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Der Traum der Hebamme / Roman

Der Traum der Hebamme / Roman

Titel: Der Traum der Hebamme / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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von frisch geschlagenem Holz mischte sich für sie an diesem feuchtkalten Herbsttag mit dem Gestank des Latrinengrabens.
    Der Anführer der kleinen Reitergruppe galoppierte an den Wachen vorbei, die ihn sofort erkannten und ohne weiteres passieren ließen.
    Dann sprang er aus dem Sattel, schnauzte den stämmigen Knecht an, den er mitgebracht hatte, sich gefälligst um seinen kostbaren Hengst zu kümmern, und marschierte geradewegs auf das größte Zelt zu, vor dem das meißnische Banner aufgepflanzt war.
    Rutger hatte richtig vermutet; sein Ziehvater, der Truchsess, stand davor und erteilte ebenfalls Befehle.
    Frohen Schrittes ging er auf ihn zu. »Vater! Ich habe von den wunderbaren Neuigkeiten gehört! Da wollte ich keine Zeit verlieren und bin sofort zu Euch gekommen, statt erst in zwei Tagen mit den anderen und dem Tross.«
    Überaus zufrieden schloss Elmar Rutger in die Arme. »Ganz so, wie ich es mir erhofft hatte. Und stell dir vor: Wie uns inzwischen ein Vöglein gezwitschert hat, ist nicht nur dieser Christiansdorfer Bastard hier, sondern auch seine Hure von Schwester!«
    »Reinhards Weib?«, fragte Rutger verblüfft zurück. Das wurde ja immer besser!
    »Reinhards Witwe«, korrigierte ihn sein Stiefvater mit boshaftem Grinsen.
    »Und wir stürmen in zwei Tagen? Ich kann es kaum erwarten«, meinte Rutger ungeduldig. Sofort begann er sich in allen Einzelheiten auszumalen, wie er sich an Clara für die Demütigungen rächen würde, die ihr Vater, ihr Mann und ihr Bruder ihm zugefügt hatten. Zuerst sollte sie mit ansehen, wie er ihren Bruder tötete, dann würde er sie an den Haaren über den Burghof schleifen lassen, ihr die Kleider vom Leib reißen und sie durchprügeln, bis sie um Gnade winselte … und darum, ihm ergebenst zu Willen sein zu dürfen. Und wenn er irgendwann genug von ihr hatte, würde er sie seinen Reisigen überlassen und dabei zuschauen, wie sie elendig verreckte.
    »Komm, wir gehen zum Fürsten«, entschied Elmar und legte seinem Ziehsohn den Arm um die Schulter.
    Albrecht saß auf seiner Bettstatt und war entweder ganz in Gedanken versunken, oder er langweilte sich zu Tode. Elmar vermutete eher Letzteres, und deshalb war er zuversichtlich, dass der Fürst Rutgers vorzeitiges Auftauchen gut aufnehmen würde.
    Eifrigst kniete Rutger vor dem Markgrafen nieder. »Hoheit, es erfüllt mich mit Stolz und großer Freude, dass Ihr mir diesen besonderen Auftrag erteilt! Ich kann es kaum erwarten, Euch den Kopf des Verräters vor die Füße zu werfen!«
    »Wie schön, wie schön«, meinte Albrecht kühl und musterte den ehrgeizigen jungen Ritter.
    »Aber wie es heißt, wart ihr früher einander ebenbürtig mit dem Schwert, Ihr und dieser Thomas. Seid Ihr Euch sicher, ihn im Zweikampf besiegen zu können? Ich schätze, mein treuer Truchsess möchte Euch nicht verlieren.«
    Rutger plagten keine solchen Zweifel. »Seid unbesorgt, Hoheit. Ich fürchte mich nicht vor diesem Bastard. Er wird sterben. Dann ist mein Vater gerächt.«
    »Das freut mich zu hören«, entgegnete Albrecht, der die Geschichte dieser Familienfeindschaft bestens kannte. Es interessierte ihn wenig, ob der großmäulige Rotschopf dabei auf seine Kosten kam. Er wollte den ganzen Zweig ausgelöscht wissen, der mit diesem Christian von Christiansdorf begann und ihm immer wieder ein Stachel im Fleisch gewesen war.
    »Damit wir uns nicht missverstehen: Übermorgen, wenn die Burg erobert ist, will ich den Verräter tot sehen, und sein Kopf soll über dem Burgtor hängen!«, verschärfte Albrecht seinen Auftrag.
    »Das wird er, Ihr habt mein Wort«, versprach Rutger.
    Albrecht bedeutete ihm aufzustehen, doch der junge Ritter zögerte. »Erlaubt Ihr mir, zwei Bitten vorzutragen, Durchlaucht?«
    »Gleich zwei?« Brüskiert zog Albrecht die Augenbrauen hoch.
    »Die eine ist eigentlich eher ein Vorschlag, Hoheit«, korrigierte sich Rutger hastig. »Ich würde gern jetzt gleich zum Burgtor reiten und meinen Feind treffen. Vielleicht lässt er sich ja auf der Stelle zu einem Zweikampf provozieren. Dann können wir seinen Kopf heute noch aufspießen, als Futter für die Krähen.«
    »Vorausgesetzt, ihr besiegt ihn«, schränkte Albrecht ein, dem die Protzerei des Jungsporns missfiel. Aber gut, man würde sehen, wie diese Sache ausging. »Und welches wäre nun die Bitte?«
    »Nach Einnahme der Burg Reinhards Hure als meine Beute.«
    Albrecht starrte Rutger ins Gesicht, ohne die geringste Regung zu zeigen. Hier ging es um etwas sehr Persönliches,

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