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Der Traum der Hebamme / Roman

Der Traum der Hebamme / Roman

Titel: Der Traum der Hebamme / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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wurden, durfte davon erfahren. Und schon gar nicht die Fürstin, denn es war ihr Gemahl, der sie dazu gezwungen hatte, ihre Herrin zu betrügen.
    Sophia würde sie prügeln und dann fortjagen, und niemand würde sie aufnehmen. Auch kein Kloster, denn sie war nicht mehr rein, entehrt und eine Ehebrecherin dazu. Und wenn sie floh – doch wohin? –, würde man es ihre Eltern und ihren Bruder büßen lassen.
    Nichts würde jemals wieder in Ordnung kommen, sagte sie sich zum tausendsten Male seit der Schreckensnacht und zog die Arme noch enger um den zusammengekrümmten schmalen Leib.
    Sie hatte Trost und Beistand bei ihrem Beichtvater gesucht, doch der verurteilte sie mit strengen Worten als schlimme Sünderin. Sie sei selbst schuld und nun verflucht, denn offensichtlich müsse sie den Fürsten durch ihre Unkeuschheit dazu verlockt haben. Ihren verzweifelten Schwüren, sie habe das nicht gewollt, doch wie hätte sie sich einem Befehl des Regenten widersetzen können, hielt er nur entgegen, sie sei eben sündig und verdorben wie alle Weiber und deshalb verdammt.
    Sie war verdammt. Sie war entehrt. Und sie war bis ins Mark entsetzt. Sie hatte nichts über Männer in der Nacht gewusst. Nur, dass die Frauen zur Strafe für Evas Sünde das Ehebett als Buße zu ertragen hatten. Aber es war nicht einmal ihr Ehebett gewesen. Und sie hatte keine Ahnung gehabt, dass Männer sich in solch ein … wildes Tier verwandeln konnten.
    Mehr noch als die Schmerzen in ihrem ganzen Körper quälte sie die Erinnerung an die Einzelheiten: wie er sich auf sie warf, sich an ihren Schreien ergötzte, die knurrenden Laute, die er von sich gab, als er ihr diese unaussprechlichen Dinge antat.
    Sie war verdammt. Sie wollte sterben. Das könnte die beste Lösung sein, die einzige, wenn sie sich ausmalte, dass man sie vielleicht heute wieder in diese Kammer befehlen würde.
    Aber die Kirche verbot den Selbstmord, weil er die schrecklichste Sünde überhaupt war und zu ewiger Verdammnis im Höllenfeuer führte.
    Wenn sie noch eine Weile hocken blieb in diesem eiskalten Erker, vielleicht würde sie dann ja krank werden und sterben? So ein Fieber tötete manchmal rasch.
    Oder wenn sie auf einer der Treppen ausrutschte und stürzte?
    Eine Geschichte ging ihr nicht aus dem Sinn, die manchmal auf dem Burgberg erzählt wurde, von einem Mädchen, das geheißen hatte wie sie: Luitgard. Sie war vor Jahren gegen ihren Willen mit einem sehr mächtigen und rücksichtslosen Ritter vermählt worden, Randolf. Kurz nach der Brautnacht fand man ihren Körper zerschmettert am Fuße des Burgberges. Ein Unfall, hieß es offiziell, aber die Mägde wisperten, sie hätte die Gewalttätigkeit dieses Mannes einfach nicht ertragen können. Ihr ruheloser Geist sei auf der Burg umgegangen, bis dieser Randolf endlich von einem Ritter namens Christian getötet worden war, einem Freund ihres Oheims Lukas, den jene Luitgard geliebt hatte.
    Doch Lukas konnte ihr auch nicht helfen, er war tot.
    Jemand hämmerte gegen die Tür und brüllte, wann denn nun endlich die Heimlichkeit wieder frei sei. Mit dem Ärmel strich sich Luitgard über das verheulte Gesicht, schob den Riegel zurück und huschte mit gesenktem Kopf hinaus, ohne sich näher von dem Ungeduldigen in Augenschein nehmen lassen.
    In der Hoffnung, von niemandem gesehen zu werden, schlüpfte sie in die Schlafkammer der Jungfrauen, die bei Hofe erzogen wurden. Aber sie war nun keine Jungfrau mehr, sie hatte ihre Jungfräulichkeit verloren – ihr kostbarstes Gut, und das auch noch auf so grauenvolle Weise!
    Luitgard kletterte auf eine der Sitznischen am Fenster und beugte sich weit vor, um hinabzusehen. Durch den schmalen Spalt würde sie sich hindurchzwängen können. Aber wenn sie sprang, würde sie ewig im Höllenfeuer schmoren und die schrecklichsten Qualen erleben. Dann war sie verdammt auf alle Zeit.
    Doch drohte ihr das Höllenfeuer nicht ohnehin nach den Worten des Beichtvaters? Würde das schlimmer sein, als ihr Schicksal in Demut zu ertragen?
    Höllenfeuer.
    Die nächste Order in Albrechts Kammer.
    Höllenfeuer.
    Dem Ungeheuer wieder ausgeliefert.
    Höllenfeuer.
    Sie hörte Schritte sich nähern, feste Männerschritte in Stiefeln mit Sporen.
    Kamen sie sie erneut holen?
    Höllenfeuer und ewige Verdammnis.
    Aber sie
war
doch schon verdammt!
    Die Schritte klangen nun ganz nah und verharrten vor der Tür.
    Sie würden sie holen, und dann würde er sich wieder in ein wildes Tier verwandeln und auf so unaussprechliche

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