Der Traum der Hebamme / Roman
schwülstiger Stimme.
»Und was sagen die Sterne darüber, wann mir endlich ein Sohn geboren wird?«, knurrte Albrecht.
»Sobald Ihr Euern Bruder besiegt und das Erbe des Hauses Wettin unter Eurer starken Hand vereint habt, wird Euch Eure Gemahlin einen Sohn austragen«, versicherte der Sterndeuter beflissen und hob den Becher in Augenhöhe des Fürsten.
»Dieser Trank fördert die Fruchtbarkeit der Markgräfin, und gleich nach Eurer Rückkehr werdet Ihr Euren Samen in ihren Leib pflanzen.«
Also muss ich sie heute nicht besteigen, dachte Albrecht beinahe erleichtert. Hätte er Elmar nicht gerade hinausgeschickt, würde er ihn umgehend damit beauftragen, die beste Hure von Meißen kommen zu lassen.
Noch vor gar nicht allzu langer Zeit hatte ihn wenigstens der Widerwille erregt, mit dem ihn seine Frau im Bett erduldete – erdulden musste. Aber seit dem Fluch dieser Hexe Marthe bedurfte es schon der stärkenden Tränke des Alchimisten und der Geschicklichkeit einer Hure.
Immerhin – dank der Mixturen des Gelehrten war Sophia im Frühsommer schwanger geworden. Doch hatte sie das Kind verloren, noch ehe sich ihr Leib richtig rundete.
»Ruf meine Gemahlin!«, befahl er dem Kammerdiener. Der verneigte sich tief und ging hinaus. Wenig später kehrte er zurück, gefolgt von der Markgräfin.
Die Miene der schönen Sophia von Böhmen war wie versteinert, als sie vor ihrem Gemahl in die Knie sank, ihr Gesicht noch bleicher als sonst.
In den ersten Ehejahren hatte sie versucht, sich wenigstens in Kleinigkeiten gegen ihren Mann zu behaupten, den sie ebenso hasste wie fürchtete, seit er sie in der Hochzeitsnacht roh entjungfert hatte. Aber seit seinem letzten Gewaltausbruch war ihre Angst vor ihm so groß, dass sie in seiner Gegenwart kaum noch ein Wort wagte. Vorsichtig riskierte sie einen schnellen Blick zur Seite, auf das Gesicht des Alchimisten, der darüber entscheiden würde, ob sie heute ihren Mann im Bett ertragen musste. Die Vorstellung allein bewirkte, dass sie am liebsten fortgerannt wäre.
»Nehmt den Trank!«, befahl Albrecht unwirsch. »Betet für meinen Sieg und bereitet Euch darauf vor, nach meiner glorreichen Rückkehr meinen Sohn zu empfangen! Auch dafür solltet Ihr beten.«
Also nicht heute, dachte Sophia unendlich erleichtert. Sie nickte gehorsam und ließ sich von dem Alchimisten das Gebräu reichen. Es schmeckte widerlich. Aber sich zu weigern, es zu trinken, wagte sie nicht. Und wenn sie endlich wieder schwanger würde und einen Sohn gebar, dann würde auch ihr Elend ein Ende haben. Als Mutter eines markgräflichen Erben durfte sie eine respektvolle Behandlung erwarten. Dann könnte sie sich bestimmt auf eines ihrer Hochzeitsgüter zurückziehen, fort von diesem Ungeheuer und seinen unberechenbaren Wutanfällen.
Wäre Albrecht ein guter Mann und sie eine fürsorgliche Ehefrau, hätte sie ihm davon abgeraten, gegen den eigenen Bruder Krieg zu führen, zumal dieser mit dem Kaiser ins Heilige Land gezogen war.
Doch so dachte sie nur: Reite endlich los – und stirb in der Schlacht!
Sie kannte ihren Schwager Dietrich bloß aus der Ferne von Hoftagen, weil sich die Söhne Ottos von Wettin tief verhasst waren und einander mieden. Sie wusste jedoch, dass Albrechts Bruder den Ruf eines tapferen und besonnenen Kämpfers genoss, auch wenn dies niemand in Beisein ihres Gemahls zu sagen wagte. So richtete sich all ihre Hoffnung darauf, dass ihr Schwager in dem nun bevorstehenden Krieg seinen Gegner besiegen, ja vielleicht sogar töten würde. Dazu hatte sie ihren Teil beigetragen – durch eine Warnung an den Weißenfelser. Natürlich so, dass ihr niemand etwas nachsagen konnte.
Sie wusste, dass einer der Ritter ihres Gemahls, Raimund von Muldental, als Anhänger ihrer Schwiegereltern galt, gegen die sich Albrecht erhoben hatte, und als treuer Freund des zum Tode verurteilten Lukas von Freiberg. Dieser Raimund züchtete Pferde; bereits mehrfach war sie auf seinen Ländereien gewesen, um sich unter seinen Stuten die schönste auszusuchen. Als ihr Gemahl sich vor ihr damit brüstete, in weniger als zwei Wochen gegen seinen Bruder zu Felde zu ziehen, kündete sie an, ihm dafür mit Geld von ihrem Wittum den besten Hengst schenken zu wollen, der in der Mark Meißen aufzutreiben sei. Albrecht hatte das als Versuch gewertet, ihr Versagen angesichts der Fehlgeburt wiedergutzumachen, und verlor kein Wort darüber, dass niemand von Verstand ohne Not auf einem Pferd in die Schlacht reiten würde, mit dem er
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