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Der Trotzkopf

Der Trotzkopf

Titel: Der Trotzkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emmy von Rhoden
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antwortete die Verschlafene, »aber ich bin noch so müde.« 
    »Thut nix, du darfst nicht mehr schlafrig sein.« 
    Aber Ilse zögerte noch. Nellie stand schon fertig da, ja hatte schon alles, was sie zur Nacht- und Morgentoilette nötig hatte, beiseite geräumt, als sie sich langsam erhob. 
    »O Ilse, eile dir, du hast nur zehn Minuten Zeit! Schnell, schnell, ich will dich helfen! Wo sind dein Kamm?« 
    Ilse zeigte auf ein Papier, das im Fenster lag. »Dort liegen sie eingewickelt,« gab sie zur Antwort. 
    »Das ist nicht nett, das gefällt mir nicht,« meinte Nellie und rümpfte das Näschen. »Du mußt dich ein Taschen nähen, von grauer Stoff und rote Band, sieh, wie dies da,« und sie zeigte ihre Kammtasche, »siehst du, so ist’s fein.« 
    Ilse machte nicht viel Umstände mit ihrem Haar. Sie kämmte und bürstete es, damit war alles abgemacht, die natürlichen Locken ringelten sich von selbst ohne weitere Bemühung. Ein hellblaues Band schlang ihr Nellie durch dieselben und band es mit einer Schleife seitwärts zu. 
    »Nun noch die Schürze,« sagte sie, als Ilse soweit fertig war, »sie darf nicht fehlen.« Sie lachte, als Ilse sich dagegen sträubte. 
    »Du bist ein klein, albern Ding,« schalt sie und band ihr die Schürze vor, trotz Ilses heftigem Widerstande. »Gleich hältst du still! Ohn’ ein Schürzen giebt es kein Kaffee.« 
    Die lustige Nellie setzte es wirklich durch, daß Ilse sich ihrem Willen fügte. 
    »So,« sagte sie, »nun bist du schön! Die blau gestickter Schürze ist sehr nett und du bekommst einer süßer Kuß.« 
    An langen Tafeln saßen die Mädchen bereits, Nellie und Ilse waren die letzten. Fräulein Raimar war des Morgens niemals zugegen, nur Fräulein Güssow führte die Aufsicht. Ilse mußte sich zu ihr setzen. Als ihr der Kaffee gereicht wurde, nahm sie die Tasse ganz manierlich beim Henkel in die Hand, aß auch wie es sich gehört nicht mit großen Bissen, wie am Abend zuvor; aber sie hatte eine andre Unart, die ebenfalls zu tadeln war, sie schlürfte den Kaffee so laut, daß sie allgemeine Heiterkeit erregte. 
    Ilse hatte keine Ahnung, daß ihr das Gelächter galt, Orla machte sie damit bekannt. 
    »Du führst ja ein wahres Konzert auf,« sagte sie. »Machst du das immer so? Schön hört sich diese Tafelmusik nicht an, das kann ich dich versichern.« 
    Ilse fühlte sich schwer beleidigt über diese Zurechtweisung. Hastig setzte sie die Tasse nieder, erhob sich und eilte hinaus. 
    »Du durftest sie nicht vor all’ den übrigen so beschämen, Orla,« tadelte Fräulein Güssow, indem sie ebenfalls aufstand, um Ilse zu folgen, »das kränkt sehr.« 
    Ilse war gerade im Begriff in den Garten zu gehen, als die junge Lehrerin sie zurückrief. 
    »Wo willst du hin, Ilse?« fragte sie. »Was fällt dir ein, mein Kind, daß du nach deinem Gefallen davonläufst? Es ist nicht Sitte bei uns, daß jemand eine Mahlzeit verläßt, bevor dieselbe beendet ist. Komm gleich zurück und verzehre dein Frühstück.« 
    »Ich mag nicht mehr frühstücken,« entgegnete Ilse, »und ich gehe nicht wieder hinein! Sie haben mich alle ausgelacht und Orla war ungezogen gegen mich. Es geht niemand etwas an, wie ich esse und trinke, ich mache es, wie ich will! Vorschriften lasse ich mir nicht machen, nein!« 
    »Ehe ich weiter mit dir spreche, bitte ich dich erst ruhig und vernünftig zu sein, liebe Ilse. Ich kann nicht dulden, daß du in einem so unartigen Tone zu mir sprichst.« 
    Sehr ernst und nachdrücklich hatte Fräulein Güssow gesprochen, aber es klang doch ein Ton der Liebe hindurch. Ihr schönes, weiches Organ verfehlte selten den Weg zum Herzen, das lernte auch Ilse in diesem Augenblicke kennen. Sie blickte zu Boden, und etwas wie Beschämung stieg in ihr auf. 
    Die Lehrerin las in Ilses beweglichen Zügen und wußte, was in ihr vorging. 
    »Gieb mir deine Hand, du kleiner Brausekopf!« sagte sie freundlich, »und versprich mir, nicht wieder so stürmisch zu sein und deiner augenblicklichen Laune zu folgen, selbst wenn du glaubst, im Rechte zu sein. Heute warst du es nicht einmal, du trankest wirklich etwas unappetitlich. Orla hat es gut gemeint, daß sie dich darauf aufmerksam machte, du darfst ihr darum nicht böse sein. So eine kleine wohlverdiente Lehre muß sich jede von euch gelegentlich gefallen lassen. Es ist doch besser, jetzt als Kind zurechtgewiesen zu werden, als wenn deine Fehler und Angewohnheiten späterhin zum Spott der Gesellschaft würden.« 
    Daheim

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