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Der Traum des Wolfs

Der Traum des Wolfs

Titel: Der Traum des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan , Brandon Sanderson
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Scheit wieder auf und machte weiter - Gauls stummes Speerschärfen beruhigte ihn. Sauber teilte die Axt das Holz.
    Er ließ sich von den Dingen vereinnahmen, die er tat, vielleicht sogar zu sehr. Das stimmte schon.
    Andererseits, wollte man je etwas erreichen, dann musste man so lange an einer Sache arbeiten, bis sie erledigt war. Er kannte viele Männer, die anscheinend niemals etwas zu Ende brachten, und ihre Höfe befanden sich in einem schlimmen Zustand. So konnte er nicht leben.
    Es musste ein Gleichgewicht geben. Er hatte immer behauptet, in eine Welt gestoßen worden zu sein, deren zahllose Probleme so viel größer als er waren. Er hatte von sich behauptet, nur ein einfacher Mann zu sein.
    Was, wenn er sich irrte? Was, wenn er ein komplizierter Mann war, der einst nur zufällig ein einfaches Leben gelebt hatte? Denn wenn er tatsächlich so schlicht war, wieso hatte er sich dann in eine so komplizierte Frau verliebt?
    Das gespaltete Holz häufte sich. Perrin bückte sich und sammelte es auf; die Maserung fühlte sich auf seiner Haut rau an. Schwielige Finger; er würde nie ein Lord wie diese verwöhnten Kreaturen aus Cairhien sein. Aber es gab auch eine andere Sorte von Lord, Männer wie Failes Vater. Oder Männer wie Lan, die mehr Waffe als Mann zu sein schienen.
    Perrin stapelte das Holz auf. Es machte ihm Spaß, die Wölfe in seinem Traum anzuführen, aber Wölfe erwarteten auch nicht von einem, dass man sie beschützte oder für sie sorgte oder für sie Gesetze machte. Sie klagten einen nicht an, wenn ihre geliebten Angehörigen unter seinem Kommando starben.
    Nicht die Führung bereitete ihm Sorgen. Sondern all die Dinge, die sie mit sich brachte.
    Die Luft trug den Geruch des sich nähernden Elyas heran.
    Mit seinem natürlichen, erdigen Duft roch er wie ein Wolf. Zumindest beinahe.
    »Du bist aber noch spät auf«, sagte Elyas. Perrin hörte, wie Gaul seinen Speer raschelnd an seinem angestammten Platz im Bogenköcher verstaute und sich dann mit der Lautlosigkeit eines in den Himmel aufsteigenden Spatzen zurückzog. Er würde in der Nähe bleiben, aber er würde nicht zuhören.
    Perrin schaute in den dunklen Himmel, dann legte er die Axt auf die Schulter. »Manchmal fühle ich mich nachts lebendiger als tagsüber.«
    Elyas lächelte. Perrin sah es nicht, aber er konnte die Belustigung riechen.
    »Hast du je versucht, das alles zu meiden?«, fragte Perrin. »Ihre Stimmen zu ignorieren, einfach so zu tun, als hätte sich nichts an dir verändert?«
    »Das habe ich«, erwiderte Elyas. Seine Stimme war leise und weich; irgendwie erinnerte sie an in Bewegung geratenes Erdreich. An fernen Donner. »Ich wollte es, aber dann wollten die Aes Sedai mich einer Dämpfung unterziehen. Ich musste fliehen.«
    »Vermisst du dein altes Leben?«
    Elyas zuckte mit den Schultern - Perrin konnte die Bewegung hören, der Stoff, der gegeneinander schabte. »Kein Behüter will seine Pflicht im Stich lassen. Aber manchmal sind andere Dinge wichtiger. Oder … vielleicht verlangen sie auch einfach mehr. Ich bereue meine Entscheidungen nicht.«
    »Ich kann nicht gehen, Elyas. Ich werde es auch nicht.«
    »Ich habe mein Leben für die Wölfe hinter mir gelassen. Das bedeutet noch lange nicht, dass du das auch tun musst.«
    »Noam blieb keine andere Wahl.«
    »Hatte er die wirklich nicht?«
    »Es verschlang ihn. Er hörte auf, ein Mensch zu sein.« Da war ein Hauch von Sorge. Elyas wusste darauf keine Antwort.
    »Besuchst du die Wölfe je im Traum?«, fragte Perrin. »An einem Ort, an dem tote Wölfe wieder laufen und leben?«
    Elyas drehte sich um und musterte ihn. »Dieser Ort ist gefährlich. Es ist eine andere Welt, auch wenn sie irgendwie mit der hier verbunden ist. Legenden zufolge konnten die Aes Sedai der Vergangenheit sie betreten.«
    »Und andere Leute auch«, sagte Perrin und musste an den Schlächter denken.
    »Sei in diesem Traum vorsichtig. Ich halte mich davon fern.« Sein Geruch kündete von Vorsicht.
    »Fällt es dir jemals schwer?«, wollte Perrin wissen. »Dich von dem Wolf zu trennen?«
    »Früher schon.«
    »Aber heute nicht mehr?«
    »Ich habe ein Gleichgewicht gefunden«, sagte Elyas. » Wie?«
    Der ältere Mann schwieg einen Augenblick lang. »Ich wünschte, ich könnte das sagen. Es war einfach etwas, das ich lernte, Perrin. Etwas, das du lernen musst.«
    Oder du endest wie Noam. Perrin erwiderte den Blick aus Elyas’ goldenen Augen, dann nickte er. »Danke.«
    »Für den Rat?«
    »Nein«, sagte Perrin.

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