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Der Traum der Hebamme / Roman

Der Traum der Hebamme / Roman

Titel: Der Traum der Hebamme / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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ganze Gesicht und meinte: »Sonst müssen wir gemeinsam einen aushecken. Ich hätte da diese oder jene Idee …«
     
    Raimund war in einen Dämmerzustand gefallen, soweit seine Schmerzen und die unbequeme Haltung in Fesseln das zuließen. Ein dumpfes Plumpsen und ein ziemlich schmerzhaft klingender Schlag neben ihm rissen ihn aus der Benommenheit. Noch ehe er den Kopf zur Seite drehen konnte, machte sich jemand an seinen Fesseln zu schaffen, und im nächsten Augenblick sah er zu seiner Verblüffung in Kunos vertrautes Gesicht.
    »Wenn Ihr fliehen wollt – vor morgen wird Euch vermutlich niemand vermissen«, flüsterte dieser. »Falls Ihr bleiben müsst, dann trinkt wenigstens etwas, mit den besten Empfehlungen von Frau Marthe. Sie sagt, es würde die meisten Eurer Schmerzen lindern.«
    Dankbar ließ Raimund sich aufhelfen und trank von dem streng schmeckenden Elixier. Hinter sich sah er die Wachen quer übereinanderliegen, beide offensichtlich tot. Auch Jakob war noch am Boden, gefesselt und ohne Lebenszeichen.
    »Er ist nur bewusstlos«, beantwortete Kuno die unausgesprochene Frage. »Wir wissen nicht, ob wir ihm trauen können.«
    »Wahrscheinlich nicht. Verschnürt ihn noch ein bisschen gründlicher und knebelt ihn, dann kann er sich später herausreden, wenn sie ihn allein mit den Toten finden. Die beiden anderen Wachen sind vorhin gegangen. Ich würde mich gern gleich auf eure Seite schlagen. Aber ich muss zuerst nach Hause, meine Frau in Sicherheit bringen. Dann komme ich zurück und helfe euch.«
    Den Entschluss hatte er schon gefasst, noch während er in Fesseln lag. Da sein Sohn tot war – für wen sollte er sein Erbe wahren?
    »Wir hätten einen schnellen Hengst für Euch«, meinte Kuno zufrieden grinsend. »Ich glaube, ihr kennt ihn – einen Fuchs mit einer winzigen Blesse. Dieser Rutger hat ihn sich unter den Nagel gerissen, aber ich denke, das treue Tier will lieber zu seinem eigentlichen Herrn.«
    »Mit dem holt mich keiner ein!«, frohlockte Raimund.
    »Es wird bald Nacht, die meisten Kerle sitzen herum und trinken«, sagte der junge Mann in Kunos Begleitung. Raimund glaubte sich zu erinnern, ihn auf der Burg in Lukas’ Nähe gesehen zu haben. »Die Gelegenheit für eine Flucht ist günstig. Doch vorher sagt uns: Was wissen die hier darüber, was auf der Burg vor sich geht?«
    »Ich schwöre, ich habe nicht mehr gesagt, als sie sich ohnehin zusammenreimen konnten. Gleich am ersten Tag haben sie jemanden gefangen genommen, der gar nicht aufhören wollte zu erzählen.«
    »Er wird nichts mehr erzählen«, meinte Conrad grimmig.
    »Sie wissen, wie es bei euch aussieht und wie lange die Vorräte reichen«, berichtete Raimund. »Aber nicht, was ihr vorhabt und warum Graf Dietrich sich nicht zeigt. Sie verlassen sich ganz auf ihre Überzahl. In zwei Tagen kommt Verstärkung, dann beginnt der Großangriff.«
    Conrad verkniff sich jede Bemerkung und hob die hintere Leinenbahn des Zeltes an, um zu sehen, ob die Luft rein war. Unbemerkt in der Dunkelheit, krochen sie aus dem Zelt. Peter hatte sogar einen guten Sattel an die Stelle gelegt, wo der Fuchshengst angepflockt war. An den kunstvollen Beschlägen erkannte Raimund, dass er Elmar gehörte. Wie der Meisterdieb es angestellt hatte, den unbemerkt aus dem Zelt des Truchsessen zu holen und wie er sich von jedem Vorwurf reinwaschen würde, wenn auch noch Rutgers Prachtpferd verschwunden war, davon hatte Raimund keine Vorstellung. Aber er kannte diesen wagemutigen Kerl gut genug, um ihm zuzutrauen, dass er Vorsorge getroffen hatte, um sehr überzeugend jeden Verdacht von sich zu weisen. Bei dem Gedanken daran musste er lächeln – zum ersten Mal, seit er Gewissheit hatte, dass sein Sohn tot war.
     
    Kuno und Conrad führten ein sehr kurzes Gespräch unter sechs Augen mit Norbert, nachdem sie sich wieder über die Mauer hatten ziehen lassen.
    Der Befehlshaber schickte Kuno weg, damit er etwas aß und trank. Dann befahl er seinem Sohn und zwei weiteren Rittern, ihm zu folgen. Entschlossen stapfte er zur Kammer des Verwalters und trat ein, ohne anzuklopfen.
    Gottfried zuckte zusammen, doch bevor er etwas sagen konnte, stand Norbert schon vor ihm.
    »Wo ist eigentlich dein Nichtsnutz von Sohn?«, fragte er drohend, ohne eine Antwort zu erwarten. Die erschrockene Miene des anderen war bereits Antwort genug. Gertrud hatte die Hände vor den Mund geschlagen.
    »Werft ihn ins Verlies! In Ketten«, befahl er seinen Rittern. »Und sein Weib darf die Kammer

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