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Der Tristan-Betrug

Titel: Der Tristan-Betrug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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nachweisen    »Kaum zu glauben, nicht wahr? Und trotzdem hat er mir oft genug flüsternd erklärt, wie sehr er Stalin hasst. Also muss ich's glauben.«
    »Aber er hat dir nie erzählt, er sei an irgendeiner Verschwörung beteiligt gewesen, stimmt's?«
    »Das täte er nie! Du weißt, dass mein Vater alle täte, um mich zu beschützen. Ein einziges Wort über seine Schuld, und er würde kurzerhand an die Wand gestellt. Bei Stalin gibt's kein >im Zweifel für den Angeklagten««
    »Wie kannst du dir deiner Sache dann so sicher sein?«
    Sie löste sich abrupt aus seiner Umarmung, stand auf, ging zu dem Braunen hinüber und tätschelte geistesabwesend seine Flanke. Sie schreckte offenbar vor etwas zurück, das für sie sehr schmerzlich war. Ohne Metcalfe anzusehen, begann sie nach einigen Minuten wieder zu sprechen.
    »Vor einigen Monaten war ich zu einer Abendgesellschaft in der deutschen Botschaft eingeladen. Zu diesen festlichen Veranstaltungen, wie sie die Deutschen lieben, laden sie immer die Crème de la Crème der Moskauer Gesellschaft ein - auch berühmte Schauspieler und Sänger und Tänzer. Offen gesagt gehe ich auf solche Feste, um mich mal wieder satt zu essen. Ehrlich! Ich schäme mich, das zu gestehen, aber es ist wahr.
    An jenem Abend hat ein deutscher Diplomat das Gespräch mit mir gesucht und mich gefragt, ob ich die Tochter des berühmten Generals Michail Baranow sei.«
    »Rudolf von Schüssler.«
    Lana nickte. »Wieso interessierte ihn das, habe ich mich gefragt. Mein Vater arbeitet jetzt im Verteidigungskommissariat, und obwohl er nur einen langweiligen kleinen Schreibtischposten hat, muss ich in der Wahl meiner Gesprächspartner immer vorsichtig sein. Spione gibt's überall, wir werden ständig gewarnt. Er schien alles über Vaters militärische Laufbahn zu wissen - weit mehr, als ich selbst wusste. Und er sagte, er würde mich gern unter vier Augen sprechen, weil er mir etwas mitzuteilen habe, das mich sehr interessieren würde. Damit hat er es geschafft, mich neugierig zu machen. Also nahmen wir unsere Cocktails in eine Ecke des Raums mit, wo wir uns ungestört unterhalten konnten.
    Von Schüssler war offensichtlich ein kultivierter Mann, ganz anders als viele der ungehobelten Nazis, die ich schon kannte. Trotzdem machte er keinen sonderlichen Eindruck auf mich - er wirkte arrogant und egozentrisch, und sein Charme wirkte gekünstelt. Aber er sprach sehr lässig und beiläufig, und ich hörte aufmerksam zu. Er erzählte mir, ein alter Freund, der zur SS gegangen sei, habe ihm ein höchst interessantes, streng geheimes Dossier über bestimmte hohe sowjetische Offiziere gezeigt. Einige dieser Dokumente besitze Stalin schon, andere seien ihm noch unbekannt.«
    »Jesus, Lana, dorogaya. Welche Angst du ausgestanden haben musst!«
    »Er muss die Angst auf meinem Gesicht gesehen haben. Ich konnte nichts dagegen tun - ich erröte leicht; ich kann meine Gefühle nicht gut verbergen. Ich habe nichts gesagt und so getan, als wüsste ich gar nicht, was er meinte, aber er konnte mein Entsetzen spüren. Boshe moi, Stiwa! Er hat gesagt, das Dossier enthalte weitere Briefe mit Namen, von denen Stalin bisher nichts wisse. Die SS sammle emsig Belastungsmaterial, um es bei Bedarf als Trumpfkarte einsetzen zu können.«
    »Das Schwein hat dir gedroht!«
    »Aber nicht so vulgär, Stiwa. Nicht so offenkundig. Alles sehr subtil und mit Unterstatement. Von Schüssler hat mir versichert, er sehe keinen Grund, weshalb der NKWD dieses Belastungsmaterial erhalten solle. Was vergangen sei, sei vergangen, hat er hinzugefügt. Aber ob ich das nicht höchst interessant fände, bemerkte er ganz beiläufig.«
    »Auch wenn das sehr subtil ausgedrückt war, hat er dich eindeutig erpresst.«
    »Ah, aber er wollte nur mit mir zum Abendessen ausgehen, weißt du. Er hat gesagt, er fände mich sehr interessant und würde mich gern besser kennen lernen.«
    » Dieser Schweinehund.« Natürlich! Damit war plötzlich alles glasklar. Metcalfe verstand, was passiert war, und fühlte sich angeekelt.
    »Selbstverständlich bin ich mit ihm zum Abendessen ausgegangen. Und am nächsten Abend gleich wieder.«
    »Du hattest keine andere Wahl«, sagte Metcalfe leise. »Du konntest ihn nicht abweisen.«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Ich würde alles tun, um meinen Vater zu schützen. Genau wie mein Vater alles täte, um mich zu schützen. Und wenn ich dazu die Nächte mit

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