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Der Traum der Hebamme / Roman

Der Traum der Hebamme / Roman

Titel: Der Traum der Hebamme / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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ließ sich ablesen, dass ihn jetzt schon die Gicht plagte.
    »Ich bin in einem Ausmaß verraten worden, dass ich am liebsten mit Feuer und Schwert die gesamte Mark Meißen heimsuchen würde«, gestand Albrecht mit geballten Fäusten. »Mein Truchsess und mein Schenk sind die einzigen Männer, denen ich noch traue.«
    »Seinem Schenken vertrauen zu können, ist in deiner Lage sicher nicht das Schlechteste«, erwiderte Konrad mit bedeutungsschwerem Blick.
    Nun lehnte er sich vorsichtig zurück und sah seinem Cousin ins Gesicht.
    »Gib es zu, Vetter, der Feldzug gegen deinen Bruder war ein furchtbarer Misserfolg.«
    »Das weiß ich auch!«, fauchte Albrecht. »Ich bin verraten worden, von allen Seiten, und ich werde die Schuldigen mit einem Blutgericht bestrafen, wie es das Land noch nicht gesehen hat. Hättest du mir beigestanden, Cousin, wäre alles ganz anders ausgegangen!«
    Konrad hob mahnend eine Hand. »Unmöglich! Die Gefangennahme deines Vaters war
eine
Sache: Er hatte gegen die Absprachen verstoßen und wollte die Erbfolge ändern. Dagegen mussten wir einschreiten, und so bist nun du Markgraf von Meißen und nicht dein Bruder, auch dank mir. Aber
ich
als
Reichsfürst
« – er betonte diesen Titel, was er oft und gern tat, denn jenem erlauchten Kreis gehörten nur sehr wenige Männer im Kaiserreich an – »kann es mir nicht erlauben, bei einem so offenkundigen Landfriedensbruch mitzuwirken, wie du ihn gerade begangen hast, noch dazu gegen einen Wallfahrer. Und wenn du meinen Rat willst: Um nicht exkommuniziert zu werden oder noch mehr Missfallen des Kaisers zu erregen, solltest du dich in nächster Zeit etwas zurückhalten.«
    »Wärest du an meiner Seite gewesen, hätten wir den Schwächling überrannt, ehe jemand etwas bemerkte – und vor allem, noch bevor diese Thüringer aufritten«, hielt Albrecht dem Verwandten vor.
    »Ich kann es mir nicht erlauben, offen Fehde gegen den Landgrafen von Thüringen zu führen«, beharrte Konrad. »Hör auf meinen Rat, halte dich zurück! Zumindest eine Weile, sonst schlägt dich der Kaiser in Acht und Bann.«
    Er trank den Becher in einem Zug leer und meinte nachdenklich zu seinem Vetter: »Es ist mir ein Rätsel, wie Dietrich in dieser kurzen Zeit ein Bündnis mit Hermann schließen konnte. Eigentlich ist das unmöglich, er ist doch erst ein paar Tage aus dem Heiligen Land zurück.«
    »Ich sagte doch: Ich bin verraten worden. Die Verräter haben das von langer Hand geplant!«
    »Kennst du die Schuldigen?«
    »Sie sitzen überall, und es werden Köpfe rollen – in Meißen, in Freiberg und in Seußlitz!«, wütete Albrecht.
    »Seußlitz? Ich dachte, du hältst meine Tante unter strenger Bewachung?«, wunderte sich Konrad. »Aber sie ist natürlich schlau und wird Wege gefunden haben …«
    »Ich frag mich nur, wie? Sie hat weder die Macht noch genügend Silber, um jemanden auf ihre Seite zu ziehen. Ich wechsle schon laufend die Besatzung und die Hofdamen aus und lasse mir von ihnen und vom Burgkommandanten genau berichten.«
    Konrad räusperte sich. »Menschen können auch aus anderen Gründen die Seiten wechseln … Nicht für Macht oder Silber, sondern aus Liebe. Hast du die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass dieser Kommandant, wenn er angeblich nichts Verdächtiges bemerkt haben will, ihr beiliegt? Meine Tante ist nicht nur geradezu unverschämt klug, wie wir alle wissen, sie ist auch schön …«
    Verblüfft wollte Albrecht diesen abwegigen Gedanken von sich weisen. Seine Mutter war eine alte Frau! Und bisher hatte es stets plausibel geklungen, wenn Lothar berichtete, dass es ihm geeigneter schien, die Witwe höflich zu behandeln, dann würde sie vielleicht Vertrauen zu ihm fassen und sich irgendwann verraten, sollte sie Ränke gegen ihren Sohn schmieden. Doch einmal ausgesprochen, setzte sich der Verdacht in seinem Kopf fest und fing dort zu wuchern an.

Sturmzeichen
    E ustasius, der schwarzgewandete, dürre, weißhaarige Gelehrte, erfuhr bereits einen Tag vor Rückkehr des bischöflichen Gefolges auf den Meißner Burgberg, dass der Feldzug des Markgrafen anders als geplant verlaufen war – und bedauerlicherweise auch sehr anders als von ihm vorhergesagt. Ein geheimer Bote seines noch geheimeren Auftraggebers hatte ihm die Unglücksbotschaft in die rußige, von beißendem Gestank durchzogene Alchimistenkammer überbracht. Sofort wollte Eustasius seine wichtigsten Habseligkeiten zusammenpacken, um noch am gleichen Tag das Weite zu suchen. Wenn er

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