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Der Traum der Hebamme / Roman

Der Traum der Hebamme / Roman

Titel: Der Traum der Hebamme / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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eine Ehe besiegelt, wäre auf Dauer ein großer Gewinn«, drängte nun auch Norbert. Dietrich war nicht Markgraf wie einst sein Vater, sondern nur ein Graf mit einem unbedeutendem Stück Land, einer Burg, die er nicht halten konnte, und ein paar Ortschaften, die gerade niedergebrannt worden waren.
    »Gemeinsam mit meinen Söhnen und Lukas von Freiberg bereite ich einen Plan vor, wie wir unbehelligt von der Burg kommen.«
    Alle sahen zu Dietrich, gespannt auf seinen Entschluss, von dem so viel abhing.
    »Ich treffe meine Entscheidung morgen«, erklärte er mit undurchdringlicher Miene. »Falls einer von Euch bis dahin noch einen anderen Vorschlag hat – er sei mir willkommen. Nun soll jeder zurück auf seinen Posten, damit wir in der Nacht keine bösen Überraschungen erleben.«
    Damit war die Unterredung beendet.
    Dietrich wartete, bis alle sich verabschiedet hatten, dann ging er erneut Richtung Krankenlager. Er musste unbedingt mit Clara reden.

Gespräche in der Nacht
    C lara war tatsächlich noch bei den Verwundeten, aber zu Dietrichs Überraschung hockte sie nun zusammen mit dem neuen Schmied am Feuer und ritzte etwas mit einem Stock in den Lehmfußboden.
    »So, verstehst du?«, flüsterte sie, ohne den Grafen wahrzunehmen. Der junge Freiberger nahm ihr das Stöckchen aus der Hand und änderte etwas an dem Bild.
    »Ich könnte es so machen, das wäre noch besser. Schau her!«
    Es störte Dietrich sehr, wie vertraut die beiden miteinander umgingen, ganz in ihre merkwürdige Angelegenheit vertieft, ohne ihn zu bemerken. Einem Schmied stand es nicht zu, eine Edelfreie mit »du« anzureden.
    Einer der Verwundeten stöhnte und rief nach Wasser.
    Jetzt erst bemerkten die beiden jungen Leute den Fürsten am Eingang und fuhren hoch.
    »Hoheit …« Clara stand hastig auf, knickste und huschte zu dem Kranken, um ihm den hölzernen Becher neu zu füllen.
    Dann kehrte sie zum Feuer zurück.
    »Das soll ein Werkzeug werden, mit dem ich Pfeilspitzen herausziehen kann«, erklärte sie die Zeichnung auf dem Boden, etwas verlegen, aber unverkennbar begeistert. »Guntram wird es mir schmieden, und er weiß sogar, wie man es noch verbessern kann. Seht!«
    Wider Willen trat Dietrich näher und betrachtete die Linien im Erdreich. Er kannte solche Geräte; auf dem Kreuzzug waren etliche seiner Männer durch Pfeile verletzt worden. Anhand der einfachen Konturen ließ sich wirklich erkennen, dass dieses Gerät besser funktionieren würde als die üblichen: Man konnte eine Hülse über die abstehenden Enden des Pfeils schieben, damit sie das Fleisch beim Herausziehen nicht noch mehr aufrissen. So etwas hatte er schon einmal bei einem sarazenischen Heiler gesehen. Wer weiß, woher der junge Freiberger diese Idee haben mochte.
    »Ich mache mich gleich morgen früh an die Arbeit. Wenn Ihr gestattet … halte ich jetzt nach einem Platz zum Schlafen Ausschau …«, stammelte Guntram und suchte nach Erlaubnis des Grafen das Weite.
    »Wie geht es den Verwundeten?«, fragte Dietrich, um Clara und auch sich selbst Zeit zu geben, sich zu sammeln. Dass der Schmied sie mit dem vertraulichen »Du« angesprochen hatte, störte ihn immer noch.
    »Er gehörte in Freiberg zu Peters Bande«, erklärte Clara, die wohl in seinem Gesicht gelesen hatte. »Ihr erinnert Euch?«
    Gegen seinen Willen musste Dietrich lächeln. »Natürlich. Die Schmiedesöhne und der einstige Dieb. Kuno und Bertram sind übrigens heute auch hier eingetroffen. Aber das wisst Ihr sicher schon länger als ich.«
    Er durfte nicht vergessen, dass Clara eine außergewöhnliche Kindheit erlebt hatte – außergewöhnlich durch ihre Herkunft, das Schicksal ihrer Eltern und den Umstand, dass sie von klein auf insgeheim einer Verschwörerbande angehört hatte, zu der eben auch Guntram zählte.
    Nun besann sich Clara auf ihre Aufgabe und seine Frage. Sie warf einen prüfenden Blick auf die Männer, die ihr anvertraut waren.
    »Es kann sein, dass wir einem von ihnen doch noch die Hand abnehmen müssen. Aber das will ich erst morgen entscheiden, bei Tageslicht«, sagte sie leise.
    Noch jemand, der eine wichtige Entscheidung vor sich herschiebt in der sinnlosen Hoffnung, ein Wunder könnte geschehen, dachte Dietrich bitter.
    Dann sammelte er sich, strich sich das schulterlange Haar zurück und sagte: »Clara, ich würde Euch gern unter vier Augen sprechen. Jetzt gleich. Sofern Ihr keine Einwände dagegen habt.«
    Sie schwieg einen Moment. Ein Schatten legte sich über ihre Züge, der

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