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Der Trakt

Der Trakt

Titel: Der Trakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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Sibylle zu einer Entgegnung ansetzte. »Hinter der ganzen Sache muss eine große Organisation stecken, und für die scheint es wichtig zu sein, jeden Schritt zu kennen, den ihre Opfer machen. Dazu ist es notwendig, dass jemand von denen immer in Ihrer Nähe ist. Jemand, dem Sie vertrauen.«
    Opfer? Bin ich –?
»Was denn für eine Organisation? Was reden Sie da? Sie wollen mir weismachen, Rosie könnte …« Sibylle schüttelte energisch den Kopf. »Das ist doch komplett verrückt. Niemals.«
    Wieder machte sein Blick einen schnellen Abstecher zu der Hecke. »Wann und wie haben Sie diese Frau kennengelernt?«
    »Das geht Sie nichts an. Woher wussten Sie überhaupt, wo ich bin?«
    »Ich bin Ihnen nachgefahren, als Sie zu ihr ins Auto gestiegen sind. Bitte, ich möchte Ihnen doch nur klarmachen, in welcher Gefahr Sie sich befinden.«
    Sibylle zögerte noch einen Moment, sagte aber schließlich: »Ich habe Rosie heute Morgen erst kennengelernt. Sie hat mir geholfen. Aber wie sind
Sie
überhaupt auf mich –«
    Er winkte ab: »Später. Sie müssen jetzt wirklich zurück. Wenn diese Frau uns zusammen sieht, kann das für Sie und vielleicht auch für meine Schwester schlimme Konsequenzen haben, glauben Sie mir das bitte. Denken Sie einfach darüber nach, unter welchen Umständen Sie sich kennengelernt haben, und stellen Sie sich selbst die Frage, ob das Verhalten dieser Frau auch nur halbwegs normal ist. Bei meiner Schwester war es auch so, dass ihr eine Frau ganz überraschend geholfen hat, verstehen Sie?«
    »Und was bitte soll daran schlimm sein, dass es Menschen gibt, die anderen helfen?« Sibylle versuchte erst gar nicht, ihre Gereiztheit zu verbergen.
    Rössler sah ihr unbeirrt in die Augen. »Vor drei Tagen ist meine Schwester wieder verschwunden. Kurz zuvor war ich gemeinsam mit ihr bei dieser Frau, und ich hatte gehofft, sie wäre vielleicht wieder bei ihr. Ich komme also zu der Wohnung, da öffnet mir ein älterer Herr, ich frage ihn nach der Frau – sie nannte sich Johanna –, er sagt, er kennt niemanden mit diesem Namen und erklärt mir, dass er Witwer ist und schon seit Jahren alleine wohnt.« Rössler flüsterte jetzt beinahe. »Dieser Mann hatte für ein paar Tage seine Tochter besucht und war an dem Tag erst wieder zurückgekommen. Verstehen Sie? Diese Wohnung, in der ich diese Frau mit Isabelle zusammen besucht hatte, gehörte ihr gar nicht.« Er kramte in seiner Hosentasche und zog einen zerknitterten Zettel heraus. »Unter dieser Telefonnummer können Sie mich erreichen. Tag und Nacht. Wenn Sie erfahren möchten, was wir bisher über diese Sache herausgefunden haben, rufen Sie mich morgen an. Wenn Sie mir nicht glauben, ist das sehr schade, aber nicht zu ändern. Ich werde nicht mehr herkommen und Sie auch nicht mehr belästigen. Tun Sie mir bitte nur den Gefallen und erzählen dieser Frau so oder so nichts von mir, sonst hätte ich wahrscheinlich gar keine Chance mehr herauszufinden, wo meine Schwester ist und was hinter dieser Sache steckt.«
    Diese Sache, welche Sache, welche Sache, das ist verrückt, so verrückt.
Sibylle versuchte krampfhaft nachzudenken, aber sie schaffte es nicht einmal im Ansatz, sich zu konzentrieren. Am liebsten hätte sie laut aufgeschrien. Rössler hielt ihr den Zettel entgegen, und da sie keine Anstalten machte, ihn anzunehmen, fragte er: »Würden Sie mir Ihren Namen sagen?«
    »Sibylle. Ich heiße Sibylle.«
    »Und suchen Sie auch jemanden, den anscheinend niemand außer Ihnen selber kennt, Sibylle?«
    Sie hatte das Gefühl, einen Schlag in den Magen bekommen zu haben. »Lukas«, hörte sie sich selbst flüstern. »Hat … hat Ihre Schwester auch …?«
    »Ja, sie hat ganz verzweifelt ihren Sohn gesucht.«
    »Oh mein Gott. Und … hat sie ihn gefunden?«
    Rössler senkte den Kopf. Als er wieder aufsah, glaubte Sibylle Tränen in seinen Augen zu sehen.
    »Sie hatte nie einen Sohn.«
     
    Sibylle starrte noch lange auf die Stelle, an der der Mann verschwunden war, ehe sie sich langsam bückte und den Zettel aufhob, den Rössler fallen gelassen hatte. Ohne einen Blick darauf zu werfen stopfte sie ihn in ihre Hosentasche.
    Sie hatte nie einen Sohn. Nie … Lukas?
    »Nein!«, sagte sie so laut, dass sie selbst erschrak, schüttelte den Kopf und setzte sich in Bewegung.
Nein.
    Sie bog vom Gehweg ab auf die Zufahrt und bemerkte Rosie erst, als sie sie schon fast erreicht hatte. Sie stand im Hauseingang und hatte offensichtlich auf sie gewartet.
    ›Denken Sie einfach

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