und riesige Summen verschwendet wurden. Das Logistiknetzwerk, das Penske nach dem Nirvana-Projekt wieder nach altem Muster ausrichtete, war immer noch ein Kompromiss. Als zum Beispiel die Werke ihre Lagerflächen frei machten, errichteten sie auf den frei gewordenen Flächen mehr Produktionskapazitäten und verringerten die Lagerflächen für Teile, die nicht so oft geliefert wurden. Das zwang Penske dazu, Lagerflächen in Werksnähe anzumieten.
Im Gegensatz dazu übertrug Toyota Transfreight nicht einfach die Verantwortung für das Cross-Docking, sondern integrierte Transfreight ganz langsam und bewusst über einen
Zeitraum von zehn Jahren
in dasausgedehnte Unternehmensnetzwerk. Transfreight war ein Joint Venture, das 1987 zwischen TNT Logistics und der Mitsui Trading Company – einem Teil des Toyota-Konzerns in Japan – gegründet worden war. TNT Logistics verfügte bereits über ein Logistiknetzwerk, und Toyotas Ziel war es, so viel wie möglich vom US-Zuliefergeschäft in den USA abzuwickeln. Mitsuis Rolle bestand in einer stillen Teilhaberschaft, wobei Toyota die Kontrolle über das Joint Venture hatte (eigentlich waren sie zu gleichen Teilen Eigner). Das erste Cross-Dock wurde unter intensiver Beteiligung von TPS-Experten aus dem Hause Toyota errichtet. Ein Toyota-Berater aus Japan nahm das erste Cross-Dock in Begleitung des Werksmanagers von Transfreight persönlich in Augenschein und zeichnete auf den Boden, wie das System beschaffen sein sollte.
Das Cross-Dock soll mehrmals am Tag Lieferungen von verschiedenen Zulieferern
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