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Der träumende Diamant 2 - Erdmagie

Titel: Der träumende Diamant 2 - Erdmagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shana Abé
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befahren hatten. Dort, wo die Kutsche gestanden hatte, waren nun nur noch Spuren zu sehen, die den Schlamm und den Schnee durchzogen. Das Feuer war erloschen. Und Zane war ebenso wie das Gespann, die Pferde und der Zigeuner verschwunden.
    Sie setzte sich auf und zog die Decken um sich herum. Ein neuer Windstoß erfasste sie und zerzauste ihr das Haar. Sie fuhr sich verstört mit der Hand über das Gesicht und starrte zurück auf die Spuren auf der Straße. Sie beschrieben eine Kurve im Erdboden und im Geröll und verdeckten damit die gestrigen Abdrücke.
    Der Wind schnitt durch die blauen Fichten und Tannen, wurde stärker und ließ wieder nach. Lia mühte sich auf die Beine. Mit der Decke, die sie sich um die Schultern geschlungen hatte, ging sie zum Rand der Lichtung, wo die Kutsche gestanden hatte. Dort fanden sich die Abdrücke der Hufe von allen vier Pferden sowie verschiedene menschliche Spuren von Zanes Stiefeln und den weicheren Sohlen des Zigeuners, die in alle Richtungen führten. Aber dort, genau dort, war deutlich zu sehen, wie die Kutsche gewendet hatte, um zurück zur Straße zu gelangen. Die Pferde waren zunächst
im Schritt gegangen, dann jedoch, weiter unten, in leichten Trab verfallen.
    Und dazwischen, tiefer eingegraben, fanden sich die Abdrücke eines rennenden Mannes: Zane, der hinterhergeeilt war.
    Diese Spuren zogen sich über den gesamten Hügel und waren in den Schlamm gepresst, so weit Lias Auge reichte.
    Sie drehte sich zum erloschenen Feuer zurück, setzte sich wieder auf das Schaffell und wartete. Über den Wald rings um sie herum hatte sich vollkommene Stille gelegt. Sie sehnte sich nach Vogelgezwitscher oder danach, dass noch einmal eine Brise aufkommen mochte, nach irgendetwas, das diesen Bann brechen könnte. Draumr gehorchte und erhob sein Lied, aber Lia war es leid. Sie presste sich die Hände gegen die Ohren und starrte hinab auf die zu Boden gefallenen Blätter und Tannenzapfen, dachte an Würmer und Erde und den Griff des harschen Winters in der Luft, der ihre Haut erfasst hatte.
    Wolken sammelten sich in den Baumwipfeln, majestätische, schwere Wolken, die sich träge auftürmten und dann zerrissen, nur um sich von Neuem, schwarz, ungeordnet und ohne Konturen zu sammeln. Es würde wieder schneien. Sie fühlte dieses Versprechen in all ihren Gliedern.
    »Zane«, rief sie laut, bekam aber keine Antwort.
     
    Als er den Hügel wieder emporstieg, hatte er Seitenstechen, und in seinem Kopf hallten die Selbstvorwürfe. Er hätte es ahnen müssen, er hätte es wissen müssen …
    Aber er hatte es nicht vorausgesehen. Zwar hatte er dem Roma nie wirklich getraut, aber er hatte auch nicht an die schlimmsten aller Folgen geglaubt.

    Er war vom Klirren des Geschirrs erwacht, vom Klang weicher Hufe auf dem Schnee. Die Pferde waren aufgeregt; er spürte ihr unruhiges Schnauben, als stünden sie unmittelbar neben ihm. Einen Augenblick später hatte sein Geist die Einzelheiten zu einem Bild zusammengefügt und die Bedeutung erfasst. Er war aufgesprungen, hatte Lia unter der Decke zurückgelassen und der Kutsche hinterhergestarrt, wie sie den Hügel hinunter in den Dunst einer lavendelfarbenen Morgendämmerung hinein verschwand.
    Dieser Hurensohn. Wie hatte er die Pferde anspannen können, ohne ihn zu wecken?
    Aber es blieb keine Zeit für solche Gedanken. Zane hatte vollständig bekleidet geschlafen. Die Nacht verlangte danach, und in diesem Augenblick war er verdammt froh darüber, denn so spürte er nicht die steinige Erde unter seinen Füßen, während er rannte, und er bemerkte nicht die Kälte des frühen Morgens, die ihn einhüllte. Aber der Zigeuner hatte ihn bemerkt, und vier Pferde waren schneller als ein einzelner, wutschnaubender Mann. Mit einem hohen Sep! Sep ! peitschte er die Rosse zum Galopp. Die Kutsche und mit ihr ihre neuen Truhenkoffer, ihre neue Kleidung und beinahe alles andere, was sie benötigten, rumpelte den Berg hinab.
    Zane rannte und rannte, wurde langsamer und blieb schließlich stehen.
    Es war ein langer Weg den Pfad wieder empor.
    Sie wartete auf ihn. Eingehüllt in ihren Mantel saß sie an seinem Feuer, die Haare zerwühlt auf den Schultern, die Arme um die Knie geschlungen.
    Sie hatte ihre Bänder und Rockreifen zum Schlafen abgelegt. Ihr Kleid umschmiegte sie wie ein Stückchen königsblauer Himmel.

    »Ich habe ihn verloren«, gab er zu, und unbändiger Zorn ließ seine Stimme beben.
    Sie ließ den Kopf sinken; ein Sonnenstrahl umgab sie mit einem

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