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Der Treffpunkt

Der Treffpunkt

Titel: Der Treffpunkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eden Bell
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Gottes weiter Himmel war. Ich hatte keinen Appetit an diesem Abend, schaltete weder TV-Gerät noch Radio ein. Ich fragte mich, warum ich die Wärme nicht vergessen konnte, die diesen seltsamen Raum erfüllt hatte. Ich hatte noch immer den Geruch von Chlor in meiner Nase. Es gab mir ein gutes Gefühl und trotzdem hatte ich Angst davor.
     
    Frau Wender, die Biologieprofessorin, borgte sich ein Buch über die Herstellung von Milchprodukten aus. Sie war zwar eine strenge Lehrkraft, aber eine gute Seele! Ich mochte sie und ich denke, sie mochte mich auch. Ich wollte in keiner Weise blöde Fragen stellen und plauderte mit ihr über die bevorstehende Weihnachtsfeier. Der neue Tag hatte gut begonnen. Die Bibliothek erstrahlte in einem neuen Licht. Alles war frisch und das Ereignis vom vergangenen Abend auf eine kleine Erinnerung reduziert. Als ich Fred sah, ging ich auf ihn zu.
      „Die Tür in der Turngerätekammer. Wo führt die eigentlich hin? Ich habe gestern einen Put zlappen gesucht und wundere mich nur über diesen eigenartigen Raum.“
      Der bärtige, dickliche Mann im blauen Mantel kicherte. „Was faselst du da? Die ist schon seit Jahren versperrt. Wir haben den Schlüssel verloren. Es ist nichts besonderes drin. Wir haben sie nie aufgebrochen, weil in dieser Kammer nur ein paar alte Schachteln, Bretter und kaputte Fu ßbälle gelagert werden. Der Aufwand lohnt sich gar nicht.“
      Ich wusste, dass es besser war, jetzt die Klappe zu halten. In meiner Mittagspause schlenderte ich zum Turnsaal und begrüßte Herrn Gapp, der mir auf dem Weg dorthin begegnete. Er war schon seit Jahren der allseits beliebte Turnprofessor der Schule. Seine Vorliebe galt allen Sch ülern, die bereit waren, Grenzen zu überschreiten. So hatte er es einmal formuliert. Wir machten Smalltalk und gingen weiter.
      Ich wollte die angeblich versperrte Tür öffnen, durch die ich gestern in dieses riesengroße, wunderschöne Bad gelangt war. Doch sie war verschlossen. Ich rüttelte am Türgriff. Nichts tat sich. Genervt holte ich den Hauptschlüssel aus meiner Tasche und probierte ihn. Er passte nicht. Mein Vorhaben war sinnlos. Ich ging also zurück in die Bücherei und widmete mich den ins neue System zu übertragenden Dateien.
      Es war das Ende der sechsten Stunde, als Daniel, ein sehr markanter, rüstiger Junge aus der Abschlussklasse zu mir kam, um sich das Buch „Bis zur letzten Stunde“ von Traudl Junge auszuleihen.
      „Du wirst das Buch nicht mehr aus der Hand legen“, sagte ich zu ihm.
      „Ich lese es nur, weil ich muss“, erwiderte Daniel.
      „Warts ab, irgendwann wirst auch du den frohlockenden Künsten der Literatur erliegen.“ Ich versuchte zu kontern, so gut es ging.
      „Nichts für ungut, aber das hört sich total idiotisch an.“
      Ich seufzte. „Alles klar. Schönen Tag noch!“
      Er winkte scheu und verließ die Bibliothek. Ich hoffte, an diesem Nachmittag eine große Menge an Arbeit erledigen zu können. Insgeheim spielte ich natürlich mit dem Gedanken, Heaven einen Besuch abzustatten. Natürlich war es auch möglich, dass die Tür noch immer zugesperrt oder dass er nicht mehr da war, aber irgendetwas sagte mir, dass es ein Wiedersehen geben würde.
      Statt Kakao trank ich kaltes Leitungswasser. Ich schaute durch die fein gewebten weißen Vo rhänge hindurch und sah, dass es langsam zu schneien begann. Ich hätte gerne ein wenig Musik gehört, musste mich aber mit der Stille zufrieden geben, weil die Stereoanlage schon seit einer Woche kaputt war. Siegfried Oberbauer, der Geographieprofessor, hatte mir schon mehrmals versichert, er werde das verdammte Ding reparieren. So seine genaue Wortwahl. Ich aß ein Stück Biskuitkuchen, einen von der Sorte, die es im Supermarkt zu kaufen gibt.
      Fred wuselte durch den Haupteingang und winkte. Endlich war ich alleine. Ich schaute zum Parkplatz und sah keinen einzigen Wagen mehr. Ich spürte, wie sich mein Puls beschleunigte. Ich war aufgeregt wie ein kleines Kind, das sich aufs Christkind freut.
      Als ich diesmal die Türschnalle betätigte, war das Schloss nicht mehr abgesperrt. Ich ging ins Innere und wurde von heißem Dampf und schummrigem Licht begrüßt. Ich hatte das Bedürfnis, mich auszuziehen, ging aber voll bekleidet weiter.
      Was war das Geheimnis dieses Ortes?
      Im hintersten Winkel sah ich Heaven, wie er gerade ins heiße Wasser des Whirlpools stieg. Hatte er gestern noch einen Schutz um seine Lenden, so war er heute nackt wie Gott

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