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Der Traum der Hebamme / Roman

Der Traum der Hebamme / Roman

Titel: Der Traum der Hebamme / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Ratsherren haften mir mit ihrem Kopf dafür. Doch zuvor will ich ein Exempel statuieren – als Warnung an alle!«
    Er gab Elmar ein Zeichen, der trat zu Christian und zerrte ihm den Kopf an den Haaren hoch.
    »Dieser Mann steht unter Verdacht, unseren edlen Fürsten hintergangen zu haben, indem er erlauschtes Wissen dem Feind preisgab. Das ist Hochverrat.«
    Ein entsetztes Raunen ging durch die Menge.
    »Da ein letzter Beweis für seine Untat fehlt und er sich zur fraglichen Zeit bereits im Kerker befand, hat unser Fürst in seiner unendlichen Gnade verfügt, ihn weder zu hängen noch ihm die Zunge herauszuschneiden, sondern ihm lediglich vierzig Hiebe zu verpassen.«
    Elmar schaute genau auf die Gesichter der Männer vor ihm, als er dieses Willkürurteil verkündete. Dem Stallmeister die Hand abzuhacken oder ihn anderweitig zu verstümmeln, davon hatte ihm Rugter abgeraten. Der Kerl würde gebraucht auf der Burg, meinte sein Stiefsohn. Nie seien Pferde und Ställe in besserem Zustand gewesen als unter seiner Obhut. Doch vor allem ging es ihnen darum, dass Christian als das erste im Ort geborene Kind für die Bewohner so etwas wie ein Symbol war, ein Symbol für das Gedeihen und Wohlergehen der jungen Stadt. Und Symbole konnte man schwer vernichten. Aber man konnte sie in Verruf bringen.
    Dazu war der zweite Teil der Strafe gedacht.
    »Für so viel Milde wirst du nach jedem einzelnen Hieb deinem Herrscher für seine Güte danken, und zwar laut und deutlich, damit alle es hören«, rief Elmar, ließ Christians zurückgebogenen Kopf los und trat zur Seite.
    Der Knecht, der die Hiebe austeilen sollte, verneigte sich vor dem Fürsten und wartete auf das Zeichen zu beginnen.
    Albrecht ließ sich erst noch etwas heißen Würzwein einschenken, trank einen Schluck, machte es sich bequem und nickte Elmar kurz zu.
    »Fang an!«, befahl dieser dem Prügelknecht.
    Der holte weit aus, der erste Schlag zerriss die Haut auf Christians Rücken und ließ ihn gegen seinen Willen qualvoll stöhnen.
    »Und nun der Dank!«, forderte Rutger ihn genüsslich auf. Auf diesen Augenblick hatte er lange gewartet.
    »Ich … danke Euch … für Eure Güte …«, brachte Christian zwischen klappernden Zähnen hervor.
    »… Hoheit!«, ergänzte Rutger hämisch.
    »Ich danke Euch für Eure Güte, … Hoheit!«, ächzte Christian.
    Nach jedem einzelnen Schlag hielt der Knecht inne, bis der Stallmeister jenen demütigenden Satz gesprochen hatte. Bald konnte er vor Qual und Kälte nur noch röcheln, und Rutger machte sich ein Vergnügen daraus, ihn die Worte noch einmal und noch einmal wiederholen zu lassen.
    Nach zwei Dutzend Schlägen sackte Christian zusammen.
    »Kippt einen Eimer Wasser über ihn, damit er nichts von seiner Strafe verpasst!«, befahl Rutger.
    Das eiskalte Wasser brachte den jungen Stallmeister wieder zu sich. Aber nun schüttelte es ihn so vor Kälte, dass er nicht mehr sprechen konnte.
    »Ich danke Euch für Eure Güte, Hoheit«, sprach Elmars Sohn ihm belustigt vor. »Solange wir das nicht gehört haben, können wir nicht weitermachen und die Sache zu Ende bringen. Also rasch, bevor Seine Hoheit anfängt, sich zu langweilen!«
    Karl und Jonas, die vorn in der Reihe der Ratsherren knieten, wechselten einen verzweifelten Blick. Christian würde das nicht überstehen.
    »Ich höre nichts!«, beharrte Rutger.
    »Ich danke Euch für Eure Güte, Hoheit!«, rief Jonas in einer plötzlichen Eingebung. Er konnte einfach nicht länger zusehen, wie der Freund zu Tode gemartert wurde.
    So wiederholte er seinen Ruf, und Karl und der alte Fuhrmann Friedrich stimmten ein: »Ich danke Euch für Eure Güte, Hoheit!«
    Rutger wollte ein paar der Wachen zu den Rufern schicken, doch Albrecht hielt ihn davon ab.
    »Das könnte unterhaltsam werden«, meinte er mit zynischem Lächeln und gab dem Prügelknecht das Zeichen für den nächsten Hieb. Seine Wachen zählten inzwischen mit.
    »Ich danke Euch für Eure Güte, Hoheit!«, riefen die drei Ratsherren an Christians statt, und ein paar Stimmen aus den hinteren Reihen mischten sich mit den ihren.
    Wieder ein Hieb auf den blutigen Rücken Christians, und wieder ein vielstimmiges »Ich danke Euch für Eure Güte, Hoheit!«.
    Als Christian den letzten Hieb erduldet hatte, riefen mehr als die Hälfte derer, die sich auf dem Burghof befanden, im Chor: »Ich danke Euch für Eure Güte, Hoheit!«
    Elmar gab dem Folterknecht das Zeichen, den Geschundenen loszubinden. Kraftlos stürzte Christian zu

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