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Der Traum der Hebamme / Roman

Der Traum der Hebamme / Roman

Titel: Der Traum der Hebamme / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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wir die Furt passiert haben. Wenn das die Handvoll Leute auf meines Bruders Burg sehen, wird ihnen die Lust vergehen, uns Widerstand zu leisten.«
    Gerald stellte in Gedanken bereits die Kämpfer auf. »Das heißt, wir müssen einen Umweg über Merseburg reiten, um uns Weißenfels von Norden her zu nähern.«
    »Das ist es mir wert«, antwortete Albrecht, der diesen Umstand längst in seine Überlegungen einbezogen hatte. »Außerdem wird uns niemand aus dieser Richtung erwarten.«
    Elmar, der wieder einmal wie aus dem Nichts an Albrechts Seite aufgetaucht war, als der Marschall Bericht erstattete, zog zweifelnd die Augenbrauen hoch.
    Dieser Plan kostet uns beinahe einen halben Tag, wollte er einwenden, und es ist nicht sicher, dass wir dort nicht ebenso erwartet werden. Dietrich ist nicht dumm, ich an seiner Stelle würde mich auch gegen einen Angriff von der Furt aus wappnen. Aber ein strenger Blick seines Fürsten hielt ihn davon ab, das auszusprechen.
    Anderthalb Jahre unangefochtener Regentschaft hatten Albrecht noch hochfahrender werden lassen. Immer häufiger reagierte er abweisend oder sogar wutentbrannt auf die früher geschätzten Ratschläge Elmars. Der Markgraf legte Wert darauf zu zeigen, dass er keinen Rat mehr brauchte – schon gar nicht in militärischen Dingen.
    Gerald verneigte sich und schritt mit Erlaubnis des Fürsten davon, um ein paar Kommandos zu geben und selbst aufzusitzen. Auch Elmar entschied, vorerst nichts zu sagen. Sie hatten nichts zu verlieren außer ein wenig Zeit. Es würde tatsächlich mehr Eindruck auf die verängstigten Weißenfelser machen, wenn sie wie eine Sturmwelle in die Siedlung fluteten, statt sich hintereinander den Pfad durchzuschlagen.
    Ein Hornsignal sammelte die Männer. Augenblicke später saßen alle in den Sätteln und galoppierten los, beflügelt von der Aussicht, morgen vor dem Fürsten Ruhm zu erwerben und kräftig zu plündern.

Wiedersehen in Weißenfels
    E ine Reitergruppe – sieben gerüstete Männer und eine zierliche Frau – näherte sich der Furt, an der etliche Menschen damit beschäftigt waren, dicke Steinbrocken und umgestürzte Bäume mit gewaltigem Wurzelwerk in das Wasser zu wälzen.
    Der Anführer der kleinen Schar, ein Ritter Ende dreißig mit hellem Bart auf einem temperamentvollen Fuchshengst, begriff sofort, was hier geschah. Dietrich schien damit zu rechnen, dass sein Bruder den Ort mit breiter Front überrennen wollte – und das ging nur an der Saalefurt, auch wenn er dafür einen Umweg in Kauf nehmen musste. Da Weißenfels noch sehr jung war, im Grunde genommen nur ein Marktflecken und ein paar Siedlungen ohne starke Verteidigungsanlagen, abgesehen von der Burg auf dem hellen Felsen, wollte Dietrich die Gegner wohl gleich hier am Fluss abfangen. Am Ufer, links und rechts der Furt, errichteten mehrere Dutzend Männer Palisaden als Deckung für die Bogen- und Armbrustschützen. Die Hindernisse im Wasser würden die feindlichen Truppen zwingen, ihr Tempo zu verlangsamen, so dass die Schützen und Schleuderer bereits hier einen Teil der Angreifer kampfunfähig machen konnten, bevor sie sich auf die Burg zurückzogen.
    Klug überlegt, Junge, dachte Lukas und konnte ein anerkennendes Grinsen nicht verbergen. Er richtete den Blick auf seine Frau, die mit leicht zusammengekniffenen Augen die Gruppe der Männer am Fluss absuchte, ohne denjenigen erkennen zu können, nach dem sie so dringend Ausschau hielt.
    Lukas wusste natürlich, nach wem Marthe spähte, und versuchte ebenfalls, Thomas am Saaleufer zu entdecken. Doch aus der Entfernung sahen die Männer beinahe gleich aus. Sie unterschieden sich nur dadurch, dass die einen in Rüstung am Ufer standen, die anderen spärlich bekleidet im Fluss, um die Hindernisse in der sanften Strömung unverrückbar zu plazieren. Eine Gruppe Männer in einfachen Bauernkitteln mit Äxten und Schaufeln und zwei mit Holzstämmen beladene Ochsenkarren zeugten davon, dass auch die Bewohner von Tauchlitz – der Siedlung unterhalb der Burg – halfen, sich auf den Angriff vorzubereiten.
    »Da ist er!«, rief Lukas Marthe zu und streckte die Hand aus.
    Erleichtert starrte sie in die gewiesene Richtung. Tatsächlich – ihr ältester Sohn! Mit triefend nassem Haar schlüpfte er gerade wieder in den Gambeson. Wahrscheinlich hatte er bis eben noch im Fluss gestanden.
    Er ist so mager geworden, war ihr erster, bekümmerter Gedanke. Und so düster …
    Thomas schien sie noch nicht bemerkt zu haben, sondern raunzte

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