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Der Träumer

Der Träumer

Titel: Der Träumer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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glauben, Paulchen, gerne glauben, auch wenn du noch so deutlich lügst und krampfhaft das Erröten unterdrückst. Ich freue mich über deine Liebeslüge. Dein Bestreben, mir Gutes zu tun, macht mich selig.
    Schweig nicht schon wieder, Paulchen, sprich! Deine Stimme will ich hören, nur ihren Klang, ganz egal, welche Worte er füllt.
    »Sie kochen eine Suppe?«
    »Ja. Schätzen Sie Suppen nicht?«
    »Und wie!«
    Ich trete an den Herd heran, wobei ich frage: »Darf ich sehen?«
    »Nicht gern. Ich liebe Töpfegucker nicht«, antwortet Paulchen halb im Scherz, halb im Ernst.
    Mich reitet der Teufel.
    »Ich habe nie gewußt, daß Sie mich lieben könnten«, sage ich.
    Jetzt schweigst du, aber du erglühst. Hab' ich dein Herz getroffen, Paulchen? Erwartest du nun noch mehr als diese kecke Antwort?
    Still rührt sie in dem Topf, blickt nicht mehr auf und lächelt nicht mehr.
    Ich weiß nicht, wie ich mich entscheiden soll. Helft mir, o Götter! Soll ich am Küchenherd das schönste aller Worte sprechen? Die Suppe könnte überkochen, wenn wir still uns küssen. O Paulchen, Paulchen, wie schwierig ist es doch zu lieben, wenn man als Schriftsteller die richtigen Worte sucht und einem keines gut genug und passend erscheint.
    Die Gelegenheit geht ungenutzt vorüber. Schweigend verlasse ich die Küche und begebe mich wieder ins Speisezimmer. Jedoch beim Wenden seh' ich noch, wie Paulchen wieder lächelt. Ach, ich bin wütend auf mich, mir fehlt's an Mut, ich bin ein Feigling, ein passiver Träumer.
    Verärgert werfe ich mich in den Sessel, starre aus dem Fenster, zähle finster eine Vogelschar, die lärmend auf der Dachrinne eines halbzerstörten, unbewohnten Hauses hockt. Bei 27 geht hinter mir die Tür, ertönt ein leichter Schritt, Paulchen trägt unsere Suppe auf. In die Stirn hängt ihr eine blonde Locke, die dem Versuch, zurückgeblasen zu werden, mühelos widersteht. Erst als Paulchen die Terrine abgesetzt und dadurch ihre Hände wieder frei hat für Aufgaben der Kosmetik, erfährt die Locke eine rasche Verweisung auf ihren angestammten Platz. Schade, ich fand die kleine Unordnung, die entstanden war durch Küchentätigkeit auf Paulchens Kopf, ganz entzückend.
    »Ein schöner Tag«, sagt Paulchen nach dem Essen und blickt mit hellen Augen in den wolkenlosen Himmel. »Der ganze Sommer war bisher schön, ein Tag wie der andere, kein Unterschied mehr, muß man sagen.«
    Nein, Paulchen, will ich schreien, heute ist ein heiliger Tag, Passionstag unserer Herzen, Golgatha der Seelen … o Wahnsinn, was denke ich, es ist der Lichttag unserer Liebe, Sonnenwende unseres Lebens!
    Paulchen, wie kannst du diesen Tag in den Kalender reihen und nüchtern ihn beziffern? Oder tust du's nur, um meine Worte aus der Tiefe heraufzulocken und durch Provokation die Schale meines Herzens aufzubrechen?
    ›Ein Tag wie viele Tage‹ – das ist nicht mehr als nur ein Datum wie viele Daten. Die jetzige Stunde aber sprengt für mich jeden Rahmen, und ich wandle mich zum Schüler des Euphorion.
    Ich überlege gut, was ich sage, und gräme mich, wie die Worte gar nicht besonders klingen.
    »Man soll die Sonnentage als Geschenke nehmen. Es sind die letzten dieses Jahres.«
    Paulchen erteilt mir eine Lektion.
    »Ich lasse sie in meinem Herzen weiterleuchten. Scheint die Sonne nicht auch, wenn wir sie in uns speichern, um hell zu sein im grauen Dunst des Winters? Auch Ihre Blumen, die Sie brachten, sind Sonnenspeicher meines Lebens. Ich kann an Blüten nicht genug um mich versammeln. Die ganze Wohnung möchte ich dauernd in Blumen fassen. Es ist so herrlich, in der Schönheit der Natur zu leben und in der Blume eine zarte Schwester unserer Menschlichkeit zu sehen.«
    Ich nicke hingerissen. Paulchens Stimme hüllt mich ein in einen samtenen Mantel, sie setzt mich auf die Flügel meiner Phantasie und wirft mich wie einen Falken hinein ins Jubelblau des golddurchtränkten Himmels.
    »Ihr ganzes Leben sollte nur der Schönheit dienen«, sage ich und weiß nicht, daß ich wieder träume.
    »Der Schönheit? Wissen Sie, wie schwer es ist, die Schönheit nur zu ahnen? Das Leben ist in heutiger Zeit nur eine Hast mit der Sekunde, und erst die Nacht kühlt etwas meine Stirn, die jedoch schon wieder sammelt die Gedanken für die neuen Tageskämpfe. Wie oft bin ich dann einsam unter tausend Menschen!«
    »Sie sollten eine Heimat in der Realität der Wünsche finden.«
    »Der Wünsche? Was reden Sie? Was man sich heutzutage wünschen möchte, ist jenseits unseres

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