Der Tristan-Betrug
letzten Kontrollpunkt, der aus einem mit zwei Feldjägern bemannten Posten am Rand des Rollfelds bestand. Hatten Metcalfe und Scoop ihn erst einmal passiert, brauchten sie nur noch den richtigen Hangar zu finden. Metcalfe hielt unwillkürlich den Atem an. Kamen die Feldjäger auf die Idee, seinen erbeuteten Dienstausweis wirklich zu kontrollieren, war alles aus. Das Foto des Gestapomannes zeigte keinerlei Ähnlichkeit mit seinem Gesicht.
Aber der Feldwebel, der hier offenbar das Kommando führte, grüßte lediglich und winkte die beiden durch. Metcalfe atmete geräuschvoll aus, aber dann nahm er aus dem Augenwinkel heraus eine Bewegung wahr. Das war Koller, der mit den anderen Offizieren im Schlepptau rasch auf ihn zukam.
Metcalfe ging ebenfalls schneller. »Los!«, flüsterte er Scoop zu.
»Was?«
»Lauf voraus! Du bist ein Pilot, der sich verspätet hat. Ich kann nicht rennen - das würde verdächtig aussehen.«
»Du spinnst!«
»Nein, lauf schon. Ich komme nach.«
Scoop zuckte mit den Schultern, schüttelte verständnislos den Kopf und verfiel in den leichten Tab eines Mannes, der sich verspätet hat. Metcalfe dagegen behielt sein gleichmäßiges, zielstrebiges Tempo bei.
»Hallo! Hallo!«
Metcalfe drehte sich um, sah den Feldwebel, der ihn eben durchgewinkt hatte. Neben ihm stand Koller und deutete auf Metcalfe.
Metcalfe zuckte perplex mit den Schultern und blieb, wo er war. Er hielt den Kopf gesenkt, während er etwas aus einer Tasche zu angeln vorgab. Muss mein Gesicht möglichst verbergen! Metcalfe warf einen Blick über die Schulter, sah Scoop in einem Hangar verschwinden und überlegte, ob er ebenfalls losrennen sollte. Aber das wäre zwecklos gewesen; Scoop und er wären trotzdem geschnappt worden. Außerdem war es dazu zu spät: Koller und der Feldwebel kamen auf ihn zu. »Ich kenne diesen Mann!«, rief der Gruppenführer. »Er ist ein Betrüger!«
»Augenblick bitte, Herr Sturmbannführer«, sagte der Feldwebel. »Darf ich Ihren Ausweis sehen?«
»Soll das ein Witz sein?«, fragte Metcalfe in lautem Befehlston. »Machen Sie keinen Unsinn! Ich habe Wichtigeres zu tun.«
Die beiden Männer erreichten ihn. »Ja, das ist Eigen! Daniel Eigen! Ich hab' ihn sofort erkannt.«
»Ihren Ausweis, Herr Sturmbannführer«, wiederholte der Feldwebel.
»Was zum Teufel erlauben Sie sich, Eigen?«, fragte Koller und starrte ihn aufgebracht an. »Ihr kriminelles Verhalten wird Sie ...«
»Maul halten, Idiot!«, brüllte Metcalfe. Er stürzte sich auf Koller, griff in die linke Brusttasche des Gruppenführers, zog die Aktpostkarten heraus und warf sie hoch in die Luft. Dann brachte er sein Gesicht dicht an das des Deutschen heran und schnüffelte laut. »Sehen Sie sich an, womit dieser degenerierte Kerl sich die Zeit vertreibt!«, forderte er den Feldwebel auf. »Und riechen Sie seine Fahne - er ist betrunken!«
Koller lief dunkelrot an. »Wie können Sie es wagen ... «
»Ich weiß nicht, ob das ein Jux sein soll oder ob es einfach nur Sabotage ist, aber sehen Sie sich diesen Mann an! Ein degenerierter Trunkenbold, der meine fürs Reich wichtige Arbeit behindern will.« Er zeigte anklagend auf Koller, »Sie, wer immer Sie sein mögen und welche degenerierten Absichten Sie verfolgen, haben kein Recht, Sicherheitsangelegenheiten von höchster Dringlichkeit zu behindern! Wie der Führer sagt, gehört die Zukunft den Wachsamen.« Er schüttelte angewidert den Kopf. »Gott im Himmel! Sie blamieren uns alle.«
Mit diesen Worten machte Metcalfe auf dem Absatz kehrt und marschierte davon - auf die Flugzeughalle zu, in der Scoop gerade verschwunden war. Aber er horchte weiter scharf auf rufende Stimmen, rennende Schritte oder andere Anzeichen dafür, dass seine List fehlgeschlagen war. Er konnte hören, wie Johannes Koller sich weiter mit dem Posten stritt, bis seine Stimme vor Zorn überzuschnappen drohte. Metcalfes Gegenangriff hatte gewirkt, aber damit hatte er vermutlich nur ein bis zwei Minuten Zeit gewonnen.
Das war besser als nichts. Ein paar Sekunden konnten den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg bedeuten.
Metcalfe rannte weiter, so schnell er konnte. Der große Hangar vor ihm bestand aus gewaltigen halbrunden Stahlbetonbogen und hatte früher Luftschiffe beherbergt. Jetzt stand darin nur die Junkers Ju-52/3m, die in diesem Augenblick mit dem spanischen Außenminister an Bord hätte starten sollen.
Aber el ministro war bedauerlicherweise aufgehalten worden, und seinen Piloten - ein
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