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Der Trakt

Der Trakt

Titel: Der Trakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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nur darüber nach, unter welchen Umständen Sie sich kennengelernt haben und ob das Verhalten dieser Frau auch nur halbwegs normal ist.‹
    Ein breites Lächeln legte sich auf Rosies Gesicht. »Na, Kindchen, hat der Spaziergang dir gutgetan?«

12
    Hans stand in einem Vorgarten hinter einer Kirschlorbeerhecke genau gegenüber der Wiese mit dem Busch, vor dem die beiden sich unterhielten.
    Er hatte das weiße T-Shirt schon von weitem gesehen. Das Auto hatte er etwa fünfzig Meter weiter geparkt, war gemütlich zurückgegangen wie ein Spaziergänger. Er hatte diesen hervorragenden Platz hinter dem Kirschlorbeer gefunden, und sobald er sicher war, dass er von seinem Standort aus alles sehen konnte, ging er zu der Haustür und drückte den Klingelknopf. Als auch nach längerem Warten und einem erneuten Klingeln niemand öffnete, ging er zufrieden zurück zu seinem Beobachtungsplatz.
    Nachdem Joachim den Frauen bis zu dem Haus gefolgt war, hatte er Hans den BMW überlassen und war zu Fuß verschwunden. Hans hatte gewartet, war den Frauen zu diesem Altenheim gefolgt, hatte zwischendurch mit dem Doktor telefoniert und von ihm den Befehl bekommen, sich weiter im Hintergrund zu halten.
    Nach dem Besuch im Altenheim hatte Jane sehr verwirrt ausgesehen, sie hatte Angst gehabt, ganz deutlich. Hans hatte das Bedürfnis, in dieses Altenheim zu gehen und sich mit demjenigen zu beschäftigen, der Jane solche Angst eingejagt hatte.
    Und auch in diesem Moment schien sie wieder sehr verwirrt zu sein, als sie alleine auf der Wiese zurückblieb, verängstigt und bewegungslos, bis sie sich endlich bückte und einen Zettel vom Grasboden aufhob.
    Hans merkte sich ihren Gesichtsausdruck, die Art ihrer Bewegungen und ihre Reaktionen genau. Er wusste, je verwirrter sie war, umso näher kam der Moment, an dem er würde eingreifen müssen, weil der Trakt … – Hans schob den Gedanken beiseite.

13
    Sie lag in einer Hälfte des großen Doppelbettes in Rosies Schlafzimmer und starrte zur Decke.
    Sibylles Augen brannten wie Feuer und fühlten sich geschwollen an. Sie konnte nicht mehr weinen, obwohl ihr die ganze Zeit zum Weinen zumute war.
    ›Du hattest keine Tränen mehr …‹
    Wieso komme ich jetzt auf –
Sie wusste beim besten Willen nicht, wie sie in ihrer Situation an Peter Maffay denken konnte. War das verrückt? Ja, vielleicht.
    Es tat gut, wenn sie die Augen zwischendurch für ein paar Sekunden schloss, und doch riss sie sie wieder auf, sobald sie das Gefühl hatte, in den Schlaf abzugleiten. Sie hatte Angst vor dem, was vielleicht kommen mochte, wenn sie einschlief.
    ›Ich glaube nicht,
dass ich nur einem Menschen fehlen würde,
denn dem ich fehlen möchte,
der macht sich nichts aus mir.‹
    Sie stieß ein kurzes Lachen aus.
Ja, verrückt.
Sie wusste nicht, wo und wie sie die letzten beiden Monate verbracht hatte, sie hatte keine Ahnung, wo sich ihr Kind in diesem Moment aufhielt und ob es ihm gutging. Sie begann, an allem zu zweifeln, was einmal unumstößliche Wahrheit für sie gewesen war, selbst an ihrem Verstand. Aber der Text eines Liedes von Peter Maffay, der fiel ihr ein. Sie kannte jede Zeile. Und nicht nur von diesem Lied.
    ›Wie eine Festung ist dein Haus
und ich klopf’ an deine Tür. Mach auf!
Alle Fenster sind ohne Leben
und ich fühl’ es, du wohnst nicht mehr hier.‹
    Sie schüttelte den Kopf, um diese unsinnigen Gedanken zu vertreiben, und drehte sich ein wenig zur Seite. Sekunden später spukte dieser Christian Rössler durch ihren Kopf und die absurde Geschichte mit seiner Schwester. ›Sie hatte nie einen Sohn.‹
Wie ist der Typ überhaupt auf mich gekommen? Ich hab ihn doch zum ersten Mal im Krankenhaus … Von seinem Platz aus kann er unmöglich irgendwas von den Gesprächen mit den Polizisten oder dem Arzt gehört haben, unmöglich. Also … er hat mich schon vorher gesehen! Aber wo soll das gewesen sein, um Himmels willen? Nirgends – weil er lügt. Er lügt.
Sibylle atmete tief ein und nahm sich vor, Rosie von Christian Rössler zu erzählen.
Nachher. Nachher.

14
    Es war sehr hell, und sie brauchte einen Moment, bis sie blinzelnd ihre Umgebung erkennen konnte. Direkt vor ihr lächelte Rosies rundes Gesicht sie freundlich an. Sie stand neben dem Bett, hatte sich zu ihr heruntergebeugt und streichelte ihr nun über den Kopf.
    »Nun komm, Kindchen, das Frühstück ist fertig. Es gibt Rührei mit Speck, das weckt deine Lebensgeister.«
    Sibylle richtete sich auf und sah sich um. Die

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