Der Traum der Hebamme / Roman
sondern immer zum Schwert«, entgegnete Lukas auf diesen Vorwurf.
Er konnte spüren, wie die Stimmung in der Halle zu seinen Gunsten umschlug; immerhin lebten die meisten der Anwesenden mit ihren Familien in Freiberg.
»Bewahrt Ruhe und folgt den Befehlen des Kaisers und des Burgvogtes. Verteidigt die Burg und lasst die Bewohner der Stadt in Frieden. Und jetzt wartet auf Nachricht und neue Befehle!«
Nach und nach setzten sich die Männer wieder an ihre Tische.
»Übernehmt Ihr ab sofort hier drinnen das Kommando!«, wies Gerald den Burgvogt an. »Wir müssen die Lage draußen auf dem Hof unter Kontrolle bringen.«
Heinrich sammelte sich überraschend schnell. Ida in ihrem gelben Kleid stand mit offenem Mund neben ihm und war zum ersten Mal in ihrem Leben angesichts der vielen unerwarteten Wendungen dieses Tages sprachlos.
»Sorg dafür, dass alle etwas zu essen bekommen!«, rief ihr Mann ihr zu. »Und der Küchenmeister soll sich auf der Stelle bei mir einfinden, damit wir diesen ungeheuerlichen Vorfall aufklären.«
Gerald und Lukas verließen sich darauf, dass der Vogt eingedenk der kaiserlichen Autorität im Rücken Herr der Lage wurde, und gingen mit ihren Männern nach draußen.
Kuno und Bertram erwarteten sie bereits.
»Ist der Markgraf auf dem Weg nach Meißen?«, vergewisserte sich Gerald. »Wer reist mit ihm?«
»Die Fürstin, ihre Hofdamen, der Truchsess, der Magister und ein Dutzend Leibwachen«, berichtete Kuno. »Aber er kann nicht mehr reiten, so schlecht geht es ihm. Sie tragen ihn.«
»Hat Elmar hier irgendwelche Befehle ausgegeben?«
»Dazu kam er nicht, es ging dem Fürsten zu schlecht … Sie wollten wohl schnell von hier weg, ehe Albrecht vor aller Augen auf dem Burghof krepiert oder noch länger diesen demütigenden Anblick bot: sich zusammengekrümmt und in seinem eigenen Unrat tragen lassen zu müssen. Er hat nur kurz mit seinem Ziehsohn gesprochen.«
»Wo steckt der?«
Doch Lukas sah den Gesuchten schon auf sie zukommen, begleitet von dem Seußlitzer Burgkommandanten und ein paar jüngeren Rittern und Reisigen, die zu Rutgers Gefolgschaft zählten.
»Reitet Ihr mit uns in die Stadt, die Ratsherren und noch ein paar Dutzend Geiseln hierherschleifen?«, rief Rutger ihnen tatendurstig zu. Dann erkannte er, dass die vermeintlichen Gefangenen nicht mehr gefesselt waren, sondern in Waffen hinter Gerald standen.
»Ihr!«, keuchte er, fassungslos vor Wut. »Seid. Ein. Verräter. Und ich dachte, Ihr wäret der Freund meines Vaters!«
»Dein Vater hat keine Freunde«, antwortete Gerald bitter.
Er hatte noch nicht einmal zu Ende gesprochen, als Rutger schon mit dem blanken Schwert auf ihn zustürzte.
Im nächsten Augenblick war ein blutiges Gefecht zwischen Rutgers und Geralds Begleitung im Gange.
Die Sergenten näherten sich unter Kunos Befehl; die älteren unter den Stallknechten folgten Christian, um notfalls einzugreifen.
Der Rest der Burgmannschaft wartete ab, dass sich irgendwie klärte, worum es hier ging. Der Marschall gegen den Hauptmann der Wache – das war eine merkwürdige Angelegenheit.
David stürzte tödlich getroffen zu Boden; Rutger hatte ihn mit einem wuchtigen Mittelhau niedergestreckt. Georg schrie in fassungsloser Wut auf und griff an, um den Freund zu rächen. Lukas sah, dass Georg diesem Gegner unterlegen war, und rettete seinen einstigen Schüler gerade noch vor einem tödlichen Hieb.
»Komm her, du Hänfling!«, brüllte Boris von Zbor dem Seußlitzer Burgkommandanten zu, der ihn noch ein Stück überragte, und griff an. Der Grobschlächtige verließ sich ganz auf seine Körperkraft, bis ihm der Slawe mit einem schnellen Manöver das Schwert aus der Hand hebelte und einen Arm abschlug. Brüllend sank Hedwigs Bewacher in die Knie.
Ein paar Schritte weiter waren nun Rutger und Gerald in einen erbitterten Zweikampf verwickelt. Als Randolfs Sohn in Bedrängnis geriet, rief er zwei seiner Männer zu Hilfe, die den Marschall von der Seite angriffen. Gerald wollte ausweichen, brachte einem der Gegner eine klaffende Beinwunde bei, doch dann erwischte ihn Rutger mit seinem Schwert. Er trieb dem Marschall die Waffe in den Hals, dessen Augen sich vor Schmerz weit öffneten, und zog die Klinge mit einem Ruck aus dem Körper des Sterbenden. Triumphierend sah er zu, wie Gerald röchelnd zu Boden schlug und das Blut aus ihm herausfloss.
»Hier ist kein Platz für Verräter!«, keuchte er, immer noch atemlos von der Anstrengung des Kampfes.
»Hier ist kein Platz
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