Der Traum der Hebamme / Roman
Gespielin. Ich glaube es ihm durchaus, wenn er sagt, er wird für dich sorgen. Aber wie soll das aussehen? Er wird dich mit einem seiner Gefolgsleute verheiraten, und wer immer dich nimmt, wird stets vor Augen haben, wie du ohne Sakrament bei einem anderen lagst. Vielleicht wird er es dir Tag für Tag vorhalten. Und was, wenn du schwanger wirst? Dann bringst du Bastarde mit in diese ohnehin schon schwierige Ehe.«
Er atmete mühsam. »Ich mache mir Sorgen um dich, verstehst du? Und Vorwürfe, dass ich dich nicht längst wieder verheiratet habe.«
»Das weiß ich«, entgegnete Clara. »Ich habe diese Dinge bedacht. Ihr müsst Euch keine Vorwürfe machen. Ihr hattet für mich gesorgt und Eure Pflicht erfüllt, indem Ihr mich mit Reinhard verheiratet habt.«
»Und? Das war doch keine schlechte Entscheidung, oder? Warum konntest du nicht noch einmal darauf vertrauen, dass ich einen guten Ehemann für dich finde?«
Clara sah ihrem Stiefvater offen ins Gesicht. »Reinhard und ich, wir führten keine schlechte Ehe. Ihr hattet recht, ich unrecht mit meinen anfänglichen Bedenken. Doch was ich für Reinhard empfand, waren Respekt und Zuneigung. Was ich für Dietrich empfinde, ist … so unvergleichlich mehr …«
Beinahe verzweifelt sah sie ihn an, mit einem kurzen Seitenblick auf ihre Mutter: »Ihr wisst doch, wie es ist, jemanden von ganzem Herzen zu lieben! Würdet Ihr nicht auch lieber jedes Opfer bringen, statt darauf zu verzichten?«
Nun wusste Lukas keine Antwort. Hilflos wandte er sich ab und ließ sich von Marthe aufs Lager betten.
Als Lukas so weit genesen war, dass er reisen konnte, befahl er zu packen. Er verabschiedete sich von Thomas und von Raimund und Elisabeth, die inzwischen in Dietrichs Dienste getreten waren. Aber er brachte es nicht über sich, ein Wort des Abschieds an Clara und Dietrich zu richten. Ohne sie noch einmal gesehen zu haben, verließ er Weißenfels.
Aus dem Fenster schauten die beiden zu, wie er und Marthe vom Hof ritten. Marthe, bekümmert über das Zerwürfnis, drehte sich um und sandte ihnen einen stummen Abschiedsgruß.
Wortlos legte Dietrich seinen Arm um Claras Schulter.
Warnungen
A lbrecht hatte beileibe nicht vor, den gesamten Weg bis nach Meißen unter den neugierigen und hämischen Blicken des alten Bischofs zurückzulegen.
Am zweiten Tag der Reise ließ er einen Teil seiner Männer der bischöflichen Gesandtschaft als Geleit zuteilen und nach Meißen weiterziehen, während er selbst mit dem Truchsess, dem Schenken und dem Rest seiner Truppen nach Rochlitz abschwenkte, um seinem Cousin Konrad einen Besuch abzustatten, dem Markgrafen der Ostmark.
Gerald, den Marschall, mussten sie wegen seiner Verletzungen in der Obhut des Wundarztes auf Burgwerben zurücklassen. Jakob wurde als Gefangener mitgeführt. Über ihn wollte Albrecht in Meißen Gericht halten.
Dem Anführer des Vortrupps hatte der Markgraf etliche Befehle nach Meißen mitgegeben, unter anderem die Weisung, den Alchimisten unter Arrest zu stellen und nicht aus seiner Giftkammer herauszulassen und den Seußlitzer Burgkommandanten nach Meißen zu beordern.
Auf der Rochlitzer Burg empfing Markgraf Konrad seinen Vetter mit offenen Armen. Sie waren fast gleichaltrig, Anfang dreißig, hatten im gleichen Jahr die Herrschaft von ihren Vätern übernommen und trugen nun beide den Rang eines Reichsfürsten. Vor zweieinhalb Jahren hatte Konrad seinen Cousin unterstützt, als dieser seinen Vater gefangen nahm, um die Erbfolge zu erzwingen.
Der Graf von Eilenburg und Markgraf des Ostens gab Befehl, die Männer seines geehrten Vetters bestens zu verpflegen, und zog sich mit Albrecht sogleich in seine Kammer zurück.
Die Familienähnlichkeit zwischen beiden war unverkennbar, nur dass Albrecht schlanker gebaut war.
Von seinem Vater Dedo hatte Konrad nicht nur die östliche Mark geerbt, sondern auch die Neigung zur Fettleibigkeit. Der alte Markgraf Dedo war so feist geworden, dass er in seinen letzten Lebensjahren Mühe hatte, noch auf ein Pferd zu steigen. Abhilfe wollte er schaffen, indem er sich das Fett aus dem Leib schneiden ließ. Dass er die Prozedur nicht überlebte, verwunderte niemanden, aber wie er überhaupt auf diese absonderliche Idee verfallen konnte, darüber wunderte sich jedermann. Am Ende hatte der Leichnam nicht einmal in den Sarg gepasst.
Konrad war zu seinem Glück noch nicht so massig wie sein verstorbener Vater oder wie Giselbert, aber an seiner schmerzverzerrten Miene bei einigen Bewegungen
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