Der träumende Diamant 2 - Erdmagie
Orgelpfeifen, und Teig kneteten. Lia bezweifelte, dass eine von ihnen Englisch verstand, dennoch wusste sie, dass sie trotzdem angestrengt lauschen würden.
Mehl vom Teig hatte den Boden bestäubt und wirbelte jetzt zu kleinen Wölkchen auf.
»Es ist nicht die Schwindsucht?«
»Nein.«
»Die Blattern? Die Pest?«
»Ich bitte dich.«
»Ist es Liebe?«, fragte er beiläufig und sehr trocken.
»Halt den Mund.«
»Was ist es denn dann, was dir solche Sorgen bereitet, meine liebe Gattin?«
»Nichts.«
»Ich weiß nicht, was schlimmer wäre«, sagte er und schlug den Spitzenbesatz an seinem Ärmelaufschlag zurück, um eingelegte Rote Bete auf seinem Teller aufzuspießen. »Zu deinen Eltern zurückkehren zu müssen und zu sagen Amalia ist an der Schwindsucht gestorben oder Amalia ist an Torheit gestorben, weil sie sich mir nicht anvertrauen wollte . Während ich ihr den Rücken zuwandte, fürchte ich, kam ein Drache und verschlang sie .«
Lias Blick flackerte zu der Frau, die kaum einen Meter von ihr entfernt stand.
»Sprich dieses Wort nicht aus.«
»Welches Wort?« Er lächelte bösartig. »Drache?«
Sie dämpfte ihre Stimme. »Versuchst du, dafür zu sorgen, dass wir mit dem Messer abgestochen oder einfach nur hinausgeworfen werden?«
»Ja, entschuldige, du hast vollkommen recht. Ich würde es vorziehen, nicht abgestochen zu werden, zumindest nicht, ehe ich nicht dieses ausgezeichnete Schaf verspeist habe. Du solltest es kosten, meine Liebe. Etwas zäh, aber herrlich würzig.« Bedeutungsschwer nickte er auf das Hammelfleisch vor ihr auf dem Teller, dann zurück zu der rundgesichtigen Frau. Sein Lächeln war schön und strahlend. »Lass es mich nicht noch einmal aussprechen.«
Er sah ihr zu, als sie ihr Fleisch in Häppchen schnitt und Stück für Stück verspeiste. Er hatte seinen Teil aufgegessen, kurz bevor sie fertig war, lehnte sich auf seiner Bank zurück und nahm einen Schluck von dem Cidre, den sie sich in einem Becher teilten.
Das schwere Klatschen von Fäusten, die den Teig bearbeiteten, erfüllte die Luft, gedämpft und seltsam tröstlich. Der duftige Geschmack von Hefe sammelte sich warm auf ihrer Zunge. Zwei der Töchter begannen eine lebhafte, leise Unterhaltung. Zane sprach kaum mehr hörbar.
»Schlechte Träume, Löwenmäulchen?«
Mit der Gabel stocherte sie auf ihrem Teller herum und wendete ein Stück Fleisch. »Ja.«
Er schlug die Augen nieder. Einen Moment ließ Lia ihren wachsamen Schild sinken; sie starrte Zane hilflos an, zornig auf sich selbst und auf ihn. Verzweifelt kämpfte sie dagegen an, im Anblick seines Gesichts, seiner Kehle und des Schwungs seiner Schultern zu ertrinken, und mit aller Macht versuchte sie, die Erinnerung an ihre blinden Nächte mit ihm zu verdrängen, die sie wie eine schwarze, hungrige Flut zu verschlingen drohte. Und dann sah er auf, und sie wandte den Blick ab.
»Dabei könnte ich dir helfen«, sagte er. »Ich könnte dir helfen, Schlaf zu finden.«
Sie holte Atem, um sich zu beruhigen. »Wie denn?«
Sein Mund verzog sich.
Lia spürte, wie das Tier in ihr erneut erwachte und wie sein Blut pulsierte.
»Kräuter«, sagte Zane und nahm einen weiteren Schluck. »Unsere Bäckerfreundinnen dort drüben zum Beispiel haben dem Brot Thymian und Rosmarin beigegeben. Kannst du es riechen? Und das Hammelfleisch war ausgesprochen stark gewürzt. Ich würde wetten, sie hat einen ganzen Vorrat an Kräutern in ihrem Schrank. Es kann nicht schaden, sie danach zu fragen.«
Ihre Hand schmerzte. Lia umklammerte ihre Zinngabel so
kräftig mit den Fingern, dass diese weiß geworden waren. Langsam legte sie sie beiseite. »Was verstehst du denn von Kräuterkunde?«
»Nur so viel, wie es für mich von Nutzen ist.« Er zuckte mit den Schultern. »Ein erfolgreicher Geschäftsmann lotet alle Winkel und Ecken seines Wirkungsfeldes aus. Bei manchen - heiklen - Erledigungen ist es besser, wenn der Wachmann schläfrig ist und nicht hellwach. Die meisten von ihnen neigen dazu, sich noch vor zehn Uhr halb besinnungslos zu saufen, aber für jene, bei denen das nicht der Fall ist, …« Er warf ihr ein wahrhaft boshaftes Lächeln zu.
»Ein Apothekergeschäft wäre noch besser, aber ich bezweifle, dass wir hier in der Nähe eines finden werden. Trotzdem … ein bisschen hiervon, ein bisschen davon. Es könnte gegen deine Träume helfen.«
»Mach dir keine Gedanken. Es wird schon gehen.«
»Ja«, sagte der Dieb und beugte sich vor, um ihre Hand für einen kurzen Moment mit
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