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Der Trakt

Der Trakt

Titel: Der Trakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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dabei das Gefühl, dass das letzte, kleine Rettungsboot in diesem Ozean aus Lügen, durch den sie seit dem Vortag trieb, gerade in eine gefährliche Schieflage geriet.
    »Ach, das … das war geraten. Ich meine, wo sonst sollte er auf dich gewartet haben?«
    Es war überdeutlich, dass sie log, und sie merkte wohl gleich, dass Sibylle ihr nicht glaubte. Mit trauriger Miene langte sie über den Tisch und wollte ihre Hand auf die von Sibylle legen, aber sie zog sie weg.
    »Es tut mir leid, Sibylle. Ich hatte ihn gesehen, als wir ankamen, hab ihn erst nicht weiter beachtet, aber als du plötzlich alleine spazieren gehen wolltest und dann auch noch in seine Richtung abgebogen bist, wurde ich nachdenklich. Gleich neben dem Haus ist in der Hecke eine kleine, freie Stelle, durch die man die Wiese sehen kann. Ich … habe euch beobachtet. Ich weiß, das war nicht richtig und ich hätte es dir sagen müssen, aber ich habe mich geschämt und wollte nicht, dass du das Gefühl hast, ich spioniere dir nach, außerdem war ich mir ganz sicher, dass du es mir erzählen würdest.«
    ›Glauben Sie mir bitte, dass diese Frau Ihnen ganz bestimmt nicht helfen möchte … Hinter der ganzen Sache muss eine große Organisation stecken … Es ist notwendig, dass jemand von denen immer in Ihrer Nähe ist. Jemand, dem Sie vertrauen.‹
    »Du beobachtest mich durch eine Lücke in deiner Hecke und möchtest nicht, dass ich das Gefühl habe, du spionierst mir nach? Was sollte ich denn deiner Meinung nach für ein Gefühl dabei haben, Rosie?«
    »Herrje, ich kenne dich erst seit 24 Stunden, aber ich fühle mich für dich verantwortlich.«
    Sibylle sah sie nur an und schwieg.
    »Du hast mir vertraut, sonst hättest du nicht ausgerechnet mich angerufen, als du nicht mehr wusstest, wohin du sollst. Das macht mich stolz, aber es gibt mir auch das Gefühl, dass ich auf dich aufpassen muss. Ich habe dich gestern nicht beobachtet, weil ich so furchtbar neugierig bin, sondern weil ich sichergehen wollte, dass dir nichts geschieht. Und dass ich dich nicht darauf angesprochen habe, hat auch ein bisschen damit zu tun, dass ich herausfinden wollte, ob du mir davon erzählst. Ob du mir vertraust.« Rosies Stimme klang ruhig und weich. »Sibylle, ich glaube dir deine Geschichte, obwohl manche Dinge, die du erzählt hast, gelinde gesagt ziemlich verrückt klingen und du außerdem noch vor der Polizei abgehauen bist, die wahrscheinlich schon überall nach dir sucht. Ich möchte dir helfen, dein Kind wiederzufinden, obwohl ich mich damit vielleicht sogar strafbar mache. Aber … na ja, wir kennen uns eben erst seit gestern. Vielleicht kannst du mich ja ein bisschen verstehen.«
    Sibylle schob mit der Gabel einen Klumpen Rührei auf dem Teller hin und her und beobachtete, wie er dabei in immer kleinere Bröckchen zerfiel. Schließlich atmete sie tief durch und riss ihren Blick vom Teller los. »Du hast recht, Rosie. Ich denke, ich bin im Moment einfach überempfindlich.«
    Im Nu wurde aus der traurigen, älteren Frau wieder die gutgelaunte Rosie, die sie kennengelernt hatte. »Ach, papperlapapp. Du bist nicht überempfindlich. Ist doch vollkommen klar, dass du misstrauisch wirst, wenn ein altes Mädchen wie ich sich hinter eine Hecke stellt und dich heimlich beobachtet. Möchtest du mir verraten, was der Mann von dir wollte?«
    Sibylle überlegte, wie viel sie von ihrem Gespräch erzählen wollte. Sie entschied sich für eine Kurzversion ohne zu erwähnen, was Rössler in Bezug auf Rosie vermutete. »Seine Schwester ist verschwunden, und nachdem er in diesem Krankenhaus irgendwie mitbekommen hat, dass ich auch in Schwierigkeiten bin, dachte er, ich könne ihm vielleicht helfen, sie wiederzufinden.«
    Rosie zog die dünnen, tiefbraunen Striche hoch, die dort aufgemalt waren, wo sich normalerweise die Augenbrauen befanden. »Wie kommt er auf die Idee, dass du ihm helfen kannst? Zumal, wenn er der Meinung ist, dass du selbst Probleme hast?«
    »Tja, er glaubt, die Leute, die mich in diese Situation gebracht haben, sind auch für das Verschwinden seiner Schwester verantwortlich.«
    »Hm … Ich weiß nicht, aber das klingt mir alles doch sehr weit hergeholt. Wie kann er wissen, in welcher Situation du bist? Woher wusste er, wo er dich finden kann? Und warum tut er so geheimnisvoll?«
    »Er sagte, er wäre hinter uns hergefahren, als du mich abgeholt hast. Er traut im Moment wohl kaum jemandem.«
    Rosie stieß ein kehliges Lachen aus. »Außer dir. Und was ist mit

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