Der Traum des Highlanders
denen es sich anfühlte, als würde er in zwölf verschiedene Richtungen gezerrt, als bräche die Welt zusammen, wenn er auch nur einmal blinzelte, und an denen er die Befürchtung hatte, er würde seiner Berufung einfach nicht gerecht.
Und dann gab es Tage – wie zum Beispiel heute –, an denen er bezweifelte, dass er überhaupt zu irgendwas berufen war.
3
E r hatte keinen Gerichtstermin, seine kranken Holzfäller hatten die Arbeit wieder aufgenommen, und die Jungen hatten ihr Frühstück selbst zubereitet und den Schulweg angetreten, ohne dass ein Feuer oder irgendeine andere Katastrophe über sie hereingebrochen war. Robbie sattelte sein Pferd und führte es mit dem festen Vorsatz, Catherine Daniels endlich ausfindig zu machen, in die stärker werdende Märzsonne hinaus.
Kaum hatte er die Stalltür zugemacht, als er die Schneeeule auf einem der Zaunpfähle der Koppel sitzen sah.
»Aber hallo, meine Kleine.« Er ging langsam Richtung Zaun und strich ihr sanft über das seidige Gefieder. »Ich hatte schon gehofft, dass du dich heute blicken lässt. Ich könnte nämlich deine Hilfe brauchen.«
Die Eule schmiegte sich an seine Hand und klappte mit einem leisen Gurren ihre Augen zu.
»Wo hast du die ganze Zeit gesteckt?«, wisperte er leise und umfasste ihren breiten weißen Kopf mit seiner Hand. »Ich habe dich vermisst.«
Die Eule reckte sich, drehte ihren Kopf und knabberte an seinem Daumen. Lachend machte Robbie sich daran, sich in den Sattel seines Pferds zu schwingen, drehte sich dann aber noch einmal zu dem Vogel um. »Mein Schwert?« Er sah der Eule ins Gesicht. »Ich suche eine Frau und zwei kleine Kinder, denen ich, statt sie zu Tode zu erschrecken, meinen Schutz und meine Hilfe anbieten will.«
Seine alte Freundin sah ihn einfach blinzelnd an, und so band Robbie sein Pferd am Zaun der Koppel fest, stemmte die Hände in die Hüften und erklärte: »Es ist mir egal, was dieser verrückte alte Zauberer ausgebrütet hat. Ich kann die junge Dame unmöglich noch eine Nacht dort draußen lassen. Daars Angelegenheit wird einfach noch ein bisschen warten müssen.«
Die Eule spreizte ihre Flügel und stieß ein aufgeregtes Pfeifen aus.
»Ich nehme mein Schwert bestimmt nicht mit!« Robbie hatte kein Problem damit, sich laut mit dem Tier zu unterhalten. Das tat er bereits seit zweiundzwanzig Jahren, auch wenn ihre Gespräche normalerweise so verliefen, dass die Eule ihn belehrte und dass er ihr widersprach. »Außerdem kannst du nicht einfach sechs Monate verschwinden und dann plötzlich wieder erscheinen, mir irgendwelche Anweisungen geben und erwarten, dass ich tue, was du sagst.«
Als die Eule mit dem Schnabel klapperte, hörte es sich an, als lache sie ihn aus. Wütend kreuzte er die Arme vor der Brust. »Kannst du mir versichern, dass Daar nicht einfach wieder irgendwas im Schilde führt?«
Das Tier starrte ihn schweigend an.
Robbie beugte sich so dicht vor das Gesicht der Eule, dass er fast mit seiner Nase gegen ihren Schnabel stieß. »Dann hilf mir«, wisperte er eindringlich. »Schinde etwas Zeit für mich heraus, damit ich Catherine Daniels und die Kinder finden kann. Überrede den Druiden, noch ein paar Tage zu warten.«
Die Eule machte einen Schritt zur Seite und stieß ein lautes Kreischen aus.
»Ich weiß, dass Papa und die anderen in Gefahr sind.« Wieder stemmte Robbie seine Hände in die Hüften. »Aber, verdammt, was, wenn ich das Buch nicht holen kann? Was, wenn ich versage?« Dann hob er abwehrend die Hand. »Es ist ein Unterschied, ob man vorsichtig oder ängstlich ist! Du kannst nicht von mir erwarten, dass ich mich einfach blindlings in eine völlig andere Zeit versetzen lasse. Ich muss erst überlegen, ich brauche einen Plan.«
Die Eule wandte ihm den Rücken zu.
Seufzend machte Robbie auf dem Absatz kehrt, ging zum Haus zurück, nahm zwei Verandastufen auf einmal, stapfte durch die Küche, rannte über die Treppe in sein Schlafzimmer hinauf, hob die Matratze seines Bettes an, zog das Schwert hervor, stürmte wieder nach unten und marschierte zu seinem Pferd zurück.
»Ich hoffe bei Gott, dass du weißt, was du tust«, murmelte er zornig, während er das Schwert in die Scheide seiner Tasche schob, bevor er sie sich über die Schultern schwang. »Denn ich weiß es ganz sicher nicht.«
Die Eule breitete die Flügel aus und flog über die Koppel in Richtung des Tar Stone davon. Robbie schwang sich in den Sattel und folgte Mary in den Wald.
Er konnte sich noch ganz genau daran
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