Der Traum des Wolfs
es war die Kombination aus ihnen beiden - dazu kamen ja noch Failes Verbindungen zum saldaeanischen Thron -, die Morgase wirklich Sorgen bereitete. Ja, er hatte das Banner von Manetheren eingeholt, aber er hatte schon vorher befohlen, das Wolfskopfbanner abzunehmen. Oftmals war ein Verbot der beste Weg, um dafür zu sorgen, dass es erst recht geschah.
Alliandres Tasse war zur Hälfte geleert. Morgase beeilte sich nachzuschenken; wie viele hochgeborene Damen erwartete Alliandre immer, eine volle Tasse zu haben. Alliandre warf Morgase einen Blick zu, und da lag ein Hauch Unbehagen in ihren Augen. Alliandre war sich unsicher, wie ihre Beziehung aussehen sollte. Das war merkwürdig, war Alliandre während ihrer Gefangenschaft doch so hochmütig gewesen. Die Person, die Morgase einst gewesen war, die Königin, wollte Alliandre zur Seite nehmen und ihr in allen Einzelheiten erklären, wie sie ihre Erhabenheit überzeugender aufrechterhielt.
Sie würde es selbst lernen müssen. Morgase war nicht länger die Person, die sie einst gewesen war. Sie war sich nicht sicher, was sie war, aber sie würde lernen, wie sie als Dienerin einer Lady ihre Pflicht erfüllte. Das war zu einer Passion geworden. Eine Möglichkeit, sich selbst zu beweisen, dass sie noch immer stark war, noch immer etwas wert war.
In gewisser Hinsicht war es furchteinflößend, dass sie sich darüber Sorgen machte.
»Lord Perrin«, sagte Alliandre, als sich Morgase zurückzog. »Ist es wahr, dass Ihr meine Leute zurück nach Jehannah schicken wollt, nachdem Ihr Gill und seine Gruppe gefunden habt?«
Morgase ging an Masuri vorbei - die Aes Sedai wollte immer nur nachgeschenkt haben, wenn sie mit dem Fingernagel gegen die Tasse klopfte.
»Das ist richtig«, sagte Perrin. »Wir alle wissen, dass Ihr Euch uns eigentlich ja gar nicht anschließen wolltet. Hätten wir Euch nicht mitgenommen, wärt Ihr nie von den Shaido gefangen genommen worden. Masema ist tot. Es ist Zeit, dass Ihr wieder Eure Nation regiert.«
»Bei allem nötigen Respekt, mein Lord«, sagte Alliandre. »Warum rekrutiert Ihr meine Landsleute, wenn nicht für ein zukünftiges Heer?«
»Ich will niemanden rekrutieren. Nur weil ich sie nicht abweise, bedeutet das nicht, dass ich dieses Heer noch größer machen will.«
»Mein Lord«, sagte Alliandre. »Aber sicherlich ist es weise, das zu behalten, was Ihr da habt.«
»Da hat sie recht, Perrin«, fügte Berelain leise hinzu. »Man braucht doch nur in den Himmel zu schauen, um zu wissen, dass die Letzte Schlacht unmittelbar bevorsteht. Warum ihre Streitmacht zurückschicken? Ich bin überzeugt, dass der Lord Drache jeden Soldaten aus jedem ihm verschworenen Land brauchen wird.«
»Er kann nach ihnen schicken, wenn er sich dazu entscheidet«, sagte Perrin stur.
»Mein Lord«, sagte Alliandre. »Ich leistete nicht ihm einen Eid. Ich leistete Euch einen Eid. Wenn Ghealdan nach Tarmon Gai’don marschiert, sollte es das unter Eurem Banner tun.«
Perrin stand auf, was mehrere der Leute im Zelt überraschte. Wollte er gehen? Wortlos ging er zur offenen Seite des Pavillons und steckte den Kopf hinaus. »Will, kommt her«, rief er.
Ein Gewebe der Einen Macht verhinderte, dass man von draußen zuhören konnte. Morgase konnte Masuris verknotete Gewebe sehen, die das Zelt abschirmten. Ihre Kompliziertheit schien ihr minimales Talent in der Einen Macht zu verspotten.
Masuri klopfte an ihre Tasse, und Morgase beeilte sich, ihr nachzuschenken. Die Frau nippte gern an ihrem Tee, wenn sie nervös war.
Perrin wandte sich wieder den Versammelten zu, gefolgt von einem attraktiven Jungen, der ein zusammengewickeltes Tuchbündel trug.
»Entfaltet es«, befahl Perrin.
Der junge Mann gehorchte nervös. Der Wolfskopf erschien, der Perrins Zeichen war.
»Ich habe dieses Banner nicht gemacht«, sagte Perrin. »Ich wollte es nie, aber nach Ratschlägen habe ich es wehen lassen. Nun, die Gründe dafür sind vorbei. Ich befahl, das Ding einzuholen, aber das scheint nie lange zu funktionieren.« Er fixierte Will. »Will, ich will, dass das im Lager verbreitet wird. Ich gebe einen direkten Befehl. Ich will, dass jedes einzelne dieser verfluchten Banner verbrannt wird. Habt Ihr verstanden?«
Will erbleichte. »Aber …«
»Tut es einfach«, sagte Perrin. »Alliandre, Ihr leistet Rand den Lehnseid, sobald wir ihn finden. Ihr werdet nicht unter meinem Banner reiten, weil ich kein Banner habe. Ich bin Schmied, mehr nicht. Ich habe diesen Unsinn viel zu lange
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