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Der Traum des Wolfs

Der Traum des Wolfs

Titel: Der Traum des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan , Brandon Sanderson
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ich immer gekonnt. Es ist wie laufen. Oder springen.
    »Ja, aber wie?«
    Der Wolf roch verwirrt. Es ist ein Geruch, erwiderte er schließlich, obwohl es sich bei diesem »Geruch« um eine viel kompliziertere Sache handelte. Es war ein Gefühl, ein Eindruck, ein Geruch - nur alles zusammen.
    »Geh irgendwohin«, sagte Perrin. »Lass mich versuchen, dir zu folgen.«
    Springer verschwand. Perrin ging zu der Stelle, an der der Wolf gestanden hatte.
    Rieche es, übermittelte Springer aus der Ferne. Allerdings war er nahe genug, um es übermitteln zu können. Reflexartig streckte Perrin seine Gedanken aus. Er fand Dutzende Wölfe. Tatsächlich erstaunte es ihn, wie viele von ihnen hier an den Hängen des Drachenberges waren. Noch nie zuvor hatte er so viele an einem Ort versammelt gefühlt. Warum waren sie hier? Und sah der Himmel an diesem Ort nicht viel stürmischer aus als in anderen Gebieten des Wolfstraums?
    Springer konnte er nicht länger spüren; irgendwie hatte sich der Wolf von ihm abgegrenzt und machte es ihm unmöglich, seinen Aufenthaltsort zu bestimmen. Perrin kauerte sich nieder. Rieche es, hatte Springer gesagt. Wie denn? Perrin schloss die Augen und überließ es seiner Nase, die Gerüche der Umgebung an ihn heranzutragen. Tannenzapfen und Baumsaft, Blätter, Torfgränke und Schierling.
    Und … etwas anderes. Ja, er konnte etwas riechen. Ein ferner, verweilender Duft, der nicht hierherzugehören schien. Viele Gerüche waren gleich - die gleiche fruchtbare Luft der Natur, die zahllosen Bäume. Aber darin mischten sich die Gerüche von Moos und feuchtem Stein. Die Luft war anders. Voller Pollen und Blumen.
    Perrin schloss die Augen und atmete tief ein. Irgendwie setzte er in seinem Verstand aus diesen Gerüchen ein Bild zusammen. Der Prozess hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit der Art und Weise, wie sich die Kommunikation eines Wolfes in Worte übersetzte.
    Da, dachte er. Etwas verschob sich.
    Er schlug die Augen auf. Zwischen Kiefern saß er auf einem Felsen; er befand sich am Drachenberg, etliche Stunden zu Fuß von der Stelle entfernt, an der er eben noch gewesen war. Der Felsen war mit Flechten bewachsen und erhob sich über die Bäume. Wo das Sonnenlicht die Blüten erreichte, wuchsen violette Frühlingsglocken. Es tat gut, Blumen zu sehen, die nicht verkümmerten oder verdorrten, selbst wenn es nur im Wolfstraum war.
    Komm, übersandte Springer. Folge uns.
    Und er war wieder weg.
    Perrin schloss die Augen, atmete ein. Dieses Mal fiel es leichter. Eiche und Gras, Schlamm und schwüle Luft. Anscheinend hatte jeder Ort seinen ganz besonderen Duft.
    Perrin versetzte sich, schlug die Augen auf. Er hockte in einem Feld an der Jehannahstraße. Hier war Eichentänzerins Rudel zuvor hingelaufen; Springer schlich über die Wiese und roch nach Neugier. Das Rudel war weitergezogen, aber es befand sich noch immer in der Nähe.
    »Kann ich das immer tun?«, fragte Perrin den Wolf. »Riechen, wo ein Wolf im Traum hinging?«
    Das kann jeder, erwiderte Springer. Wenn er wie ein Wolf riechen kann. Er grinste.
    Perrin nickte nachdenklich.
    Springer schaute ihn über die Wiese hinweg an. Wir müssen üben, Junger Bulle. Du bist noch immer ein Welpe mit kurzen Beinen und weichem Fell. Wir…
    Springer erstarrte plötzlich.
    »Was ist?«
    Ein Wolf heulte schmerzerfüllt. Perrin fuhr herum. Es war Morgenlicht. Das Heulen verstummte wie abgeschnitten, und das Bewusstsein des Wolfs verschwand.
    Springer knurrte. Er roch panisch, wütend und traurig.
    »Was war das?«, wollte Perrin wissen.
    Man jagt uns. Geh, Junger Bulle! Wir müssen gehen.
    Die anderen Rudelmitglieder sprangen weg. Perrin knurrte. Starb ein Wolf im Wolfstraum, starb er für immer. Es gab keine Wiedergeburt, keine Jagd mit der Nase im Wind. Nur einer jagte die Geister von Wölfen.
    Der Schlächter.
    Junger Bulle! Wir müssen gehen!
    Perrin knurrte immer noch. Morgenlicht hatte einen letzten Ausbruch von Überraschung und Schmerzen geschickt, ihr letzter Blick auf die Welt. Perrin formte ein Bild aus dem Wirrwarr. Dann schloss er die Augen. Junger Bulle! Nein! Er…
    Ortswechsel. Perrin riss die Augen auf und fand sich auf einer kleinen Lichtung in der Nähe der Stelle wieder, wo seine Leute in der realen Welt ihr Lager aufgeschlagen hatten. In der Mitte der Lichtung kauerte ein muskulöser, gebräunter Mann mit dunklem Haar und blauen Augen. Vor ihm lag ein Wolfskadaver. Der Schlächter war ein Mann mit kräftigen Armen, und er roch leicht unmenschlich, wie

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