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Der Tristan-Betrug

Titel: Der Tristan-Betrug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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du? Moskau hat sich seit unserer ersten Begegnung sehr verändert. Du kannst dir nicht vorstellen, welche Säuberungen wir in den letzten Jahren durchgemacht haben. Das waren Albträume, die niemand glauben würde! Niemand, der nicht als Russe hier gelebt hat - und selbst wir haben sie kaum glauben können.«
    »Und sie sind noch nicht vorüber, stimmt's?«
    »Das weiß niemand. Der Terror ist seit zwei Jahren etwas abgeklungen, aber niemand weiß, ob wir schon aufatmen dürfen. Die Ungewissheit war das Schlimmste. Nicht zu wissen, ob ein Klopfen an der Tür bedeutete, dass der NKWD kam, um einen abzuholen. Nicht zu wissen, ob einen eine schreckliche Nachricht erwartete, wenn das Telefon klingelte. Menschen verschwanden einfach spurlos, und ihre Angehörigen waren zu ängstlich, um auch nur Nachforschungen anzustellen. Wurde jemand abgeholt, ins Lager geschickt oder hingerichtet . dann wurden seine Angehörigen gemieden. Man hatte Angst, als litten die Familien der Opfer unter einer ansteckenden Krankheit, die man sich von ihnen holen könnte! Eine Verhaftung in der Familie war wie Typhus, wie Lepra - man musste sich von solchen Leuten fern halten!
    Und zudem wurden wir ständig vor Ausländern gewarnt, weil angeblich alle Kapitalisten Spione waren. Ich habe dir von einer Tänzerin aus meinem Freundeskreis erzählt, die sich mit einem Ausländer angefreundet hatte. Weißt du, was diese schöne und begabte junge Frau jetzt tut? Sie vegetiert in einem Lager bei Tomsk dahin und muss jeden Tag mit einer Brechstange die an der Latrine festgefrorenen Exkremente ihrer Mithäftlinge losschlagen.«
    »Unschuld garantiert keinen Freispruch.«
    »Weißt du, was sie sagen, die Verantwortlichen, wenn man jemanden dazu bringen kann, mit einem zu reden? Sie sagen, dass es natürlich unschuldige Opfer gibt, aber was macht das schon? Wo gehobelt wird, da fallen Späne.«
    Metcalfe schloss die Augen und schlang einen Arm um sie.
    »Einer unserer Nachbarn - ein Mann mit einer schwangeren Frau - wurde verhaftet; kein Mensch weiß, warum. Er wurde ins Butryrki-Gefängnis gebracht, wo man ihm Verbrechen gegen den Staat vorwarf und verlangte, er solle ein falsches Geständnis unterschreiben. Aber er hat sich geweigert. Er hat seine Unschuld beteuert. Also wurde seine Frau, seine schwangere Frau, in den Vernehmungsraum gebracht. Zwei Männer hielten ihn fest, während zwei andere sie zu Boden warfen und auf sie einschlugen und sie traten, und sie kreischte und kreischte, und er brüllte, sie sollten aufhören, aber das haben sie nicht getan.« Lana schluckte. Tränen liefen ihr übers Gesicht, tropften aufs Kopfkissen. »Und dann kam ihr Kind auf die Welt, gleich dort auf dem Fußboden. Leblos. Eine Totgeburt.«
    »Jesus, Lana«, murmelte Metcalfe. »Bitte.«
    »Also, mein Stiwa, falls du dich fragst, weshalb ich mich verändert habe, weshalb ich traurig bin, musst du das wissen. Während du die Welt bereist und dich mit Frauen amüsiert hast, war dies die Welt, in der ich gelebt habe. Deshalb muss ich so vorsichtig sein.«
    »Ich kümmere mich um dich«, sagte Metcalfe. »Ich helfe dir.« Und sich selbst, fragte er: Wie kannst du ihr das nur antun?

Kapitel Einundzwanzig
    »Ah, mein Engel«, gurrte Rudolf von Schüssler, »du hörst mir wohl nicht richtig zu.«
    Wie es seine Gewohnheit war, schwatzte er wieder mal endlos über die kleinen Irritationen im Büro: die Kollegen, die seine brillanten Ideen nicht zu würdigen wussten; die Sekretärin, die gewohnheitsmäßig zu spät zum Dienst kam und dafür die Metro verantwortlich machte, obwohl sie nur zwei Straßen von der Botschaft entfernt wohnte. Das alles ergab eine sterbenslangweilige Litanei von Beschwerden, die alle ein gemeinsames Thema hatten: Keiner dieser Kleingeister wusste von Schüsslers Größe zu würdigen. Dabei gab er niemals irgendwelche Geheimnisse preis. Er war entweder gerissener, als Lana ihm zutraute, oder dachte wirklich an nichts, was nicht mit der eigenen Größe zusammenhing.
    »Ich bin wohl ein wenig abgelenkt«, gab Lana zu. Die beiden lagen auf von Schüsslers gewaltigem Himmelbett, das er aus Berlin hatte kommen lassen. Von Schüssler schlürfte Cognac und knabberte Marzipan, während er schwatzte. Er trug einen seidenen Schlafrock und hatte (wie leider schon mehrmals zu sehen gewesen war) nichts darunter an. Sein Körpergeruch - der Deutsche achtete nicht sehr auf persönliche Hygiene - war abstoßend. Ihre Magennerven schienen sich wie immer in von

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