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Der Traum der Hebamme / Roman

Der Traum der Hebamme / Roman

Titel: Der Traum der Hebamme / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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musste er sie für diese klare und schnelle Antwort gleichzeitig bewundern und verfluchen.
    Auch wenn Sophia in den letzten Jahren kaum noch ein Wort in Albrechts Gegenwart zu sagen wagte – sie war nicht dumm. Leider. Das hätte die Sache sehr vereinfacht.
    »Es gab Wendungen, die wirklich niemand voraussehen konnte«, versuchte er, sich ins rechte Licht zu rücken. »Euer Schwager hat sich unerwartet mit dem Landgrafen von Thüringen verbündet, und gegen dessen Streitmacht konnte sich seine nicht behaupten.«
    »Eine thüringische Streitmacht? Ist mein Gemahl … wohlauf?«, fragte Sophie, plötzlich sehr aufgeregt. Vielleicht war das Ungeheuer in der Schlacht gefallen oder wenigstens schwer verwundet?
    »Zu unser aller Erleichterung erfreut sich der Fürst bester Gesundheit«, heuchelte der Gelehrte. »Doch abgesehen davon, wird seine Stimmung sehr schlecht sein, und wir sollten Vorbereitungen treffen.«
    »Zuallererst wohl Ihr, Magister! Sagtet Ihr meinem Gemahl nicht einen großen Sieg voraus?«, fragte sie kühl.
    »Einen großen Sieg, nach welchem er endlich mit
Euch
einen Sohn zeugt«, schoss der dürre Alte zurück, kein bisschen verlegen.
    Im Gegenteil, jetzt richtete er seinen stechenden Blick auf die Fürstin. »Gewiss wird sein Zorn zuerst mich treffen, doch danach ganz sicher Euch als Nächste. Vielleicht sollten wir uns zu einem geheimen Bündnis zusammenschließen, ganz zum Wohle Eures Gemahls, aber auch zu unserem eigenen.«
    »Ihr und ich Verbündete? Wie soll das aussehen? Und wozu könnte das wohl gut sein?«, widersprach Sophie eisig. »Wenn Ihr stürzt, habe ich kein Bedürfnis, mit Euch zu fallen.«
    Der Sterndeuter ließ sich nicht abschrecken. Er kannte ihre Ängste und geheimsten Wünsche.
    »Er wird Euch schlagen, weil er immer noch keinen Erben sieht, er wird Dinge von Euch fordern, die Euch zutiefst zuwider sind.« Nun wurde seine Stimme leiser, und er beugte sich zu ihr.
    »Ihr könnt nicht leugnen, dass Ihr Euch vor ihm fürchtet wie vor dem Leibhaftigen. Betet Ihr nicht manchmal sogar, Euer Gemahl möge sterben? Fragt Ihr Euch nicht manchmal, wie aus dem Arsen, das in den Freiberger Schmelzhütten anfällt, ein tödliches Gift gebraut werden kann? Dazu braucht Ihr einen Alchimisten, also solltet Ihr es Euch nicht mit mir verderben.«
    Wie ein Schwert fuhren seine letzten Worte durch die Markgräfin. Woher konnte dieser Kerl das wissen? Sagten ihm das die Sterne? Oder las er es aus ihrem Gesicht? So oder so, sie war in größter Gefahr!
    »Das ist Hochverrat!«, keuchte sie und wollte zur Tür, aber Eustasius trat ihr in den Weg.
    »Eure verborgensten Geheimnisse sind bei mir so sicher verwahrt wie in einem Grab. Seht mich nicht als Feind, sondern als Freund.«
    Klamm vor Angst, musterte sie den unheimlichen Alten, der sie mit durchdringendem Blick anstarrte. Sein Kopf war leicht geneigt, und nun erschien ein zahnloses Lächeln auf seinem Gesicht, so herzlich, dass sie die Durchtriebenheit dahinter übersehen hätte, würde sie ihn nicht schon länger kennen.
    Er nahm ihre Hand mit seiner dürren und führte sie wieder zu ihrem Platz. Rasch entzog sie ihm die Hand und sah ihn an, gespannt darauf, was er wohl vorschlagen würde. Ob er ihr wirklich helfen konnte? Jetzt war sie ihm völlig ausgeliefert.
    »Ihr seid ein verwirrter alter Mann. So verwirrt, dass Ihr Sieg und Niederlage verwechselt habt, als Ihr meinem Gemahl den Ausgang der Schlacht voraussagtet. Soll ich für Euch ein Wort einlegen, damit er Euch angesichts Eurer Verdienste das Gnadenbrot essen lässt, statt Euch hinzurichten?«, bot sie mit gespielter Gelassenheit an.
    »So großzügig dieses Angebot ist, Hoheit«, und hier verneigte sich der Alte mit einer Flinkheit, die sie ihm kaum zugetraut hatte, »scheint mir mein Plan besser. Sagt, wann floss bei Euch zum letzten Mal das Monatsblut?«
    Sophia schnappte nach Luft und schloss die Augen. Aber als ihr Leibarzt war dieser Mann berechtigt, diese unerhörte Frage zu stellen. Die Hoffnung auf einen Erben hatte ihren Leibeszustand zu einer öffentlichen Angelegenheit gemacht, was sie durch und durch als entwürdigend empfand.
    Sie schluckte und sagte leise: »Es begann heute Morgen.«
    »Wunderbar!«, jubelte der weißhaarige Sterndeuter und rieb sich die Hände, ohne dass Sophia etwas daran wunderbar finden konnte. Im Gegenteil. Wieder war die Hoffnung dahin, ihre Not könnte endlich ein Ende finden.
    »Ihr werdet das vor Euern Hofdamen verheimlichen, und wir werden

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