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Der Traum der Hebamme / Roman

Der Traum der Hebamme / Roman

Titel: Der Traum der Hebamme / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Boden.
    Noch wagte es niemand, zu ihm zu gehen, immer noch knieten die Stadtbewohner auf dem eiskalten Boden und starrten voller Furcht, mancher auch mit verborgenem Zorn oder Hass, auf den Fürsten.
    Der neigte sich zu Elmar hinüber, raunte ihm etwas zu und sagte dann, an die Menge gewandt: »Ich hoffe, dies war eine eindringliche Lektion für euch alle. Vergesst sie nie! Und nun geht in eure Häuser und bringt, was ihr mir schuldet.«
    Zufrieden erhob sich Albrecht und ging zusammen mit seinem Gefolge in den Palas.
    »Meine Männer haben sich eine Belohnung verdient«, sagte er zu Rutger. »Lasst die Weiber aus dem Hurenhaus kommen. Heute muss niemand dafür bezahlen, sie zu besteigen.«
    »Sofort, Durchlaucht«, versicherte Rutger. »Und wonach steht Euch selbst der Sinn?«
    Albrecht dachte kurz darüber nach. Im Moment reizte ihn keine der Freiberger Huren, die besten von ihnen kannte er zu Genüge.
    »Etwas Junges, Unschuldiges«, sagte er und sog Luft ein, dass seine Nasenflügel bebten. Die Scham und das Entsetzen von Jakobs Tochter letzte Nacht hatte ihm einfach zu viel Genugtuung bereitet. Sie langweilte ihn zwar schnell, nachdem er sie erst entjungfert hatte, ihr wuchsen ja noch nicht einmal Brüste, aber ihre Angst und ihr Grauen vor dem Unbekannten, ihr Wimmern und Schreien fand er höchst erregend.
    »Blond, braun, dunkel?«, erkundigte sich Elmars Ziehsohn beflissen.
    Albrecht zögerte einen Moment, dann meinte er: »Blond. Ja, eine blonde, verängstigte Jungfrau …«
    Ein zufriedenes Lächeln zog über Rutgers Gesicht.
    »Der Gürtler hat ein hübsches Töchterchen, das dürfte ganz nach Eurem Geschmack sein. Ich lasse sie sofort holen.«
     
    Als Albrecht mit seinem Gefolge im Palas verschwunden war, stürzte Johanna zu Christian, der reglos am Boden lag. Anna, Christians Frau, drängte sich verzweifelt zu ihr.
    »Er lebt, er kommt durch«, versuchte Johanna, sie zu beruhigen, die schon besorgt nach einem Puls gesucht hatte. »Er muss nur hier weg und sofort ins Warme!«
    »In den Stall?«, rief Anna unter Tränen. »Das sind nur ein paar Schritte.«
    »Nein, ich brauche Feuer und warmes Wasser, warme Tücher …«
    »Tragen wir ihn zu meinem Karren und bringen ihn in mein Haus«, schlug Friedrich vor, der zu ihnen getreten war. Er winkte zwei der Stallburschen heran, die bereitwillig diese Arbeit übernahmen.
    Mit einem verstörten Blick auf den Leichnam der Krämerin, der nach wie vor am Strick hing, sagte er leise zu den Schmieden, die ebenfalls voller Sorge um Christian gekommen waren: »Es war noch nie so hoffnungslos. Dass wir gar nichts tun konnten … Keiner von uns …«
    »Ja. Er hat uns gezeigt, dass er die Macht hat, jeden Einzelnen von uns zu zerquetschen. Ein Wort von ihm genügt«, sagte Karl bitter.
    Eine kleine Magd drängte sich zwischen ihnen hindurch. Sofort verstummten die Männer. »Peter sagt, der Gürtler soll schnellstens seine Tochter verstecken«, flüsterte sie und war im nächsten Augenblick schon wieder verschwunden.
    Jonas drehte sich um, hielt Ausschau nach dem Gürtler und gab die Warnung leise weiter, als er ihn entdeckt hatte.
    Dann sagte er zu Johanna: »Und du solltest mit deinen Kindern auch aus der Stadt verschwinden. Bei Karl bist du nicht mehr sicher. Es wird nicht lange dauern, bis dieses Scheusal Rutger merkt, dass ihm zwei Sergenten fehlen statt nur einem, und sich etwas zusammenreimt.«
    Johanna schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht weg, bevor ich Christian durchgekriegt habe. Wo soll ich denn hin? Und wer soll sich um euch kümmern, wenn ihr krank werdet? Marthe wäre auch nicht gegangen.«
    Jonas packte sie an den Armen und sah ihr in die Augen. »Marthe
ist
gegangen, sonst wäre sie jetzt tot!«, mahnte er.
    »Es wird hier bald noch viele Tote geben. Aber wir können nicht alle die Stadt verlassen«, widersprach Johanna.
    Die anderen schwiegen resigniert.

Das Mädchen Luitgard
    J akobs Tochter verriegelte die Heimlichkeit und kauerte sich mit angezogenen Knien auf das Brett.
    Hier war der einzige Ort, wo sie allein sein und all ihr Entsetzen und ihre Not aus sich herausweinen konnte.
    Sosehr sie sich jetzt wünschte, dass jemand sie tröstend in den Arm nahm und ihr versprach, alles komme wieder in Ordnung – sie vermochte mit niemandem über das Grauen zu reden, das sie durchlitten hatte. Ihre Eltern waren weit fort und durften das Gut nicht verlassen, ihr Bruder abkommandiert. Keines von den anderen jungen Mädchen, die mit ihr erzogen

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