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Der Traum des Wolfs

Der Traum des Wolfs

Titel: Der Traum des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan , Brandon Sanderson
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Er schien zu pulsieren wie ein kleines pochendes Herz. Kürzlich erst hatte Nynaeve einen ähnlichen Verfall in anderen Asha’man entdeckt. Ihre Fertigkeiten in der Tiefenschau wurden immer besser, ihre Gewebe feiner, und sie konnte Dinge finden, die ihr einst verborgen geblieben waren. Allerdings hatte sie keine Idee, wie sie diesen Schaden wieder richten sollte.
    Alles sollte zu Heilen sein, sagte sie sich. Alles außer dem Tod. Sie konzentrierte sich und webte alle Fünf Mächte, dann tastete sie den Wahnsinn ganz behutsam ab, denn sie hatte nicht vergessen, was geschehen war, als sie Graendals unglücklichen Diener von seinem Zwang befreit hatte. Sie wollte Naeffs Verstand nicht noch mehr schädigen; da war er mit seinem Wahnsinn besser dran.
    Seltsamerweise schien die Dunkelheit tatsächlich eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Zwang zu haben. Hatte der Makel das angerichtet? Männer, die die Eine Macht benutzten, mit dem Zwang des Dunklen Königs auf die Knie gezwungen?
    Vorsichtig webte sie ein Gegengewebe über dem Wahnsinn, dann legte sie es auf Naeffs Verstand. Das Gewebe löste sich einfach in nichts auf und bewirkte nichts.
    Sie knirschte mit den Zähnen. Das hätte funktionieren müssen. Aber wie so oft in letzter Zeit hatte es versagt.
    Nein, dachte sie. Nein, ich kann jetzt nicht einfach aufgehen. Sie Schaute tiefer. Die Dunkelheit hatte winzige dornen-ähnliche Stachel in Naeffs Verstand gebohrt. Nynaeve ignorierte die Leute, die sich um sie herum versammelten, und inspizierte diese Dornen. Vorsichtig webte sie Geist, um einen von ihnen herauszuziehen.
    Er löste sich mit einigem Widerstand, und schnell Heilte sie die Stelle, an der er in Naeffs Fleisch eingedrungen war. Das Gehirn schien zu pulsieren und sah gesünder aus. Einen nach dem anderen zog sie auch den Rest heraus. Dabei musste sie ihre Gewebe aufrechterhalten, um die Stachel davon abzuhalten, sich wieder hineinzubohren. Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Stirn. Das Viertel zu säubern hatte sie bereits ermüdet, und sie konnte keine Konzentration erübrigen, um die Hitze von sich fernzuhalten. In Tear war es immer so schwül.
    Sie arbeitete weiter, bereitete noch ein Gegengewebe vor. Sobald sie jeden Dorn herausgezogen hatte, ließ sie ihr neues Gewebe los. Der dunkle Fleck wogte und zitterte, als wäre er lebendig.
    Dann verschwand er.
    Fast bis zur absoluten Erschöpfung ausgelaugt, stolperte Nynaeve zurück. Naeff blinzelte, dann schaute er sich um. Er griff sich an den Kopf.
    Beim Licht! Habe ich ihn verletzt? Ich hätte dort nicht hineingreifen dürfen. Ich hätte …
    »Sie sind weg«, sagte Naeff. »Die Blassen… ich sehe sie nicht mehr.« Er blinzelte. »Warum sollten sich auch Blasse in den Schatten verbergen? Sie hätten mich doch getötet, wenn ich sie hätte sehen können und …« Er blickte sie an, riss sich zusammen. »Was habt Ihr getan?«
    »Ich … ich glaube, ich habe gerade Euren Wahnsinn Geheilt.« Nun, sie hatte irgendetwas damit gemacht. Was sie da getan hatte, war kein normales Heilen gewesen, es war nicht einmal Heilgewebe gewesen. Aber anscheinend hat es funktioniert.
    Naeff lächelte breit und erschien verblüfft. Er nahm mit beiden Händen ihre Hand, dann kniete er mit Tränen in den Augen vor ihr nieder. »Seit Monaten hatte ich das Gefühl, ständig unter Beobachtung zu stehen. Als würde ich in dem Augenblick ermordet, in dem ich den Schatten meinen Rücken zuwende. Und jetzt… Ich danke Euch. Ich muss zu Nelavaire.«
    »Dann ab mit Euch«, sagte Nynaeve. Naeff schoss davon und rannte zurück in Richtung Stein, um seine Aes Sedai zu finden.
    Ich darf nicht zulassen, dass ich zu der Überzeugung gelange, dass nichts von dem, was ich tue, von Bedeutung ist. Denn das will der Dunkle König. Während sie dem rennenden Naeff nachsah, bemerkte sie, wie am Himmel die Wolkendecke aufriss. Rand war zurückgekehrt.
    Arbeiter fingen an, die Trümmer der Gebäude wegzuräumen, die nur zur Hälfte zu Staub zerfallen waren, und Nynaeve beruhigte die besorgten Tairener, die sich am Rand des Kreises versammelt hatten. Sie wollte keine Panik dulden; sie versicherte jedem, dass die Gefahr vorüber war, und dann bat sie darum, mit den Familien sprechen zu können, die Opfer zu beklagen hatten.
    Sie war noch immer damit beschäftigt und unterhielt sich gerade leise mit einer dünnen, besorgten Frau, als Rand sie fand. Die Frau war eine Angehörige des gemeinen Volkes und trug ein hochgeschlossenes Kleid mit drei Schürzen

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