Der Tristan-Betrug
alarmiert worden sein. Kam er heraus, um den Grund für ihre Unruhe zu suchen, würde Metcalfe möglichst ungesehen durch den Wald flüchten müssen. Aber er wartete ab, was der Chauffeur tun würde.
Der Mann zog eine kleine silberne Pfeife aus der Brusttasche seiner Livree. Ein kurzer Pfiff. Das Knurren der Wachhunde verstummte augenblicklich. Metcalfe atmete erleichtert auf. Der Chauffeur musste angenommen haben, irgendein Tier habe die Hunde aufgeregt.
Kurze Zeit später war Metcalfe auf der Rückfahrt nach Berlin, wo er zur Staatsoper Unter den Linden fuhr und hinter dem Gebäude parkte. Er brauchte nicht lange zu warten, bis von Schüsslers Daimler - cremeweiß mit schwarzen Kotflügeln, unverkennbar der senkrechte Kühlergrill, das Innere mit beigem Leder und Walnussholz luxuriös ausgestattet - am Bühneneingang vorfuhr. Nach einigen Minuten stieg der livrierte Chauffeur, den Metcalfe auf dem Schlosshof gesehen hatte, als er die Wachhunde mit einem Pfiff zum Schweigen gebracht hatte, aus der Limousine. Er zündete sich eine Zigarette an, blieb, an die Mauer neben dem Bühneneingang gelehnt, stehen, rauchte in aller Ruhe und wartete auf seinen Herrn und dessen Freundin.
Kundrow, der es sich zur Aufgabe machte, immer zu wissen, wo Lana sich gerade aufhielt, hatte Metcalfe erzählt, dass der Chauffeur Lanas und von Schüsslers Gepäck schon vorher ins Schloss gebracht hatte. Kundrow berichtete auch, von Schüssler stehe jetzt mit einem großen Strauß Mohnblumen im Arm auf dem Flur vor den Garderoben. Als Metcalfe das hörte, genierte er sich wegen seiner aufflammenden Eifersucht. Sie war natürlich unbegründet; Lana verabscheute diesen Mann. Aber trotzdem .
Er sah auf seine Uhr. Die Vorstellung musste seit kurzem beendet sein. Lana würde das Haus durch den Bühnenausgang verlassen - bestimmt mit Rudolf von Schüssler - und in den Daimler steigen. Für Metcalfe stand fest, dass er sie irgendwie auf sich aufmerksam machen, sich ihr zeigen musste, ohne dass auch von Schüssler ihn sah. Er musste ihr eine Mitteilung zustecken, irgendwie einen Treff mit ihr vereinbaren. Er hatte überlegt, ob er dem Chauffeur eine Mitteilung zur Weitergabe an Lana anvertrauen sollte - aber der Mann stand in von Schüsslers Diensten, war seinem Herrn vermutlich treu ergeben und hätte eine Mitteilung eher seinem Chef ausgehändigt. Nein, wenn er sichergehen wollte, dass seine Mitteilung Lana wirklich erreichte, würde er sie ihr selbst zustecken müssen, wenn sie die Staatsoper verließ.
Es sei denn ... vielleicht gab es noch andere Mittel. Ein Botenjunge konnte herbeigerannt kommen und ihr einen Blumenstrauß übergeben, in dem die Mitteilung versteckt war. Ja, das konnte funktionieren. Metcalfe sah sich um und stellte fest, dass der Chauffeur zum Bühneneingang unterwegs war. Weshalb? Um von Schüssler dort zu erwarten? Metcalfe hatte noch niemanden ins Freie kommen gesehen; hatte der Livrierte mehr gesehen als er? Dann sah er, wie der Chauffeur mit dem Wachmann am Bühneneingang sprach, und bekam einen Halbsatz mit:
»... auf die Toilette.«
Metcalfe sah zu dem unbewachten Daimler hinüber und traf blitzschnell eine Entscheidung.
Die Idee mochte verrückt sein - aber wenn sie funktionierte, war damit das Problem eines Treffs mit Lana gelöst.
Er hastete zum Heck der Limousine, betätigte die Kofferraumentrieglung und hob den Deckel. Der geräumige Kofferraum war leer, mit Teppichware ausgelegt und makellos sauber. Er enthielt kein Gepäck, weil Lanas und von Schüsslers Gepäck bereits im Schloss war. Der einzige Gegenstand war eine zusammengelegte Wolldecke.
Metcalfe sah sich um; niemand in Sicht.
Wollte er diese Sache durchziehen, würde er rasch handeln müssen . und sofort!
Er kletterte in den Kofferraum und zog den Deckel von innen zu. Das Schloss schnappte ein, und er blieb in völliger Dunkelheit zurück. Er streckte sich in der Kammer aus Stahl aus, ertastete die Wolldecke und zog sie über sich.
Wenn alles klappte - wenn der Kofferraum nicht geöffnet wurde, wofür es allerdings keinen Grund gab -, dann würden sie Schloss Sunderburg erreichen, wo von Schüssler, Lana und der Chauffeur aussteigen würden. Stand dann einige Minuten später fest, dass niemand mehr in der Nähe war, würde Metcalfe den Kofferraum von innen öffnen und hinausklettern. Das war ein kühnes, riskantes Unternehmen, aber eindeutig die beste Methode, zu Lana zu gelangen.
Wenn alles so klappte. Wenn der Kofferraum nicht geöffnet
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