Der Toyota Weg
von außen eingekauft. Aber Toyota achtet dennoch darauf, seine internen Kompetenzen zu wahren, und das gilt selbst für die outgesourcten Komponenten. Das derzeitige Managementcredo lautet „Kernkompetenzen“. Toyota hat eine sehr deutliche Vorstellung von seinen Kernkompetenzen, definiert diese aber sehr breit. Das geht zurück auf die Gründung des Unternehmens, als Toyota beschloss, alles allein zu machen, anstatt Designentwürfe und Autoteile von etablierten US-amerikanischen und europäischen Herstellern zu kaufen.
Wie in Kapitel 2 besprochen, ist eine der Wurzeln der Philosophie des Hauses das Konzept, sich auf sich selbst zu verlassen. Das kommt auch in dem internen Dokument über den Toyota-Weg zum Ausdruck: „Wir wollen unser eigenes Schicksal bestimmen. Wir verlassen uns in allem, was wir tun, auf uns selbst und vertrauen unseren eigenen Fähigkeiten.“ Die Auslagerung von Schlüsselkompetenzen an externe Partner würde im Widerspruch zu dieser Philosophie stehen. Toyota verkauft, entwickelt und produziert Transportfahrzeuge. Wenn Toyota 70 Prozent der Bestandteile eines Fahrzeugs an Zulieferer outsourcen würde, die die Technologie für Toyota und alle seine Wettbewerber steuern würden, wie könnte Toyota dann erfolgreich sein bzw. sich von anderen Herstellern unterscheiden? Wenn eine neue Technologie für ein Fahrzeug erfolgsentscheidend ist, dann will Toyota der weltweit führende Experte in dieser Technologie sein. Toyota will gemeinsam mit seinen Zulieferern lernen, aber niemals das gesamte zentrale Wissen und die Verantwortung in irgendeinem Kernbereich an externe Zulieferer abgeben.
In Kapitel 6 wurde der Prius vorgestellt. Eine der zentralen Komponenten des Hybridmotors ist der Insulated Gate Bipolar Transistor IGBT, ein Halbleiterbauelement, das die Batteriespannung erhöht und Gleichstrom in Wechselstrom konvertiert, um den Motor anzutreiben.
Toyotas Ingenieure waren keine Halbleiter-Experten, aber statt diese wichtige Komponente extern herstellen zu lassen, entwickelte Toyota sie selbst und errichtete für ihre Produktion eigens ein funkelnagelneuesWerk. Und das alles innerhalb der äußerst knappen Zeitspanne, die für die Entwicklung des Prius zur Verfügung stand. Toyota betrachtete Hybridfahrzeuge als den nächsten Schritt in die Zukunft, und es war entschlossen, sich dabei auf sich selbst zu verlassen. Wenn Toyota auf diesem Gebiet einmal eigene Expertise besaß, konnte es immer noch selektiv ausgelagert werden. Maßgebliche Führungskräfte bestanden darauf, die Transistoren selbst herzustellen, weil sie darin eine Kernkompetenz für die Entwicklung und Fertigung zukünftiger Hybridfahrzeuge sahen. Toyota ist stets bestrebt, neue Technologien zunächst selbst zu erproben und zu verstehen. Außerdem wollte es sich nicht darauf verlassen, dass andere Unternehmen ebenso große Anstrengungen unternahmen, die Kosten zu senken, wie Toyota selbst.
In Kapitel 6 wurde erwähnt, wie Toyota die Entscheidung traf, mit Matsushita zu arbeiten, um die Batterietechnologie, die das Kernstück des Hybridantriebs und zukünftiger Treibstoff sparender Fahrzeuge ausmacht. Toyota wollte diese Kompetenz unbedingt selbst entwickeln, hatte aber letztlich nicht die Zeit. Anstatt die Verantwortung aber einfach an Matsushita abzugeben, gründete Toyota mit Matsushita ein Joint Venture unter dem Namen Panasonic EV Energy. Das war nicht Toyotas erste Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Matsushita. Die Sparte Elektrofahrzeuge hatte gemeinsam mit Matsushita bereits eine NiMH-Batterie für eine elektrobetriebene Version des Geländewagens RAV4 entwickelt, insofern bestanden bereits Beziehungen, die in einer erfolgreichen Zusammenarbeit erprobt waren. Doch selbst vor dem Hintergrund der gemeinsamen Arbeitserfahrungen stellte das Joint Venture die unterschiedlichen Unternehmenskulturen beider Partner auf die Probe. Yuichi Fujii, damals General Manager von Toyotas Elektrofahrzeugsparte und Prius Battery Supervisor äußerte sich an einem bestimmten Punkt seiner Frustration folgendermaßen (wie in Itazaki, 1999, zitiert):
Ich habe das Gefühl, dass sich bei einem Automobilhersteller und einem Hersteller von elektrischen Geräten die Wahrnehmung der Dringlichkeit der Einhaltung geplanter Durchlaufzeiten erheblich voneinander unterscheiden. Ein Toyota-Ingenieur hat es einfach im Blut, dass die Vorbereitung der Entwicklung zur Produktion zu einem bestimmten Zeitpunkt geschehen muss. Dagegen habe ich das Gefühl, dass
Weitere Kostenlose Bücher