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Der Traum der Hebamme / Roman

Der Traum der Hebamme / Roman

Titel: Der Traum der Hebamme / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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behütet.
    Immer noch benommen, richtete sie sich hoch und war plötzlich sehr verlegen. Dietrich kam zu ihr, setzte sich auf die Bettkante und strich ihr über das zerzauste Haar.
    »Guten Morgen, Liebste«, sagte er, und an der Art, wie er sie dabei ansah, erkannte sie, dass sie nicht verlegen sein musste.
    Er reichte ihr einen Becher mit verdünntem Wein, durstig trank sie einen Schluck. Auf dem Tisch standen Brot und Fleisch; also hatte sie die Messe verschlafen, da es schon Frühstück gab!
    »Bist du hungrig?«, fragte er. »Wenn du willst, kann ich auch etwas anderes aus der Küche kommen lassen.«
    Lächelnd schüttelte sie den Kopf und sah ihn an. Seine Nähe erfüllte sie mit so viel Liebe und Verlangen, dass sie den Becher abstellte, ihre Arme um seinen Hals schlang und ihre Wange an seine legte.
    Mehr wagte sie nicht, es war schon spät. Dietrich hatte zweifelsohne eine Menge Pflichten, die auf ihn warteten, und auch sie musste nun schleunigst das Morgengebet nachholen, nach ihrer Tochter sehen und sich dann wieder um die Verwundeten kümmern.
    Doch ehe sie das alles zu Ende denken konnte, war aus der Umarmung schon ein inniger Kuss geworden und aus dem Kuss mehr. Als Dietrich ihren Körper spürte, weich und warm, konnte er nicht anders, als sie noch einmal zu lieben: stürmisch und voller Leidenschaft.
    Danach wären beide am liebsten liegen geblieben, müde, erschöpft und erfüllt von zärtlichen Gedanken für den anderen, aber die Pflichten des Tages riefen sie in die Wirklichkeit zurück.
    Dietrich war schneller wieder in den Kleidern und sah zu, wie sie in ihres schlüpfte, mit den Fingern durch ihr Haar fuhr und es neu flocht.
    »Ich habe Folgendes beschlossen«, eröffnete er ihr dabei. »Du wirst mit deiner Tochter in die Kammer neben meine ziehen, fortan an der Tafel stets neben mir sitzen, und ich werde offiziell verkünden, dass du bis zu meiner Heirat die Herrin von Weißenfels bist.«
    Zweifelnd sah sie ihn an. »Haltet Ihr das für … angemessen?«
    »Unbedingt«, erwiderte er, und an seiner Miene sah sie, dass er davon nicht abzubringen war. »Du sollst dich nicht heimlich in meine Kammer schleichen müssen. Und ich werde nicht dulden, dass jemand schlecht über dich spricht. Ich werde mit Pater Ansbert reden, ob er uns aufgrund der besonderen Umstände vergeben kann, dass wir ohne das Sakrament der Ehe das Bett teilen. Wenn er es nicht kann, halte ich nach einem Kaplan Ausschau, der dies tut, ohne leichtfertig unser Seelenheil aufs Spiel zu setzen. Doch zuerst spreche ich mit deiner Mutter und Lukas. Ich hoffe, dein Stiefvater ist inzwischen wieder wach. Sie sollen es nicht durch Gerede des Gesindes erfahren.«
    Clara wurde reichlich beklommen zumute bei dem Gedanken, was wohl Lukas zu solchen Neuigkeiten sagen würde.
    Aber Dietrich lehnte ihren Vorschlag ab, ihn zu diesem heiklen Gespräch zu begleiten. »Lass mich seinen ersten Zorn abfangen«, meinte er lächelnd. Dann zog er sie an sich und küsste sie noch einmal.
    »Ich liebe dich. Du machst mich glücklich«, sagte er, bevor sie beide die Kammer verließen, um jeder für sich die vor ihm liegenden Aufgaben in Angriff zu nehmen.
     
    Dietrich war erleichtert, Lukas in wachem Zustand anzutreffen, als er dessen Kammer betrat – auch wenn ihm klar war, dass nun ein paar unangenehme Momente bevorstanden.
    Der väterliche Freund saß aufgerichtet auf seinem Krankenlager, bleich und flach atmend, aber Marthes glückliche Miene ließ darauf schließen, dass er genesen konnte.
    Rasch wehrte Dietrich mit einer Geste jeglichen Versuch der beiden ab, sich zu erheben und vor ihm niederzuknien.
    »Ich bin sehr froh, dass Ihr Euch auf dem Weg der Besserung befindet«, sagte er und zog einen Schemel heran, um sich zu den beiden zu setzen.
    Marthe hatte gerade den Verband gewechselt, verknotete die Enden auf Lukas’ Brust und half ihm, sich vorsichtig mit den Schultern gegen die Wand zu lehnen. Ihre Augen waren tief umschattet, ihr Haar nicht so ordentlich geflochten wie üblich, so dass Dietrich den Verdacht hegte, auch sie konnte diese Nacht kaum Schlaf gefunden haben. Aber ein Strahlen lag auf ihrem Gesicht.
    »Heute Morgen ist er zu sich gekommen«, sagte sie erleichtert. »Jetzt weiß ich, dass er wieder gesund wird.«
    »Dem Herrn sei gedankt dafür«, meinte Dietrich. Er fragte nicht, ob Lukas nach dieser Verletzung jemals wieder volle Kampfkraft erlangen würde – das konnte derzeit vermutlich noch nicht einmal Marthe

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