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Der Tristan-Betrug

Titel: Der Tristan-Betrug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Märtyrer, klagte über sein schweres Los, aber das war alles nur Schabernack. In Wirklichkeit war Roger der loyalste Freund, den man finden konnte, und er liebte seine Arbeit. Sogar Poker spielte er auf diese Weise: Er jammerte über schlechte Karten, und warf dann einen Royal Flush auf den Tisch.
    Geboren und aufgewachsen war Roger als Sohn einer französischen Mutter und eines irischen Vaters in Cognac, wo seine Vorfahren seit dem 18. Jahrhundert Cognacbrenner waren. Er besaß beide Staatsbürgerschaften, sprach Französisch wie ein Einheimischer, fühlte sich aber als Engländer. Er hatte vom Fliegen geträumt, seit er im Departement Nord-Pas-de-Calais erstmals einen Doppeldecker in der Luft gesehen hatte. Da ihn die Cognacbrennerei kaum interessierte, war er Verkehrsflieger bei der Air France geworden, hatte dann bei der französischen Luftwaffe in Syrien gedient, war dort nach dem Einmarsch der Deutschen in Frankreich zur Freiwilligenreserve der Royal Air Force gegangen und hatte nach einer Zusatzausbildung angefangen, Sondereinsätze in einer der »Mondscheinstaffeln« der RAF zu fliegen. Vom Flugplatz Tangmere an der englischen Südküste aus flog er mit einer »Lizzie«, einer winzigen einmotorigen Westland Lysander, Einsätze während der Räumung Dünkirchens und zur Versorgung der Truppen, die das umkämpfte Calais verteidigten.
    Lysander gingen massenhaft verloren, nicht jedoch Scoops Maschine. Er sammelte Tausende von Flugstunden und setzte bei gefährlichen Nachteinsätzen in Europa britische Agenten ab oder holte sie heraus. Niemand verstand es besser als Roger Martin, vor der Nase des Feindes auf holperigen, schlammigen französischen Feldern mit einer Taschenlampe als einziger Beleuchtung zu landen oder zu starten.
    Trotzdem blieb Scoop charakteristisch bescheiden, wenn die Rede auf seine berühmten Fähigkeiten kam.
    »Jeder Volltrottel kann Joes über Frankreich absetzen«, hatte er Metcalfe einmal anvertraut. »Aber sie dort rauszuholen, das ist mitunter ein bisschen haarig.« Roger wurde dafür bekannt, dass er das Unmögliche schaffte, indem er von schwierigstem Gelände startete. Sein Geschwaderkommodore hatte ihm den Spitznamen »Scoop« gegeben, der ihm dann blieb.
    »Ich weiß nicht, wie zum Teufel du das schaffen willst«, ächzte Roger, als sie aus dem Renault stiegen. Die Türen trugen das Rote Kreuz und das Wappen der Hilfsorganisation Le Foyer du Soldat.
    »Du brauchst bloß die Klappe zu halten«, sagte Metcalfe. »Das kannst du, mon vieux.«
    Scoop grunzte.
    »Du bist mein Pilot. Den Rest übernehme ich.«
    Sie näherten sich dem nächsten Kontrollpunkt, einem in strammer Haltung am Tor stehenden Feldjäger. Er grüßte, als er Metcalfe sah, nickte, als Metcalfe kurz den Dienstausweis vorzeigte, und öffnete ihnen das Tor.
    »Zu welchem Hangar wollen wir überhaupt?«, fragte Metcalfe halblaut.
    »Weiß der Teufel«, antwortete Scoop. »Wir haben das Kennzeichen der spanischen Maschine und die planmäßige Abflugzeit, aber das ist schon alles.« Er verstummte, als sie sich einem weiteren Kontrollpunkt näherten. Diesmal grüßte Metcalfe nur zackig, und der Posten erwiderte seinen Gruß.
    Nachdem sie den Kontrollpunkt passiert hatten und im Gras neben einem betonierten Rollweg weitergingen, fuhr Scoop fort: »Ich schlage vor, dass wir im ersten Hangar fragen. Dann bin ich in Gottes Namen eben ein Pilot, der schlecht informiert zum Dienst kommt.«
    Er verstummte wieder, als sie an einer Gruppe deutscher Offiziere vorbeikamen, die rauchten und unbekümmert lachten. Sie bewunderten gewagte französische Aktpostkarten, die ein rundgesichtiger SS-Offizier in seinen pummeligen Händen auffächerte. Metcalfe erstarrte, als er in dem Offizier einen seiner vielen deutschen Schwarzmarktkunden erkannte: den dicklichen SS-Gruppenführer Johannes Koller.
    Metcalfe drehte rasch das Gesicht zur Seite und tat so, als wäre er in ein halblautes Gespräch mit Scoop vertieft. Er war sich darüber im Klaren, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis er jemandem begegnete, der ihn kannte - aber nicht jetzt, nicht hier!
    Scoop fiel Metcalfes sorgenvolle Miene auf. Er zog die Augenbrauen hoch, aber er blieb stumm.
    Vermutlich hatte der Gruppenführer, der damit beschäftigt war, seine Aktpostkarten vorzuzeigen, Metcalfe gar nicht bemerkt. Selbst wenn er sein Gesicht gesehen hatte, würde die Gestapo-Uniform ihn so verwirren, dass er aus Unsicherheit den Mund halten würde.
    Schließlich erreichten sie den

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