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Der Traum des Wolfs

Der Traum des Wolfs

Titel: Der Traum des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan , Brandon Sanderson
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Aber was bedeutete einer Aes Sedai schon das Alter?
    »Ich hatte immer geglaubt, ich würde die dort drin sein«, sagte Siuan leise zu Bryne. »Dass ich ihn empfangen und leiten würde. Ich war diejenige, die auf diesem Stuhl sitzen sollte.«
    Bryne griff fester zu. »Siuan, ich …«
    »Ach, sei nicht so«, knurrte sie ihn an. »Ich bereue nichts.«
    Er runzelte die Stirn.
    »Es ist besser so«, sagte Siuan, obwohl es ihr die Eingeweide verknotete, das zuzugeben. »Trotz all ihrer Tyrannei und Dummheit ist es gut, dass Elaida mich abgesetzt hat, denn das brachte uns Egwene. Sie wird mehr erreichen, als ich je geschafft hätte. Das ist schwer zu verdauen - ich war gut als Amyrlin, aber das konnte ich nicht. Durch Ausstrahlung zu führen statt durch Zwang, zu einen statt zu spalten. Und darum bin ich froh, dass Egwene ihn empfängt.«
    Bryne lächelte und drückte liebevoll ihre Schulter.
    »Was?«
    »Ich bin stolz auf dich.«
    Sie rollte mit den Augen. »Pah. Eines Tages werde ich noch in deiner Gefühlsduselei ertrinken.«
    »Siuan Sanche, du kannst deine Gutherzigkeit nicht vor mir verbergen.«
    »Du bist solch ein Narr.«
    »Egal. Du hast uns diesen Augenblick ermöglicht, Siuan.
    Welche Höhen dieses Mädchen auch erklimmt, das wird sie nur deshalb tun, weil du für sie die Stufen geschlagen hast.«
    »Ja, und dann übergab ich Elaida den Meißel.« Siuan warf einen Blick auf Egwene, die am Eingang zum Saal stand. Die junge Amyrlin ließ den Blick über die versammelten Frauen schweifen und nickte Siuan grüßend zu. Vielleicht sogar etwas respektvoll.
    »Sie ist das, was wir jetzt brauchen«, meinte Bryne. »Aber du warst das, was wir damals brauchten. Du hast gute Arbeit geleistet, Siuan. Sie weiß das, und die Burg weiß es auch.«
    Das zu hören fühlte sich gut an. »Nun. Hast du ihn gesehen, als du hereinkamst?«
    »Ja«, sagte Bryne. »Er stand dort unten, von mindestens hundert Behütern und sechsundzwanzig Schwestern bewacht - zwei vollen Zirkeln. Zweifellos ist er abgeschirmt, aber die sechsundzwanzig Frauen schienen beinahe von Panik ergriffen. Niemand wagte es, ihn zu berühren oder zu fesseln.«
    »Solange er abgeschirmt ist, spielt das keine Rolle. Sah er ängstlich aus? Hochmütig? Wütend?«
    »Nein. Nichts davon.«
    »Nun, wonach sah er denn dann aus?«
    »Willst du das wirklich wissen, Siuan? Er sah aus wie eine Aes Sedai.«
    Siuan ließ den Mund zuschnappen. Verspottete er sie wieder? Nein, der General erschien ehrlich. Aber was meinte er damit?
    Egwene betrat den Saal, dann eilte eine weißgekleidete Novizin fort, begleitet von zwei von Chubains Soldaten. Egwene hatte nach dem Drachen geschickt. Bryne blieb dort mit auf Siuans Schulter gelegter Hand stehen, stand direkt hinter ihr in dem Korridor. Siuan zwang sich zur Ruhe.
    Schließlich sah sie am Ende des Ganges eine Bewegung. Um sie herum fingen Schwestern an zu glühen, als sie die Quelle umarmten. Siuan versagte sich dieses Zeichen der Unsicherheit.
    Kurz darauf erschien eine Prozession. Behüter bildeten ein Rechteck um eine hochgewachsene Gestalt in einem abgetragenen braunen Umhang, gefolgt von sechsundzwanzig Aes Sedai. Für Siuan leuchtete die Gestalt in der Mitte. Sie verfügte über das Talent, ta’veren sehen zu können, und al’Thor zählte zu den mächtigsten, die je gelebt hatten.
    Sie zwang sich, das Leuchten zu ignorieren und al’Thor selbst zu mustern. Anscheinend war aus dem Jungen ein Mann geworden. Sämtliche Anzeichen jugendlicher Weichheit waren weg und durch harte Linien ersetzt. Er hatte die unbewusste in sich zusammengesunkene Haltung abgelegt, die viele junge Männer an den Tag legten, vor allem die hochgewachsenen. Stattdessen akzeptierte er seine Größe, wie es ein Mann tun sollte, schritt energisch aus. Während ihrer Zeit als Amyrlin hatte Siuan falsche Drachen gesehen. Seltsam, wie dieser Mann ihnen hätte ähneln müssen. Es war …
    Sie erstarrte, als sich ihre Blicke trafen. Etwas an seinen Augen war unbestimmbar, eine Bürde, ein Alter. Als würde dieser Mann durch das Licht von tausend Leben sehen, die zu einem komprimiert worden waren. Sein Gesicht sah tatsächlich aus wie das einer Aes Sedai. Zumindest diese Augen verrieten Alterslosigkeit.
    Der Wiedergeborene Drache hob die rechte Hand - der linke Arm blieb hinter seinem Rücken gehalten - und hielt die Prozession an. »Wärt ihr so freundlich«, sagte er zu den Behütern und schob sich an ihnen vorbei.
    Die schockierten Behüter ließen ihn

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